Hatte SS-Gralsforscher Otto Rahn seinen Freitod in den Alpen nur vorgetäuscht? Fakt ist: Nur wenige Jahre zuvor zog ihn eine mysteriöse Bruderschaft in seinen Bann. Diese inspirierte ihn auch zu seinem Werk „Luzifers Hofgesind. Eine Reise zu den guten Göttern Europas“. Das lange vergriffene Skandalwerk aus dem „Giftschrank“ ist nun wieder in einer preisgünstigen Neuauflage erhältlich. Hier mehr erfahren.
_ von Dennis Krüger
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Der Grund für einen möglicherweise vorgetäuschten Selbstmord Rahns war sicherlich nicht die Gralssuche. Er selbst bekannte, den Gral nicht gefunden zu haben, und das SS-Ahnenerbe, mit dem Rahn formell verbunden war, plante für die Nachkriegszeit, dessen Forschungen wieder aufzunehmen.
Bereits Ende 1932 hatte Rahn die Katharer-Region im südfranzösischen Languedoc verlassen, wohl für immer. 1933 erschien sein Bestseller „Kreuzzug gegen den Gral“, der Fluch und Segen zugleich bedeuten sollte. Unbestritten erbrachte die Schrift über die Katharer dem Autor wirtschaftlichen Erfolg und zugleich gesellschaftliches Prestige, das der Mittellose lange entbehren musste. Der Fluch aber kam mit dem Prestige, denn ausgerechnet ein enger Berater von SS-Chef Heinrich Himmler wurde auf den jungen Dichter aufmerksam: Karl-Maria Wiligut alias Weisthor.
Wiligut war es, der den Forscher mit Himmler bekannt machte, und der wiederum war sofort angetan von dem Gralsforscher. Rahn durfte für Himmler den Ahnennachweis erstellen, wobei er sogar eine Verwandtschaft seiner Familie mit der von Himmler festgestellt haben will.
Der private Lebensstil des Forschers wurde trotz seiner auffälligen Vernachlässigung des weiblichen Geschlechts geduldet. Doch nicht nur das: Abgesehen von seinem Spezialauftrag zur Ahnenrekonstruktion Himmlers erhielt Rahn seit seinem Eintritt in die SS 1935 alle Freiheiten für seine Untersuchungen, die ihn an verschiedene Orte Europas führten. 1936 nahm der im Stabe Wiliguts innerhalb des Rasse- und Siedlungshauptamtes (RuSHA) wirkende SS-Mann auch an einer Island-Fahrt höherer SS-Führer teil.
Die geheime Bruderschaft
1937 wartete dann ein neuer Auftrag auf den Forscher: Die Begutachtung und Übersetzung von Berichten einer überaus obskuren Persönlichkeit namens Gaston de Mengel. Dieser war Mitglied der bis heute kaum beachteten Geheimgesellschaft Les Polaires („Die Polarier“). Deren Angehörige glaubten an ein einstiges Weisheitszentrum in der (Sub-)Arktis, von dem aus sich mit den Ariern das Weistum der frühen Menschheit in verschiedene Gebiete der Welt verbreitet hätte. Als heutiges Refugium des Wissens betrachteten die Polaires dabei das tibetische Hochland.
Inspiriert wurde die Bruderschaft, die in der Tradition der Rosenkreuzer stand und der bis zu 63 Personen angehört haben sollen, durch den französischen Okkultisten Alexandre Saint-Yves d‘Alveydre (1842–1909), gegründet wurde sie allerdings erst 1926.
Wer der eigentliche Gründer der Polaires war, ist umstritten. Einigen Quellen zufolge war es der französische Esoteriker Georges Monti, andere nennen dessen Schützling Pierre Plantard, vielen besser bekannt als Gründer der Prieuré de Sion („Priorat von Zion“), die im Rahmen der Gralsromane Dan Browns einem größeren Publikum bekannt wurde. Oberhaupt des Ordens der Polarier war der Italiener Cesar Accomani, der das Pseudonym Zam Bhotiva führte. Ein weiterer Führer war ein Mann, der als Mario Fille bezeichnet wird.
Heißer Draht nach Tibet
Dem Polaire-Gründungsmythos zufolge soll Fille bereits als Junge in Italien einen Pater Julian kennengelernt haben. Dieser aufgrund einer Kette als Rosenkreuzer identifizierte alte Mann habe demzufolge Fille ein Orakel übermittelt, mit dessen Hilfe durch Zahlenkombinationen und Arithmetik Antworten auf alle Fragen gefunden werden konnten.
1929 habe das Orakel dann nicht mehr nur Fragen beantwortet, sondern den mittlerweile gemeinsam forschenden Accomani und Fille den Auftrag erteilt, die Gruppe der Polaires zu gründen und in der Welt zu verbreiten. Ziel sei es gewesen, die Welt mithilfe des Orakels zu erleuchten.
Noch im selben Jahr verfassten die beiden gemeinsam mit Mitstreitern die Schrift „Asia Mysteriosa“, die das Wirken und die Ziele der Bruderschaft öffentlich machte. Es beschrieb zudem die Natur des mathematischen Orakels, von dem die Polaires von „Kleinen Lichtern des Ostens („unsichtbaren Oberen“ auch als „Eingeweihte aus Tibet“ charakterisiert) Anweisungen und Antworten auf alle Fragen erhielten.
Doch was könnten De Mengel und die Polaires mit einem möglichen Schein-Suizid Rahns zu tun gehabt haben? Das lesen Sie morgen im dritten Teil dieses Beitrags.
Das Geheimnis der Polarier: In seinem Standardwerk Werk „Luzifers Hofgesind. Eine Reise zu den guten Göttern Europas“ präsentiert Otto Rahn seine Erkenntnisse als Gralssucher der SS. Anders als in der christlichen Überlieferung beschrieben, sah Rahn in Luzifer nicht den Teufel, sondern den alten Lichtbringer-Gott des Nordens, verehrt als Apollon bei den Griechen, als Helios bei den Römern und als Mithras bei den Persern. Das lange vergriffene Skandalwerk aus dem „Giftschrank“ ist nun wieder in einer preisgünstigen Neuauflage erhältlich. Hier mehr erfahren.