Das angeschlagene Finanzsystem wird den Corona-Schock nicht überstehen. Jetzt drohen Inflation und Enteignungen – oder die offene Diktatur des Establishments. Unser Gesprächspartner sagte den derzeitigen Crash schon vor drei Jahren voraus. Sein aktueller Bestseller ist hier zu bestellen. Ein Auszug aus COMPACT 04/2020 mit dem Schwerpunkt «Corona, Crash und Chaos».

    _ Markus Krall im Gespräch mit Martin Müller-Mertens

    Herr Dr. Krall, Sie haben schon vor einiger Zeit eine Wirtschafts- und Finanzkrise für 2020 vorausgesagt.

    Ich hatte mit der zweiten Jahreshälfte gerechnet. Insofern können sich alle, die immer meinten, ich hätte mich verrechnet, trösten und freuen.

    Sind Sie nicht trotzdem zufrieden, dass Ihre Prognose jetzt eintrifft?

    Wenn ich mir das Bild so anschaue, das sich einem jetzt bietet, in der ganzen Kombination, dann hätte ich lieber die Flasche Champagner aufgemacht, die ich, wie angekündigt, geköpft hätte, wenn all das nicht passiert. Aber ich glaube, dass wir jetzt ziemlich lange Selters trinken werden. Und ich kann darüber auch keine Freude empfinden. Die aktuelle Lage bereitet mir wirklich Sorgen.

    Wie viel Anteil hat Corona am Fall der Börsenkurse?

    Corona ist nicht der Grund, sondern der Anlass dafür, dass die Ungleichgewichte, die sich über eine sehr lange Zeit angestaut haben, nun zur Entladung kommen. Bei Corona gibt es offensichtlich eine Diskrepanz zwischen dem, was die Politik uns sagt, und dem, wie sie handelt. Die Politik hat uns gesagt, dass die Sache relativ handhabbar sei, aber ihre eigene Reaktion ist, daran gemessen, eine Überreaktion. Das Problem ist zwar größer als eine normale Grippe, aber es ist wahrscheinlich nicht so schwerwiegend, dass es die Abriegelung ganzer Länder rechtfertigte. Das vergrößert den Schaden, es unterbricht Lieferketten und führt zu negativen Wachstumsimpulsen.

    Sorgen Hamsterkäufe nicht für Hochkonjunktur?

    Hamsterkäufe haben noch nie zur Hochkonjunktur geführt. Bei langlebigen Konsumgütern haben wir ja totale Einbrüche. Der Absatz von Autos ist in China um 95 Prozent eingebrochen. Das ist der größte Markt für deutsche Automobilhersteller.

    Was ist mit dem Ölpreis?

    Die Anpassung des Ölpreises nach unten ist kein Problem. Im Gegenteil: Das ist Teil der Selbstheilungskräfte des Marktes und führt zu einem positiven Angebotsschock. Die allgemeine Nachfrage fällt, aber der fallende Ölpreis führt wiederum dazu, dass die Kostenstruktur der Industrie auf der Energieseite besser wird. Gesamtwirtschaftlich hat das positive Auswirkungen.


    Wenn nicht Corona für den Crash verantwortlich ist, was dann?

    Corona trifft auf eine Struktur, die nicht mehr in der Lage ist, einen solchen Schock zu verkraften. Wenn wir es in den letzten 20 Jahren nicht so falsch gemacht hätten, wären wir locker in der Lage, das zu verkraften.

    Was ist das für eine Struktur – und wo liegen die Fehler?

    Die hat mehrere Elemente. Da ist zum einen die falsche Geldpolitik, die das Bankensystem unterminiert hat – und zwar drastisch und gravierend. Das erkennen Sie auch daran, dass es Bankaktien sind, die jetzt am meisten leiden. Viele Banken werden ein schlechteres Rating bekommen. Das bedeutet wiederum Refinanzierungsprobleme am Kapitalmarkt. Refinanzierungsprobleme bedeuten eine schnellere Erosion der Erträge, also neue Probleme, die dann durch Interventionen der Zentralbank wieder aufgefangen werden müssen, um die Banken mit Liquidität zu versorgen, die sie am Markt wegen des Ratings nicht mehr bekommen werden.

    Das zweite Element ist diese Aufsparerei von Zombies. Wir haben eine Menge Unternehmen, die nur wegen des Nullzinses noch nicht Pleite gegangen sind. Zudem haben wir eine staatsinterventionstische Politik. Der Staat glaubt, alles besser zu wissen, er greift an allen Ecken und Enden in den Markt ein, er bläht sich auf, er maßt sich Aufgaben an, die ihm nicht zustehen. Die funktionsfähigen Unternehmen werden mit immer mehr Bürokratie gegängelt, die Kosten dafür explodieren – und zwar für nichts. Die Ineffizienzen, die durch die Bürokratien eingeführt werden, sind das dritte große Element – neben dem Abziehen von enormen Mitteln aus der produktiven Privatwirtschaft in die unproduktive Staatswirtschaft. Der Patient ist also krank. Und genauso wie beim Corona-Virus, das richtig gefährlich wird, wenn der Patient eine Vorerkrankung hat, sind die ganzen ökonomischen Vorerkrankungen das Problem unserer Wirtschaft. (…) – Ende des Auszugs.

    _ Markus Krall (*1962) ist Volkswirt, Risikomanager und Vorstandsmitglied sowie Sprecher der Geschäftsführung der Degussa Goldhandel GmbH. Schon in seinem 2017 veröffentlichten Bestseller «Der Draghi-Crash» prognostizierte er, dass die von der EZB verursachte Geldschwemme und die systemischen Fehler des Euro ungefähr im Jahr 2020 «zu einer epochalen deflatorischen Krise führen» würden. Krall vertritt ein ordoliberales Wirtschaftskonzept und steht der Österreichischen Schule der Nationalökonomie nahe.

    Das vollständige Interview mit Markus Krall und weitere Beiträge zur Corona-Krise finden Sie in COMPACT 4/2020 mit dem Schwerpunkt «Corona, Crash und Chaos». Zur Bestellung seines aktuellen Bestsellers HIER klicken.

    Kommentare sind deaktiviert.