Die Bild-Zeitung befasst sich derzeit mit dem Thema „Logen, Magier & Geheimbünde“. Offenbar setzt das Boulevardblatt auf den Thrill, den okkulte Gesellschaften und Zirkel, die im Verborgenen wirken, bei vielen Menschen auslösen. Doch schon bei dem ersten Beitrag der Serie über Freimaurer zeigte sich, dass Bild manches ungenau darstellt oder entscheidende Informationen einfach unter den Tisch fallen lässt. Das gilt ebenso für den Artikel über Rosenkreuzer, der am vergangenen Dienstag in der Zeitung erschien. Auch hier bringen wir die notwendigen Ergänzungen und Korrekturen an – auf der Basis unserer Sonderausgabe COMPACT-Spezial „Freimaurer. Die Verschwörungen eines Geheimbundes“.

    Rosenkreuz-Symbol nach Rudolf Steiner. | Bild: Gabriel.Falcon, CC0, Wikimedia Commons

    Was haben der Naturforscher Isaac Newton, der US-Gründervater Benjamin Franklin, der Philosoph Francis Bacon und der Anthroposoph und Begründer der Waldorf-Pädagogik, Rudolf Steiner, gemein? Sie alle sollen sich dem sogenannten Rosenkreuzertum verschrieben haben, einer okkulten Strömung, die sich nicht nur mit Alchemie befasst hat, sondern – wie später die Freimaurerei – auch geistige Prinzipien zur Vervollkommnung des Menschen und zur Befreiung des Individuums von all seinen Zwängen aufgestellt hat.

    Bild-Reporter Hannes Kohlmaier hat für seine Reihe über Geheimgesellschaften eine Gruppe in Berlin-Tempelhof besucht, die noch immer diesen Ideen anhängen. Angeblich soll es in Deutschland heute 7.000 Rosenkreuzer geben, die sich in verschiedenen Vereinigungen zusammengeschlossen haben. In seinem Artikel vom 18.2.2020 beschreibt Kohlmaier die Szenerie, die sich ihm dort bietet, wie folgt:

    Zu Beginn des Treffens ertönt ein schwerer Gong. Etwa 40 Männer und Frauen sitzen sich gegenüber. Jeder hat eine Kerze in der Hand. Auf dem Altar in der Mitte Gefäße mit Erde, Wasser, einer Kerzenflamme und mit Räucherstäbchen. Eine Rosenkreuzer-Schwester spricht Texte für ein Meditationsritual: ‚Oh Mutter Erde, Du bist der Schoß, der in sich das Werden und Sterben birgt.‘

    Johann Valentin Andreae (1586–1642), „Vater“ der Rosenkreuzer. | Bild: CCO, Wikimedia Commons

    Man sieht auch ein Kreuz mit einer Rose – jenes Symbol, das sich schon im Namen der Gruppe findet. Dazu erklärt Maximilian Neff, Großmeister des Alten Mystischen Ordens Rosae Crucis, dem Bild-Reporter: „Das Kreuz ist älter als das Christentum.“ Dessen Waagerechte symbolisiere die körperliche, die Senkrechte die geistige Welt. Die Rose in der Mitte stehe für die Seele, die durch die Lehren der Rosenkreuzer zur Entfaltung gebracht werde.

    Zu den Ursprüngen des Rosenkreuzertums teilt Bild seinen Lesern lediglich mit, diese lägen in der Renaissance und knüpften an Vorstellungen aus dem antiken Griechenland und Ägypten an. Daraus leite sich auch der Glaube der Rosenkreuzer an die Wiedergeburt ab.

    Das ist freilich eine sehr verkürzte Darstellung, die wichtige Aspekte zum Verständnis der Rosenkreuzer außer Acht lässt. Wer es genau wissen möchte, sollte den Beitrag „Im Namen der Rose“ in COMPACT-Spezial „Freimaurer“ lesen. Dort heißt es:

    Es gibt aber noch eine andere Erzählung, nach der ein Adliger namens Christian Rosencreutz – höchstwahrscheinlich eine fiktive Person – Ende des 14. Jahrhunderts Indien, Persien und Arabien bereist und mit dem dort erworbenen okkulten Wissen nach seiner Rückkehr einen Geheimorden gegründet haben soll. Urheber dieser Geschichte mit dem Titel Chymische Hochzeit: Christiani Rosencreutz Anno 1459 ist der Theologe und Lutheraner Johann Valentin Andreae (1586–1654), der vermutlich auch hinter zwei anonym verfassten rosenkreuzerischen Manifesten (Fama Fraternitatis und Confessio Fraternitatis) steht, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts erschienen.

    In den Schriften wird nicht nur die Autorität der katholischen Kirche infrage gestellt, es werden, esoterisch verkleidet, auch Gedanken vorweggenommen, die sich später in der Freimaurerei wiederfinden: eine grundlegende Umgestaltung der Welt auf Grundlage universeller Prinzipen und eine Befreiung des Menschen von all seinen Fesseln. In der Chymischen Hochzeit trägt der Protagonist einen weißen Rock mit einem roten Kreuz auf der Schulter – eine Reminiszenz an den historischen Templerorden.

    Illuminaten-Symbolik auf dem Ein-Dollar-Schein. | Bild: CC0, Wikimedia Commons

    Der okkulte Klimbim, den die heute vermutlich ziemlich unbedeutenden Rosenkreuzer betreiben, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Gesellschaft im 18. Jahrhundert großen Einfluss auf die politischen Geschicke in Preußen nahm. Sogar zwei Minister unter König Wilhelm II. gehörten dem Geheimbund an. Die Anhänger des Rosenkreuzertums bedienten sich dabei der auch im deutschen Raum inzwischen weit verbreiteten Freimaurerlogen.

    Doch darüber erfährt man in der Bild-Zeitung genauso wenig wie über den verborgenen Kampf, den die Rosenkreuzer damals mit einem anderen Geheimorden führte – den Illuminaten. Fernab von allen obskuren Verschwörungstheorien, die sich um die von Adam Weishaupt gegründete Geheimgesellschaft ranken, handelte es sich dabei doch um eine sehr bedeutende Gruppierung, die ihre Spuren in der Geschichte hinterlassen hat, wie nicht nur die Übernahme typischer Illuminaten-Symbolik auf dem US-Dollar zeigt.

    Über die Illuminaten kann man in Frank Lutters profundem Beitrag „Weishaupts Lichtbringer“ lesen:

    Als Adam Weishaupt, Professor für Kirchenrecht in Ingolstadt, am 1. Mai 1776 mit einigen Gefolgsleuten den Illuminatenorden gründete, waren dessen Vorläufer – die Freimaurerlogen – längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Mehr noch: Die Idee der Freimaurerei hatte sich über ganz Europa verbreitet und zeigte bereits deutliche Anzeichen einer inneren Zersetzung, waren doch die unterschiedlichen Gruppen teils extrem zerstritten.

    Bizarrer Ausdruck dieser Entwicklung ist die sogenannte Strikte Observanz. Dabei handelt es sich um ein spezifisches Hochgradsystem, das ab Mitte des 18. Jahrhunderts die meisten deutschen und eine Vielzahl europäischer Logen übernommen hatte. Im Gegensatz zum egalitären englischen Drei-Grad-Freimaurersystem (Lehrling, Geselle, Meister) bot die Strikte Observanz ihren Mitgliedern eine hochkomplexe, dem Templerorden nachempfundene Hierarchie-Abstufung. (…)

    Der britische Historiker Niall Ferguson schreibt in seinem Buch Türme und Plätze : «Das erste Paradoxon des Illuminatentums zeigte sich darin, dass es ein Netzwerk war, das sich nach einer ausgeklügelten hierarchischen Struktur sehnte, obwohl es gegen vorhandene Hierarchien eiferte. (…) Das zweite Paradoxon des Illuminatentums war seine ambivalente Beziehung zum Christentum.» Laut Ferguson war das Endziel von Weishaupt und seinen Anhängern alles andere als christlich – sie strebten eine «pseudoreligiöse ”Weltreformation” auf der Basis von Idealen der Aufklärung» an. (…)

    Auch der Publizist E. R. Carmin – in Wirklichkeit handelt es sich dabei um den Esoteriker Ralph Tegtmeier –, der Mitglied der von dem britischen Okkultisten Aleister Crowley inspirierten Fraternitas Saturni war und die deutsche Sektion der sogenannten Illuminaten von Thanateros mitgründete, geht von einem Fortbestehen des Geheimordens im Ausland aus. In seinem 1994 erschienenen Mammutwerk Das schwarze Reich schreibt er: «Den Illuminaten des Spartakus-Weishaupt (…) jedenfalls gelang es in der kurzen Zeit ihrer belegbaren Existenz nicht nur in Deutschland die Freimaurerei zu unterwandern; diese Verschwörung (…) breitete sich alsbald auch in Frankreich, Holland, Skandinavien, Polen, Ungarn, Österreich, Italien und in den Vereinigten Staaten aus. Dass die Illuminaten die Jakobiner-Herrschaft in Frankreich offiziell verurteilten, ist im Sinne der Strategie der Täuschung kein Beweis dafür, dass sie nicht daran beteiligt gewesen waren. Im Gegenteil, erst jüngst entdeckte Dokumente aus der Illuminatenzeit (…) machen die Position der Geschichtsforschung, die selbst den leisesten Zusammenhang zwischen den Illuminaten und der Französischen Revolution leugnet, schlicht unhaltbar.»

    Doch wie nahmen die Rosenkreuzer Einfluss auf die Politik in Preußen? Und warum gerieten sie dabei mit den Anhängern des Illuminaten-Ordens in Konflikt? In der Bild-Zeitung kann man dazu nichts lesen. Doch COMPACT-Spezial „Freimaurer. Die Verschwörungen eines Geheimbundes“ klärt auf!

    Die Rosenkreuzer hatten im 18. Jahrhundert schon viele Freimaurerlogen regelrecht unterwandert, was durch das von Lutter in seinem Illuminaten-Text erwähnte Hochgradsystem mit der Strikten Observanz begünstigt wurde. Besonders deutlich trat dies bei der Großen National-Mutterloge Zu den drei Weltkugeln
    zutage, die eng mit der preußischen Krone verbandelt war. Diese älteste deutsche Großloge wurde durch Infiltration schon bald zum Zentrum der rosenkreuzerischen Bewegung.

    In COMPACT-Spezial „Freimaurer“ kann man dazu weiter lesen:

    Die eigentlichen Initiatoren des neuen Ordens waren der lutherische Pastor Johann Christoph von Woellner und Generalmajor Johann Rudolf von Bischoffwerder. Erstgenannter wurde Kultus-, Letzterer Kriegsminister, nachdem Friedrich Wilhelm II. 1786 den preußischen Königsthron bestiegen hatte. Damit konnte das Rosenkreuzertum erstmals politischen Einfluss erlangen.

    Innerhalb der deutschen Hochgradmaurerei entbrannte nun ein okkulter Kampf zwischen den mystizistischen Rosenkreuzern und den Anhängern des aufklärerischen Illuminatenordens. Auch die Illuminaten hatten zahlreiche Logen unterwandert und befanden sich mit ihrer Weltanschauung in diametralem Gegensatz zum Orden der Gold- und Rosenkreuzer. Als Ausdruck dieser verborgenen Auseinandersetzung ist auch das von Woellner 1788 erlassene Religionsedikt zu sehen, das sich vordergründig gegen aufklärungsfreundliche Theologen richtete, aber insgeheim auf die Illuminaten zielte, die der preußische Kultusminister mithilfe der Jesuiten auszurotten trachtete.

    Der Weishaupt-Anhänger Adolph Freiherr von Knigge, Mitglied der Kasseler Hofloge Zu den drei Löwen der Strikten Observanz, hatte zuvor unter dem Pseudonym Joseph Aloisius Maier eine Schrift mit dem Titel Ueber Jesuiten, Freymaurer und deutsche Rosencreutzer (1781) veröffentlicht, in der er die Kontrahenten scharf angriff, sich über deren Behauptung, durch Alchemie Gold erschaffen zu können, lustig machte und ihnen vorwarf, den «wahren Geist» der «älteren Rosenkreutzer» des 17. Jahrhunderts, der ein rational-aufklärerischer gewesen sei, zu verraten. (…)

    Die Rosenkreuzer behaupteten, dass die Träger ihrer hohen Grade durch magische Arbeit zu gottähnlichen Wesen geworden seien, die nicht nur im Kleinen durch Zauberei die Naturgesetze überwinden, sondern auf diese Weise sogar Einfluss auf die Geschicke der gesamten Menschheit nehmen könnten. Als die Brüder in den Logenhäusern feststellen mussten, dass die versprochenen Wunderkräfte trotz aller Anstrengungen ausblieben, machte sich bald Enttäuschung breit.

    Wie der Kampf zwischen Rosenkreuzern und Illuminaten in Preußen weiterging und welche Auswirkungen der verborgene Krieg der Geheimorden hatte, können Sie in COMPACT-Spezial „Freimaurer. Die Verschwörungen eines Geheimbundes“ nachlesen. Dort erfahren Sie auch, wie sich die Ideen der Rosenkreuzer später in der Scientology Church von L. Ron Hubbard und in diversen Okkultisten-Vereinigungen wiederfanden, etwa dem Ordo Templi Orientis (O.T.O.) von Aleister Crowley. Auffällig ist: Die Spuren führen dabei immer wieder zur Freimaurerei!

    COMPACT-Spezial „Freimaurer“ klärt auf über die politischen Verstrickungen und Ziele der Freimaurer und anderer Geheimbünde, ihre verborgenen Zeichen und Rituale, ihre Weltanschauung und ihren Einfluss auf bedeutende Ereignisse der Weltgeschichte. Zur Bestellung klicken Sie HIER oder auf das Bild oben.

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