Anthroposophen gehören zum Aktivisten-Kern der Querdenker-Bewegung. Ihre Inspiration finden sie in den Lehren Rudolf Steiners. Doch was kann man von dem Meisterdenker in der Corona-Krise lernen? Ein Auszug aus COMPACT-Spezial Die Querdenker – Liebe und Revolution. Hier mehr erfahren.

    Sieg über Satan: Der Erzengel Michael auf einem Gemälde des Renaissancekünstlers Raffael (1483–1520). Das Ölbild entstand 1518 und wird heute im Pariser Louvre ausgestellt. Foto: CC0, Wikimedia Commons

    Rudolf Steiner sorgt im Mainstream für schizophrene Reaktionen: Einerseits schicken grüne Hipster ihre Kinder auf Waldorf-Schulen, kaufen im Bioladen nachhaltige Produkte von Demeter-Höfen oder Kosmetik von Weleda und suchen bei Erkrankung anthroposophische Ärzte oder Kliniken auf – allesamt Konzepte, die sich auf die Lehre des Philosophen zurückführen lassen und großteils von ihm selbst noch zu seinen Lebzeiten entwickelt wurden. Aber der Kern seiner Weltanschauung ist für die Linksalternativen nichts als wirre Esoterik und Verschwörungstheorie.

    Das Neue Testament rät, Menschen nach ihren Früchten zu bewerten. Wenn aber die Früchte von Steiners Lehre positiv herausragen, weshalb ziehen die Zeitgeistjünger dann oft Ideologien vor, die zur Auspressung, Fragmentierung und Zertrümmerung von Mensch und Natur führen? Zumindest hätte Steiners Ansatz vor diesem Hintergrund doch eine unbefangene Prüfung verdient.

    Freilich ist der Gegenwart nichts suspekter als Konzepte, die fundamentale Lebensreformen fordern: neue Wege, die tiefgreifende Veränderungen anstoßen, die unsere globalistische Markt- und Einheitskultur untergraben. Genau das aber verlangt Steiner. Folglich nimmt die Feindschaft gegen ihn zu. Wer sich jedoch durch Vorverurteilung nicht beeindrucken lässt, der bekommt Steiners Theorie der Wurzelrassen unter die Nase gehalten. Mit ihnen, so glauben Mainstream-Medien, ließe sich eine Zuordnung in die rechte Ecke begründen.

    Funktioniert das tatsächlich so leicht und bequem? Die Theorie, von der Theosophin Helena Blavatsky übernommen, gesteht allen Menschen göttliche Herkunft zu. Allerdings habe sich der Mensch in unterschiedliche Rassen aufgeteilt: Jede von ihnen habe auf der Welt eine eigene Mission zu erfüllen.

    Die Enge des Materialismus

    Dieser Ansatz ist – im Gegensatz zum damaligen Zeitgeist – nicht biologistisch fundiert, verwendet den Rassenbegriff nur im übertragenen Sinne und rechtfertigt keine Diskriminierung. Dabei forderte Steiner seine Anhängerschaft immer auf, sein Werk kritisch nachzuvollziehen und bei besserer Einsicht zu korrigieren. Das gilt selbstverständlich auch für die Theorie der Wurzelrassen. Er selber hat sie nach 1907 nicht mehr verwendet, durch eine Raum- und Epochen-Matrix ersetzt.

    Der Gründer der Anthroposophie hatte ohnehin keine Wertschätzung für dogmatische Anhänger. Insofern war der Künstler Joseph Beuys in seiner kreativen Aneignung sein konsequentester Schüler. Kein Wunder, dass auch er inzwischen unter Dauerbeschuss steht, und der Mainstream versucht, ihm völkisches Gedankengut zu unterstellen. Dahinter steckt die immer gleiche Abwehr gegen fundamentale Alternativen.

    Goetheanum: Der an die Architektur Le Corbusiers erinnernde Bau in in Dornach im Schweizer Kanton Solothurn ist Sitz der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und zugleich Hochschule, Tagungsort sowie Festspielhaus. Foto: Taxiarchos228, FAL, Wikimedia Commons

    Dieser Reflex verstärkt sich in Krisenzeiten, in denen die Brüche der herrschenden Ideologie ungeschminkt zutage treten. Was aber ist die grundlegende Schwachstelle unseres Zeitalters? Laut Steiner ist es ihr Materialismus: die Behauptung, dass sich Geist, Leben und Kosmos ausschließlich aus der Materie erklären ließen – ein Dogma, das jegliche Religiosität, immaterielle Wesen oder Ideen, Freiheit und Unsterblichkeit ins Reich der Illusionen verweist.

    Als vergängliches Kind des Zufalls bleibt dem Menschen nichts, als sein Leben an Reichtum, Erfolg und flüchtiger Triebbefriedigung auszurichten – also an dem, was der Markt gegen Kaufkraft zur Verfügung stellt. Der Homo sapiens der Moderne lebt in der furchtbaren Gewissheit, dass seine gesamte Persönlichkeit, all sein Handeln, Erfahren und Erinnern mit dem Tod ausgelöscht werden.

    Die Anthroposophie stellt der Schulmedizin ganzheitliche Heilmethoden gegenüber.

    In diesem Materialismus verliert auch die Natur ihre Beseelung, schrumpft zum puren Rohstofflieferanten kommerzieller Produktion. Dieser Weltauffassung, geboren aus der Aufklärung, bestärkt durch den Erfolg von Naturwissenschaft und Technik, setzte Steiner die erneute Hinwendung zu Spiritualität, Geist und Seele entgegen.

    Als Herausgeber und Kommentator von Goethes Schriften zur Naturwissenschaft wandte er sich gegen die mechanistische Auffassung des Lebens. Theosophische Visionen verschafften ihm tiefere Einsichten in die verdrängte Geisteswelt. Diese widersprachen den Resultaten damaliger Naturforschung keineswegs, gingen aber darüber hinaus. Steiner verstand seine Anthroposophie als notwendige Ergänzung moderner Wissenschaft, deren Beschränktheit in eine Sackgasse führe. Das gelte auch für die Schulmedizin, die den Menschen auf die Summe seiner Körperfunktionen reduziert. Dem stellt Steiners Lehre ein Heilungskonzept entgegen, das auch die geistig-seelischen Dimensionen miteinbezieht.

    Eine von Steiner geschaffene Tonskulptur des Ahriman. Foto: anthrowiki.at

    Dieser ganzheitliche Ansatz hätte der Welt bereits beim sogenannten Rinderwahnsinn (BSE) in den 1990er Jahren eine Panikwelle ersparen können: Man vermutete eine Übertragbarkeit auf den Menschen, zur vermeintlichen Minimierung des Risikos wurden Millionen Kühe, Ochsen und Kälber getötet und verbrannt.

    Auslöser der Tierseuche war wohl das Knochenmehl im Futter gewesen, in dem sich der Erreger verbarg. Rudolf Steiner hatte schon 1923 in einem Vortrag darauf hingewiesen, was geschehen würde, wenn – wie in der industriellen Tierhaltung – vegetarische Lebewesen (beispielsweise Rinder) plötzlich fleischliche Nahrung verzehrten: Anstatt Pflanzenstoffe in Fleisch zu verwandeln, würden «schädliche Stoffe erzeugt». Und weiter: «Der Ochse würde also, wenn er anfangen würde, plötzlich ein Fleischfresser zu werden, sich mit allen möglichen schädlichen Stoffen ausfüllen.(…) Riesige Mengen dieser Harnsäuresalze würden nach dem Gehirn gehen, und der Ochse würde verrückt werden.» Fräße eine ganze Herde Fleisch, «so würden wir eine ganz verrückte Ochsenherde kriegen».

    Corona und Ahriman

    Ein brandaktuelles Beispiel für den Tunnelblick des materialistischen Denkens bietet auch die Corona-Krise: Man reduziert das Problem auf ein Virus, dessen Verbreitung man durch menschenfeindliche Maßnahmen – Distanzierung, Isolierung – unterbrechen will. Die Folgen: Zusammenbruch der Wirtschaft, Depression, Aggression, Hilflosigkeit unter den Menschen. Schlimmer noch: Man übersieht, dass der Einzelne durch diese Maßnahmen seine Kraft, seine Abwehrfähigkeit, seine Immunstärke verliert.

    Dabei wäre das Umgekehrte vonnöten: eine Kultur, die das Geistig-Seelische nicht ausschlösse, die Lebensfreude und Spiritualität anstelle von Stress und Burn-out böte und im Tod kein endgültiges Aus sähe. Stattdessen aber, so konstatierte der Anthroposoph Axel Burkart unlängst, laufe derzeit ein Dritter Weltkrieg gegen die menschliche Freiheit. Die schärfste Waffe in diesem Krieg: das Schüren von Angst. Diese aber ist laut Burkart gewollt, «vor allem von jener Macht, die das Ganze im Hintergrund steuert: Ahriman». – Hintergrundmacht? Ahriman? Wer ist das? (…) Ende des Textauszugs.

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