Mit heutigem Moralverständnis wird über Vorgänge vor über 100 Jahren geurteilt. Das widerspricht allen Grundsätzen sauberer historischer Arbeit. Die Wahrheit über den deutschen Kolonialismus lesen Sie in unserer neuen Geschichtsausgabe „Deutsche Kolonien – Viel besser als ihr Ruf“. Das opulent illustrierte Werk können Sie hier bestellen.

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    _ von Dr. Gert Sudholt

    Wenige Wochen nach dem umstrittenen Befehl des Generalleutnants von Trotha, der in Berlin für erhebliche Verwirrung sorgte und zu einer ziemlich verfahrenen Situation führte, trat der Chef des Generalstabs an Reichskanzler von Bülow heran mit der Bitte, von Trothas zu zurückzunehmen und durch eine weitere zu ersetzen, wozu der Kaiser schließlich seine Zustimmung gab.

    Mit Datum vom 12. Dezember 1904 wurde darin verfügt:

    „Der deutsche Kaiser begnadigt alle Herero, die sich ergeben, mit Ausnahme der führenden Köpfe des Aufstandes und derjenigen, die sich gegen Weiße etwas haben zuschulden kommen lassen.“

    Den ersten Anstoß dazu soll zum einen die Rheinische Mission gegeben haben, zum anderen hatte die öffentliche Meinung im Reich Druck ausgeübt – und schließlich hatte der vormalige Gouverneur Leutwein sich für eine akzeptable Behandlung der Herero eingesetzt.

    Verlustreiche Operation

    Erste Erfolge zeitigte diese Amnestie als sich am 23. Dezember 1904 etwa 500 Angehörige der bei Otjimbingwe beheimateten Herero gegenüber Major von Estorff, der sich ihnen persönlich verbürgt hatte, dass sie ihr Leben nicht verlieren würden, ergaben. Insgesamt konnten in den folgenden Monaten circa 20.000 Herero registriert und ihre Lebensgrundlagen sichergestellt werden.

    Vergessen wird in der Debatte für gewöhnlich, dass während des Herero- und des Nama-Aufstandes 1904/1905 insgesamt 15.000 deutsche Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften eingesetzt werden mussten. Davon sind 676 Soldaten im Gefecht gefallen, 689 wurden Opfer von Krankheiten wie Typhus, weitere 76 gelten als vermisst. Auch sie müssen zu den Gefallenen addiert werden.

    Die Gesamtzahl der bei den Aufständen gefallenen deutschen Soldaten betrug also 1.518, die der Verwundeten 907. Die Offiziersverluste beliefen sich auf über 10 Prozent. Die Gesamtkosten schlugen mit knapp 600 Millionen Goldmark zu Buche.

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    Und vergessen wir nicht, dass die unerfreuliche Trotha- Proklamation – sollte sie denn authentisch sein – keineswegs ein historischer Sonderfall war. Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Kriege von allen Kolonialmächten in eindeutiger Denkweise geführt. Weder französische noch britische noch belgische oder amerikanische Kommandeure benahmen sich damals anders als der deutsche General von Trotha.

    Die Niederkämpfung des Mashona-Aufstandes in Rhodesien, des Mahdisten-Aufstandes in Ägypten  1899 oder die Niederwerfung der Buren durch Lord Kitchener, der zugleich der geistige Vater der Konzentrationslager im benachbarten Südafrika war, fanden mit Praktiken statt, die Trothas Wortradikalismus entsprachen.

    Schluss mit dem Moralisieren

    Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Gedanken in die Debatte werfen. Die Epoche des Imperialismus gehört der Vergangenheit hat. Sie hatte vor mehr als einem Jahrhundert ihren Höhepunkt. Aus den ehemaligen Angehörigen der Kolonien wurden nicht selten nach dem Zweiten Weltkrieg sogenannte Freiheitskämpfer.

    Unsere Herzen schlugen in den 1960er Jahren für die Südtiroler Freiheitskämpfer, viele konnten sich für den Freiheitskampf der unterdrückten Völker in der Sowjetunion erwärmen und haben nicht selten Sympathien für Kurden oder Tschetschenen. Was für die einen Terroristen sind, sind für die anderen Lichtgestalten eines langen Marsches für die Freiheit der Völker.

    Aus heutigem Blickwinkel mögen die aufständischen Herero aus dem Jahr 1904 manchen auch als Freiheitskämpfer erscheinen, und es gibt vielleicht den einen oder anderen, der mit diesen Ideen gegen Kolonialismus und Imperialismus sympathisiert. Dennoch muss auch gesagt werden, dass wir die Ereignisse vor einem Jahrhundert nicht mit der Elle der Gegenwart messen dürfen.

    Auch ein Zeugnis des deutschen Erbes in Namibia, unserer ehemaligen Kolonie Südwestafrika: Die lutheranische Christuskirche in Windhuk (Windhoek). Foto: Felix Lipov | Shutterstock.com

    Seien wir uns klar darüber, dass die sogenannte historische Aufklärung heutzutage im Namen der Moral stattfindet. Im Namen dieser vermeintlichen Moral drischt man auf einem Kaiserreich herum, das sich im Vergleich zu den Briten oder den Belgiern wie ein kolonialer Waisenknabe ausgenommen hatte.

    Im Namen der Moral fokussierten deutsche Politiker, sekundiert von willfährigen Hofhistorikern, den einzig möglichen dunklen Punkt deutscher Kolonialgeschichte. Der historisch äußerst komplexe Herero-Aufstand wurde zum nationalen Schuldereignis höchsten Ranges hochstilisiert – mit den entsprechenden (auch finanziellen) Folgen.

    Wer freilich Geschichtsschreibung unter dem Blickwinkel der Moral betreibt, der setzt voraus, dass Menschen in der Vergangenheit immer mit dem Bewusstsein der Gegenwart gehandelt hätten. Dies haben und dies konnten sie nicht.

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    Kein Mensch käme auf die Idee, das Verhalten Julius Caesars unter dem Aspekt moderner Moralvorstellungen zu betrachten. War Karl V. nach heutigen Vorstellungen ein Gutmensch, der französische Sonnenkönig Ludwig XIV. ein vorzeigbarer Demokrat oder muss man in den Geschichtsbüchern vor ihm warnen? Wie wäre es mit einem Appell „Nie wieder Cromwell“ oder „Nie wieder Napoleon“?

    Selbstverständlich hielten dies aufgeklärte Zeitgenossen für unmöglich. Die Forderung „Nie wieder Hitler“ aber hat in unserem heutigen Bewusstsein den Rang eines Glaubensbekenntnisses eingenommen. Und damit nie wieder Hitler sei, muss man alles, was auch nur im Entferntesten den Weg dieses politischen Kometen gekreuzt hat, „moralisch“ verdammen.

    Dabei ist diese Sorge gänzlich unbegründet. Das sollte die Geschichtswissenschaft deutlich sagen. Es gibt keinen zweiten Metternich, keinen zweiten Bismarck, es gibt keinen zweiten Churchill und keinen zweiten Hitler. Geschichte wiederholt sich nicht, und aus der heutigen Angst mancher Leistungsträger, dies könne doch geschehen, resultiert die elende Vermoralisierung von Ereignissen, die sich unter dieser Prämisse nicht verstehen lassen. Moral hat in der Betrachtung der Geschichte nichts zu suchen.

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    3 Kommentare

    1. Spottdrossel am

      Die Briten haben doch gefangene indische Sepoy-Aufständische vors Kanonenrohr gebunden und die Kanonen dann abgefeuert !

    2. " Moral hat in der Betrachtung der Geschichte nichts zu suchen."

      Manchmal. Ich möchte nicht gerne in eine "Winston Churchill strasse" wohnen. A propos der este konzentrationslager (Andersonville Prison) war nicht in Südafrika aber fand statt während der bürgerkrieg in der USA.

    3. ,,Moral hat in der Geschichte nichts zu suchen."

      Doch, aber nicht die heutige Moral! Nicht die Moral, die nur einem Denken entspringt, das hauptsächlich unterhalb der Gürtellinie stattfindet!