Beging Rudolf Heß vor 36 Jahren im Spandauer Gefängnis Selbstmord? Ein Autopsiebericht spricht gegen diese These: Demnach hat sich der vormalige Reichsminister nicht erhängt, sondern wurde erdrosselt. In seinem Buch „Ich sah seinen Mördern in die Augen“ schildert Melaouhi, wie er Heß als Gefangenen erlebte und was er an dessen Todestag beobachtete. Hier mehr erfahren.

    Lesen Sie auch Teil 1 und Teil 2 dieses Beitrags.

    Wolf-Rüdiger Heß mit dem Leichnam seines Vaters. Foto: Wolf-Rüdiger Heß, „Mord an Rudolf Heß“ / Repro COMPACT

    Nach dem Auffinden von Heß‘ Leichnam, wird dieser schleunigst in die Gerichtsmedizin verbracht. Die Autopsie führt der britische Forensiker James Cameron durch. In seinem Erstgutachten vom 19. August 1987 kommt Cameron zu dem Schluss, dass Heß Suizid begangen habe, indem er sich mit einem am Fenstergriff befestigten Verlängerungskabel erhängte.

    Die Angehörigen, aber auch der frühere amerikanische Direktor des Kriegsverbrechergefängnisses Spandau, Eugene K. Bird, bezweifelten sofort, dass der frühere Reichsminister, der kaum mehr ohne Hilfe laufen konnte, auf diese Art Selbstmord begangen haben könnte. Eine zweite Obduktion am 21. August 1987, die im Auftrag von Heß‘ Witwe Ilse und seinem einzigen Sohn Wolf Rüdiger von dem renommierten Münchner Gerichtsmediziner Professor Wolfgang Spann durchgeführt wurde, erhärtete den Verdacht eines gewaltsamen Todes.

    Als Todesursache wird in beiden Berichten übereinstimmend „Ersticken durch Kompression des Halses“ angegeben. Bei der Ursache für das Zusammendrücken kommt Spann aber zu einem anderen Ergebnis als Cameron. Laut dem deutschen Forensiker ist die Ausrichtung der Strangulationsmale am Hals ungewöhnlich gewesen und weist auf einen Tod durch Erwürgen, nicht durch Erhängen, hin. Das deckt sich mit den Aussagen, die der ehemalige Heß-Krankenpfleger und Augenzeuge Abdallah Melaouhi seinem Buch „Ich sah seinen Mördern in die Augen“ niedergeschrieben hat.

    Verräterische Spuren

    Ein gerader, waagerechter Verlauf der Male, wie ihn Spann am Hals des toten Rudolf Heß feststellen konnte, gilt als charakteristisches Anzeichen des Erdrosselns, während die Male beim Erhängen nach oben in Richtung des Fixpunktes, an dem die Stranguliervorrichtung angebracht wurde, verlaufen.

    Im Autopsiebericht des damaligen Direktors am Münchner Institut für Rechtsmedizin heißt es dazu:

    „Der mit Aufnahmen dokumentierte Befund im Bereich des Halses zeigt sowohl im Nacken als auch auf der Halsvorderseite eine in etwa waagerecht verlaufende Spur eines Abdruckes, wie sie in der Regel in Fällen von Gewaltausübung gegen den Hals mittels eines Strangulierwerkzeuges festzustellen ist.“

    Noch deutlicher wird Spann in Punkt 14 seiner Eidesstattlichen Erklärung vom 25. Januar 1995 zu der von ihm vorgenommenen Obduktion. Demnach sei auf den von ihm aufgenommenen Fotos zu ersehen, „dass es sich eindeutig um keinen Fall von typischem Erhängen handelte“.

    Der Gerichtsmediziner weiter:

    „Am Nacken verläuft eine horizontale Zeichnung ohne jede Tendenz nach oben. Vor allem aber ist die Linie überhaupt nicht unterbrochen. Dies beweist, dass eine Strangulationsvorrichtung verwendet worden sein muss, und zwar nicht nur flüchtig, sondern lange genug, um diese Zeichnung zu verursachen.»

    Dann folgt ein entscheidender Punkt:

    „Es ist die Ausnahme, dass jemand sich selbst stranguliert, denn wenn er bewusstlos wird, lässt seine Kraft nach und er lässt wieder los. Bei einem an der Oberfläche glatten Elektrokabel, welches Rudolf Heß angeblich benutzte, ist zu erwarten, dass dieses beim Nachlassen des Zuges auseinander gleitet.“

    In seiner Autobiografie Kalte Chirurgie (1995) schildert Spann, der unter anderem auch an der Ermittlung der Todesursache von Vera Brühne, Franz Josef Strauß und Karl Heinz Beckurts beteiligt war und den Suizid durch Erhängen der RAF-Terroristin Ingrid Schubert 1977 bestätigt hatte, wie ihm die Arbeit im Fall von Heß nicht gerade erleichtert wurde.

    Man habe sich geweigert, ihm „einen ausführlichen Bericht über die Auffindungssituation zukommen zu lassen“. Die Darstellung aus einem weniger detaillierten Erstbericht habe sich „mit unseren Befunden nicht vereinbaren“ lassen.

    Spann schreibt:

    „Gerade der Fall Heß zeigt, wie sehr der Kriminalist darauf angewiesen ist, einen guten Tatortbefund zu haben. So konnten wir im Falle Heß nach unserem Ergebnis sagen, dass es so, wie es zunächst von der englischen Militärbehörde geschildert wurde, nicht abgelaufen sein konnte.“

    Es wäre nun, so der Gerichtsmediziner weiter, an den Engländern gewesen, dieser „schwerwiegenden, mit hoher Verantwortung belasteten Aussage“ entgegenzutreten. Doch das sei nicht geschehen. Man konnte den Ergebnissen des Münchner Rechtsmediziners also von britischer Seite nicht widersprechen.

    Der gefälschte Abschiedsbrief

    Neue Zweifel an der Selbstmord-Version sind aufgekommen, als vor wenigen Jahren der bis dahin der Geheimhaltung unterliegende offizielle Untersuchungsbericht zum Fall Heß öffentlich wurde. Wie die Londoner Tageszeitung Daily Mail am 17. März 2012 meldete, haben insbesondere die in dem seinerzeit von der britischen Militärpolizei verfassten Bericht enthaltenen Fotografien und ein ihm beiliegender angeblicher Abschiedsbrief die Skepsis noch einmal vergrößert.

     

    Auf den Fotos ist die geringe Höhe des Fenstergriffes erkennbar, an dem sich der Gefangene erhängt haben soll. Den Brief bezeichnete der renommierte britische Historiker Peter Padfield, ein Spezialist für die Geschichte des Dritten Reiches, rundweg als Fälschung: „It was forged.“ Er glaubt, so Daily Mail, „dass das Schreiben an Heß‘ Leiche platziert wurde“.

    „Das ist mein Todesurteil“

    Doch warum sollte man Interesse daran gehabt haben, Heß im Alter von 93 Jahren zu ermorden? Heß‘ ehemaliger Krankenpfleger Abdallah Melaouhi berichtet in seinem Enthüllungswerk „Ich sah seinen Mördern in die Augen“, dass ihm sein Patient nach der Meldung über die möglicherweise bevorstehende Begnadigung durch Gorbatschow gesagt habe: „Das ist mein Todesurteil.“

    Während seiner Gefangenschaft durfte Heß noch nicht einmal bei Besuchen seiner Familie über das sprechen, was sich während des Krieges ereignet hatte. Schon gar nicht durfte er öffentliche Stellungnahmen abgeben. Im Falle seiner Entlassung hätte ihn niemand mehr daran hindern können, Auskunft zu geben. Insbesondere zu seinem England-Flug sind noch viele Fragen offen, zu deren Klärung er hätte beitragen können.

    Das ehemalige Grab von Rudolf Heß in Wunsiedel mit dem Wahlspruch „Ich habs gewagt“ von Ulrich von Hutten. Die letzte Ruhestätte wurde 2011 eingeebnet. Foto: James Allan, CC BY-SA 2.0, Wikimedia Commons

    Das hätte für die Briten allerdings unangenehm werden können, da das von Heß übermittelte Friedensangebot auch zahlreiche Zugeständnisse an England enthielt. Unter diesen Bedingungen, so meinen einige Historiker wie Martin Allen, hätte Großbritannien seine Kriegsführung gegen das Deutsche Reich nicht länger legitimieren können. Churchill jedoch habe keinen Frieden gewollt.

    In seinem Buch Rudolf Heß: „Ich bereue nichts“ schrieb der 2001 verstorbene Sohn Wolf Rüdiger Heß:

    „Dieselbe britische Regierung, die versuchte, ihn zum Sündenbock für ihre eigenen Verbrechen zu stempeln, und die mehr als ein halbes Jahrhundert lang bemüht war, die Wahrheit über den Fall Heß zu unterdrücken, schreckte schließlich nicht vor einem Mord zurück, um meinen Vater zum Schweigen zu bringen. Seine Ermordung war nicht nur ein Verbrechen an einem gebrechlichen alten Mann, sondern ein Verbrechen gegen die historische Wahrheit.“

    Ob Hess umgebracht wurde – und wenn ja, warum –, muss endlich in einem ordentlichen Gerichtsverfahren unter Einbeziehung des rechtsmedizinischen Gutachtens von Professor Spann und von Zeugenaussagen wie jenen des Krankenpflegers Melaouhi geklärt werden. Dazu ist es auch jetzt noch nicht zu spät, denn: Mord verjährt nicht!

    Mit seinem Buch „Ich sah seinen Mördern in die Augen“ trägt Abdallah Melaouhi zur Aufklärung über die Umstände von Rudolf Heß’ Tod bei. Räumt er vielleicht sogar mit einer der größten Geschichtslüge auf, die uns seit Jahrzehnten aufgetischt wird? Das hochbrisante Werk können Sie hier bestellen.

    18 Kommentare

    1. Hier etwas OT. Aber vielleicht trotzdem interessant.
      Ist aus Goebbels Tagebuch vom 20. März 1942.

      "Der Führer hatte einen Plan, der zum Siege führen mußte. Hätte Brauchitsch alles das getan, was von ihm verlangt wurde und was er eigentlich auch tun mußte, dann ständen wir im Osten heute anders, als wir jetzt dastehen. Der Führer hat gar nicht die Absicht gehabt, nach Moskau zu gehen. Er wollte den Kaukasus abschneiden und damit das Sowjetsystem an der empfindlichsten Stelle treffen. Aber Brauchitsch und sein Generalstab haben das besser gewußt. Brauchitsch hat immer nach Moskau getrieben. Er wollte Prestigeerfolge statt sachlicher Erfolge."

      • Ein paar von den militärischen "von’s" wollten Hitler am 3/4. August 1941 sogar erschießen.
        Obwohl das bei den Westalliierten gar nichts positives bewirkt hätte.
        ("Verrat an der Ostfront 1", S. 125ff)

    2. "…sondern ein Verbrechen gegen die historische Wahrheit.“

      Der Geist einer längst verklungenen Melodie schwebt in der Luft.

    3. Ich verstehe die Intention der ganzen Artikel über Rudolf Heß hier nicht so ganz. Gilt er hier als unschuldig?
      Es macht doch gar keinen Sinn bis 1987 zu warten, um ihn dann zu töten. Das hätte auch viel früher passieren können

        • Es liegt nicht am Nichtlesenkönnen sondern am Nichtwollen unter die Oberfläche eigener Überzeugungen zu tauchen. Dort wo es dunkel, kalt und unvertraut ist, mag das eigene Wohlgefühl des mentalen Wohnzimmers nicht hin. "Alle Kraft des Menschen wird erworben durch Kampf mit sich selbst und Überwindung seiner selbst" – Johann Gottlieb Fichte. Die Selbstbeherrschung die das Ego hintanstellt.

      • Stimmt, zumal Heß ja auch aus der Haft über Anwälte usw seine "Geheimnisse" veröffentlichen hätte können. Die Wahrheit ist, Heß hatte mit dem inneren "Führerkreis" nichts mehr zu tun, er war eher ein Außenseiter. Und ein "Friedensangebot" an England, hätte man bestimmt auch auf anderer Art und Weise gemacht. Heß war einfach leicht geisteskrank.

        • @Krause:
          "Und ein "Friedensangebot" an England, hätte man bestimmt auch auf anderer Art und Weise gemacht. Heß war einfach leicht geisteskrank."

          Weshalb dann die jahrzehntelange Einzelhaft, wenn Hess einfach geisteskrank gewesen sein soll? Es ist naheliegend, dass Hess über Insider-Wissen verfügte, welches die Alliierten belastet hätte. Das ist mE die einzig logische Erklärung für diesen Vorgang.

      • jakarieblauvogel am

        wenn sie den artikkel gelesen hätten, käme eine solche wirklich dummer frage gar nicht erst zustande, oder geht es ihnen darum, das heß, wenn er durch gorbatchow begnadigt worden wäre und er, heß, aus dem nähkästchen der geschichte einiges brisantes erzählt hätte. oh wei, ohwei. es war der russe, der aufklärung gewollt hatte und davor hatten der engländer, ami und franzose düse. weil dieses herrschaften fleißige helfer dieses verbrechers waren unddas passt ja nun gar nichthätte, explizit um rußland? denn es wären die russen, die absolutes interesse an dieser seite der wirklichen wahrheit was tatsächlich geschah. heß mußte sterben und es waren wieder die allseits bekannt figuren. ehe diese brut nicht erschlagen ist, wird es keinen ruhe auf diesem planeten und dann die vieln total verblöderem

      • Man muss wissen,dass Rudolf Hess nicht Vertreter des Kanzlers Hitler war,sondern des Parteivorsitzenden Hitlers!
        Vom Nürnberger Tribunal ist Hess nur eines Vergehens zu lebenslanger Haft verurteilt worden!
        Nämlich: Rudolf Hess hat,als Vertreter Hitlers ,das Gesetzt zur Wiedereinführung der Wehrpflicht 1935 mit unterschrieben!

        Der Schuldspruch: Lebenslänglich, weil er mit dieser Unterschrift zur Vorbereitung eines Angriffskrieges beigetragen habe!
        Gorbatschow hat bei den. Westlichen Regierungsgroessen um das O.K. zur Freilassung von Hees gebeten,damit er in Ruhe im Kreis seiner Familie sterben koenne.
        Frau Thatcher war. m.W. Als Einzige dagegen!
        Darauf hin hat Gorbatschow erklärt,dass Hess bei der nächsten Russischen Wachperiode entlassen wird!Da wurde Fr. Thatcher sofort aktiv!

        • Allein durch die Wehrpflicht war ja die Ausstattung an Panzern, Flugzeugen und Schiffen sehr mager und noch in der Entwicklung. Ausgereicht hätte es maximal für eine Defensive gegen Polen oder Holland wenn überhaupt. Nur der mutige Geist zählte das Schandiktat von Versailles null und nichtig zu erklären. mfg

    4. Vermeindliche "Sieger" und "Befreite" bekommen was sie verdienen.
      Die Angelsachsen verlieren ihre Insel, und die feigen Nachkommen der Deutschen müssen sich für die bunte Vielfalt bücken.

      Ihr müßt zu Bettlern werden,
      müßt hungern allesamt,
      zu Mühen und Beschwerden
      verflucht sein und verdammt.
      – H. v. Fallersleben

    5. Allmählich wissen wirs. Ach, es stehen noch einige Büche im Regal ? Ja, dann.

      • Fischers Fritz am

        @ Sokrates
        "Allmählich wissen wirs."

        Vo Ihnen allerdings auch! Vom Fliegenfischen nicht genug ausgelastet und zuviel unausgefüllte Freizeit?
        Na dann, trotzdem Petri Heil.

    6. Wenn wir die heutige chronische Lügnerei der Führer ansehen – die Unwirksamkeit der zuvor aufgedrängten Corona-Gen-Spritzen wurde vor wenigen Tagen vom BRD-Gesundheitsministerium bestätigt – können wir auf ebensolche chronische Lügnerei bezüglich der Vergangenheit schließen.

      • "Wir wissen, sie lügen.
        Sie wissen, sie lügen.
        Sie wissen, dass wir wissen, sie lügen.
        Wir wissen, dass sie wissen, dass wir wissen, sie lügen.
        Und trotzdem lügen sie weiter."

        Alexander Solschenizyn

    7. Heß musste einfach weg weil er die Wahrheit kannte als wichtigster Weggefährte Hitlers und Funktionär der Partei. Er war ja auch sein Stellvertreter. Für seinen Flug auf eigener Faust Diplomatie und Frieden zu schaffen das ist Zivilcourage und Mut gewesen. Es zeigt auch den Charakter diesen Mannes und des Deutschen Reiches im Gegensatz zu den Alliierten wo Churchill sich weiterhin stur stellte. Deutschland Hitler und das Volk wollten kein sinnloses Blutvergießen in Europa und unter weißen Brudervölkern. Damals führten schon die Wege nach Washington wo fein produziert und gehetzt wurde gegen das neue wieder erstarkte Deutschland was sich ohne Waffengewalt das Saargebiet, Rheinland, Österreich und Tschechien wieder holte. Polen war damals der wahre angeheizte Aggressor und brachte mit dem Bromberger Blutsonntag das Fass endgültig zum überlaufen zwischen Warschau und Berlin. Die Wehrmacht rückte zum Gegenschlag nach Osten und hat innerhalb von 6 Wochen dem weißen Adler die Flügel gestutzt. Einst wollte Polen innerhalb einer Woche in Berlin sein. So dies war dann wieder der Hauptgrund das Deutschland stark ist und sich wehren konnte in Europa. All das hat Rudolf Heß als Zeitzeuge gewusst und hätte nach seiner Freilassung die Welt mit der Wahrheit verändert und im Kalten Krieg dem Westen mit der NATO bloßgestellt. Nach wie vor bis in das Hier& Jetzt geht die Gefahr von Übersee aus. mfg