In Deutschland wurde der Tag des Baumes erstmals am 25. April 1952 begangen. Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss und der Präsident der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Bundesminister Robert Lehr, pflanzten im Bonner Hofgarten einen Ahorn. Doch woher kommt unsere besondere Affinität zum Wald? Weiterführend: COMPACT-Geschichte Mythisches Deutschland: Die historischen Stätten unseres Volkes. Hier mehr erfahren.
Bäume haben in der deutschen Kultur eine besondere Bedeutung: Noch in heutigen Straßen- und Wegbezeichnungen finden wir häufig die Linde oder die Eiche. Dem Lindenblatt, das Siegfried erst verwundbar machte, kommt eine tragende Rolle in der Nibelungensage zu. Im Mai stellen wir den Maibaum auf und zu Weihnachten wird der Weihnachtsbaum geschmückt.
Unzählige deutsche Literaten, Dichter und Künstler widmeten sich den Bäumen und dem Wald, etwa der Heidedichter Hermann Löns oder der Jahrhundertliterat Ernst Jünger in seinen Essays Bäume und Der Waldgang.
Eichendorff fragt in einem Gedicht: „Wer hat dich, du schöner Wald / Aufgebaut so hoch da droben?“ Und Caspar David Friedrich brachte den geheimnisvollen und sagenumwobenen Hain in seinem Gemälde Der Chasseur im Walde zum Ausdruck. Doch woher stammt die besondere Liebe und Verehrung für Baum und Wald in unserer Kultur?
Irminsul und Donar-Eiche
Als der römisch-antike Geschichtsschreiber Publius Cornelius Tacitus in seiner Germania beschrieb, mit welcher Ehrfurcht die Germanen ihren Wald betraten, manifestierte sich die Annahme bis heute, dass der Wald bei den Germanen und anderen indoeuropäischen Völkern eine besondere Rolle spielte. Mit dieser Auffassung liegt man nicht falsch, wirft man einen Blick auf die alten Mythologien.
Im Kampf mit den Sachsen wusste der zum Christentum konvertierte Karl der Große bei seinen Gegnern einen empfindlichen Nerv zutreffen, indem er die von dem Stamm verehrte heilige Irminsul abholzen ließ. Die Irminsul symbolisierte den Weltenbaum, der die Erde mit dem Himmel verband. Die Zerstörung dieses Heiligtums ist in den Annalen des Fränkischen Reiches niedergeschrieben.
Auch Bonifatius fällte im Zuge der christlichen Missionierung die sogenannte Donar-Eiche im heutigen Hessen. Die Eiche wurde dem donnernden Gott Thor/Donar zugesprochen. Allein an diesen Beispielen lässt sich schon erahnen, welchen Stellenwert Bäume bei unseren Ahnen besessen haben müssen.
Nahezu jedem Gott der oberen Ränge des Asengeschlechts wurde ein hölzerner Riese beiseite gestellt. So wurde die Linde der Göttin Freya gewidmet, welche nach der Christianisierung eine Umdeutung zur Marien-Linde erfuhr, um der Mutter Christi zu huldigen.
Die Weltenesche Yggdrasil
Die Buche diente unseren Altvorderen als Orakel. Sobald die Goden und die Gydias, germanische Priester, schicksalhafte oder bedeutende Fragen hatten, begaben sie sich in die Buchenwälder, um Buchenstäbe zu schneiden. In diese wurden dann Runen hineingeritzt. Aus diesen Vorgängen ist das uns geläufige Wort „Buchstabe“ entstanden. Auch der Eibe sprach man magische Eigenschaften zu: Zauberstäbe sollen aus Eibenholz bestanden haben. Die Rune Eihwaz symbolisiert dieses Gewächs und steht für abwehrende Kräfte, Weisheit und Transformation.
Selbst die Welt betrachteten die Heiden als Baum. Die Weltenesche Yggdrasil besaß neun Welten. Darin befanden sich unter anderem Asgard, die Welt der Götter, Midgard – Welt der Menschen – und Utgard oder Helheim, das Totenreich. Schon in der Schöpfungsgeschichte finden wir in der Edda den Hinweis, dass Bäume von den Göttern zu Beginn der Welt aus den Haaren von dem Riesen Ymir (einem Urwesen) entstanden sind. Sogar dem Parasitengewächs Mistel, das an den Bäumen wuchert, wurde eine göttliche Kraft nachgesagt. Denn nur ein mit der Mistel vergifteter Pfeil konnte den unsterblichen Lichtgott Baldur töten.
Ebenso fanden Gerichte, Gottesdienste und Thingversammlungen stets im Wald beziehungsweise Hain, zwischen Eichen, statt. Haruc, das germanische Wort für Heiligtümer und Tempel, stand zugleich für Wald. Tempel auf Stein, die zur Götzenanbetung dienten, waren den Germanen völlig unbekannt. Dies hatte der schon erwähnte Tacitus in seiner Germania treffend erkannt. „Im Rauschen des Waldes, im Rauschen der Buchenhaine spürten sie die Gegenwart der Götter, das Raunen der Götter“, schreibt Wolf-Dieter Storl in seinem Werk Unsere fünf heiligen Bäume.
Übrigens: Auch bei den Kelten spielten Bäume eine bedeutende Rolle, wurden doch die verschiedenen Stämme gar nach diesen benannt. Eurobonen und Eurovicen sind an die Eibe angelehnt, die Gemnovicen besaßen eine besondere Beziehung zur Ulme und die Averner zur Erle. Ebenso wie die Germanen kannten die Kelten keine steinernen Tempelanlagen. Somit fanden auch ihre Gottesdienste in den heiligen Hainen, also im Freien, statt. Die Eiche wurde von den Kelten ebenfalls verehrt. So soll der Begriff Druide sich von dem keltischen Wort Dair ableiten, was auf Deutsch Eiche heißt. Die Sonnenwende wurde bei ihnen als Eichenfest bezeichnet.
Die neue Sehnsucht nach Wald
Erleben wir eine Rückkehr zu den Wurzeln? Immer mehr Deutsche lassen sich in den Bann des Waldes ziehen. Wenn man jetzt meint, das hänge mit dem Corona-Lockdown zusammen, der unterliegt einem Irrtum. Die Stätte der Ruhe und Besinnlichkeit der Haine wird nicht nur von sogenannten Esoterikern als Kraftort gewürdigt, sondern auch von der Medizin. So konnte eine heilende Wirkung bei ätherischen Ölen von Nadelgewächsen festgestellt werden, die sich bei der Behandlung von Rheuma, Gicht und Gelenkschmerzen entfaltet.
Schon der pure Gang in den Wald wirkt sich auf das Wohlbefinden der Menschen positiv aus. Belegt ist beispielsweise Stressabbau. Auch unser Immunsystem profitiert stark davon. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eine Art Kommunikation zwischen den Bäumen stattfindet, die im Boden eine chemische Reaktion auslöst, die wiederum unsere Abwehrkräfte stärkt. Dies bestätigen auch sogenannte Waldtherapien, die vermehrt von der Medizin angeboten werden.
Im Jahr 2019 erwähnte die Ärztezeitung eine Studie der Universität Michigan, wonach der Aufenthalt in einer naturbelassenen Gegend von 20 bis 30 Minuten reiche, um den Cortisolspiegel zu senken. Der gleichen Publikation war zu entnehmen, dass Universitäten, beispielsweise die Münchner Ludwig-Maximilians-Universität , Seminare zum Waldgesundheitstrainer oder zum Waldtherapeuten anbieten.
Viele alte Bräuche, Traditionen und Mythen leben bis heute fort, aber kaum jemand kennt noch ihre ursprüngliche Bedeutung. Lernen Sie diesen Kulturschatz kennen mit COMPACT-Geschichte Mythisches Deutschland: Die historischen Stätten unseres Volkes.
Das Land der Dichter und Denker, der Ritter und der Zauberer: Früher galt Deutschland als der Hort der Mythen, und jedes Mütterchen erzählte die alten Geschichten an die Kinder weiter. COMPACT holt das mythische Deutschland für alle Nachgeborenen zurück und führt Sie an die historischen Stätten unseres Volkes. Bestsellerautor Jan von Flocken lässt vor Ihren Augen die Orte lebendig werden, an denen unsere Altvorderen die Urgewalten des Schicksals entfesselten – oder bändigten: Im Teutoburger Wald schlug Arminius die römischen Legionen, in der Walhalla versammelten sich unsere alten Götter, im Kyffhäuser wartet Barbarossa auf die letzte Schlacht, am Rheinknie lockt die unglückliche Loreley. Aachen, Quedlinburg, Meißen, Marienburg, Straßburg, Prag, die Wartburg, das Kloster Maulbronn und vieles mehr. COMPACT-Geschichte Mythisches Deutschland: Die historischen Stätten unseres Volkes können Sie hier bestellen.