Als Tänzerin ließ sie alle Hüllen fallen – als Spionin bewahrte sie bis zum bitteren Ende alle Geheimnisse für sich. Weitere brisante Kriminal- und Spionagefälle lesen Sie in COMPACT-Geschichte „Verschwörung und Skandale – Mätressen, Morde, Machteliten“. Jan von Flockens Streifzug über 1.000 Jahre. Hier mehr erfahren

    Margaretha Geertruida Zelle trat ihren letzten Gang an. Es war am 15. Oktober 1917, 5:30 Uhr. Das Exekutionskommando bestand aus zwölf marokkanischen Söldnern. Die Todeskandidatin empfing eine weiße Augenbinde. „Muss ich die anlegen?“, fragte sie. „Wenn Madame sie nicht wünschen, ist es auch gut“, entgegnete ein Offizier. Die Frau wurde nicht gefesselt und blickte die Stahlhelm-Soldaten unerschrocken an. Im selben Moment krachte eine Gewehrsalve. Nachdem die Frau zusammengesunken war, gab ihr ein Feldwebel den obligatorischen Kopfschuss. So endete Mata Hari – die schönste und rätselhafteste Spionin aller Zeiten.

    Karte von Ostindien und Südostasien (Singapur, Borneo, Sumatra, Java, Philippinen), 1801. Foto: CC0, Picryl.com

    Indische Tempeltänzerin

    Margaretha war ein einfaches holländisches Provinzmädchen, geboren 1876 als Tochter eines Hutmachers in Leeuwarden. Sie versuchte früh, ihrem zerrütteten Elternhaus zu entkommen und heiratete 1895 den mehr als 20 Jahre älteren Rudolph MacLeod, einen Kolonialoffizier mit schottischen Vorfahren. Er nahm sie mit nach Niederländisch-Ostindien (heute Indonesien).

    Nachdem eines ihrer beiden Kinder früh gestorben war, ging die Ehe der MacLeods in die Brüche. 1902 wurden sie geschieden und kehrten nach Europa zurück. Margaretha zog im Frühjahr 1903 nach Paris, dem Mekka der damaligen Unterhaltungsindustrie.

    Sie versuchte ein Debüt am Theater, wurde aber wegen mangelnden Talents abgewiesen. In der Folge trat sie auf Kleinkunstbühnen unter den Namen Lady MacLeod als indische Tempeltänzerin auf.

    Triumphe in Paris, Mailand und Berlin

    Im Frühjahr 1905 lernte sie den reichen Fabrikanten Emile Guimet kennen, der in Paris ein Privatmuseum für asiatische Exponate betrieb. Er gab ihr den Rat, einen Künstlernamen zu wählen, der besser zu ihren Auftritten passte. Fortan nannte sie sich Mata Hari, was im Malaiischen so viel wie Auge der Morgenröte bedeutet. Obwohl sie nie Tanzunterricht genommen hatte, bewegte sich die 1,78 Meter große Frau auf der Bühne äußerst versiert. Ihre Auftritte endeten meist damit, dass sie alle Hüllen fallen ließ und nur noch mit (allerdings sehr großflächigem) Schmuck posierte.

    Das Publikum tobte vor Begeisterung, und selbst die spottlustige Pariser Presse zollte ihr Respekt. So schrieb der Courier Français:

    „Eine große dunkle Gestalt schwebt herein. Kräftig, braun, heißblütig. Ihr dunkler Teint, ihre vollen Lippen und glänzenden Augen zeugen von weit entfernten Ländern, von sengender Sonne und tropischem Regen. Sie wiegt sich unter Schleiern, die sie zugleich verhüllen und enthüllen. Das Schauspiel lässt sich mit nichts vergleichen, was wir je gesehen haben.“

    Mata Hari feierte Triumphe in Paris, wo sie unter anderem im Théâtre du Trocadéro und im Olympia auftrat, ebenso wie in Mailand und Madrid. Sie strickte fleißig an ihrem Mythos und behauptete, Tochter einer indischen Brahmanen Familie zu sein.

    1907 trat die Aktrice im Berliner Wintergarten-Varieté auf und bezauberte dort den Großgrundbesitzer und Husarenoffizier Alfred Kiepert. Er nahm sie mit zu den Herbstmanövern der deutschen Armee in Schlesien, wo ihr auch der Kronprinz Wilhelm begegnete. Später sollte das als belastendes Element in ihren Gerichtsprozess eingehen.

    Margaretha wird Spionin

    Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbricht, ist Mata Haris Ruhm verblasst. Jüngere und noch freizügigere Konkurrentinnen haben der 38-Jährigen den Rang abgelaufen. Sie lebt meist im niederländischen Den Haag und befindet sich in großen Geldschwierigkeiten. Über ihren alten Bekannten Kiepert aus Berlin kommt sie in Kontakt mit dem Baron Edouard von der Capellen, einem holländischen Offizier, der für den Geheimdienst der kaiserlichen Armee arbeitet.

    Er bezahlt alle ihre Rechnungen und verlangt prompt eine Gegenleistung. Im September 1915 wird Mara Hari unter dem Decknamen H 21 als Agentin für den deutschen Nachrichtendienst IIIb angeworben. Die Tänzerin soll gegen erhebliche Belohnung (die Rede ist von 20.000 Francs) alten Pariser Freunden Geheimnisse entlocken.

    Lesen Sie am kommenden Mittwoch den zweiten Teil dieses Beitrags.

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    3 Kommentare

    1. " Pariser Freunden Geheimnisse entlocken.""

      Und wie das? Darüber möchte ich gerne mehr wissen. Lass uns hoffen das es nicht zu pikant wird. Am Sonntag gehe ich wie immer zur kirche und ich kann mir dort nicht ablenken lassen durch bestimmte sachen…Bitte Compact halten sie damit rechnung.

    2. Früher war es Mata Hari, heute heißen sie KPMG, PCW, EY und Deloitte. So sparen sich viele Amifirmen das Erfinden.

      • @Ute N.:

        Das ist ein Vergleich, dessen empirisch belegbare Validität schwerlich von der Hand zu weisen ist.