Heute löste die AfD auf Ihrem Bundesparteitag ihre Jugendorganisation Junge Alternative (JA) auf. André Poggenburg war bis zuletzt Ehrenmitglied der JA. Wie beurteilt er die Entscheidung?

    _ Federico Bischoff im Gespräch mit André Poggenburg

    Herr Poggenburg, als Ehrenmitglied haben Sie die Diskussionen um eine mögliche Gleichschaltung der JA in den letzten Monaten sicherlich aufmerksam verfolgt. Ist es nun soweit? Und warum gab es diesen Antrag überhaupt?

    Zuerst einmal – die Geschichte der Jungen Alternative für Deutschland nahm von Beginn an einen sehr unruhigen, holprigen Verlauf. Ich erinnere mich noch gut daran, wie bereits der ehemalige Partei- und Gründungschef Bernd Lucke kein großes Interesse an dem Erwachen einer Jugendorganisation der AfD zeigte und es einiger Anstrengungen bedurfte, dies halbwegs erfolgreich umzusetzen. Die JA war also von Beginn an das ungeliebte Kind der Mutterpartei AfD.

    Und ja, de facto wurde mit dem aktuellen Beschluss das Ende der Jungen Alternative, so wie wir sie bisher kannten, eingeläutet, das Kind also verstoßen. Die Gründe sind und waren immer die Gleichen. Zum einen hat die AfD die Rolle und Möglichkeiten einer wirklich lebendigen, autonomen Jugendorganisation nie erkannt, zum anderen hat man Angst vor der unkontrollierten Macht, die ein solch freies Netzwerk parteipolitisch eben auch entfalten kann.

    Aber die AfD will ja nicht per se auf eine Jugendorganisation verzichten, sondern diese, laut eigenem Bekunden, nur reformieren. Was ist daran verkehrt? Es steht als Begründung auch die viel zitierte Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ im Raum.

    Grundsätzlich ist daran, etwas zum Besseren zu reformieren, nichts verkehrt. Es kommt aber darauf an, wohin man letztlich will und um welche Interessen es geht. Im vorliegenden Fall will man einerseits der Repression des Altparteien-Systems, also der Beobachtung des sog. Verfassungsschutzes, ausweichen und andererseits die Jugendorganisation durch gezielte Ein- und Anbindung domestizieren und schleifen. Das sind in meinen Augen oppositionspolitisch keine vertretbaren Gründe. So können nur AfD-Mitglieder zukünftig auch Mitglied der neuen Jugendorganisation sein. Damit wird einerseits die Kontrolle verstärkt, andererseits die außerparteiliche Vernetzung extrem erschwert. Man will sozusagen unter sich bleiben. Ob das erfolgversprechend ist, bleibt zu bezweifeln.

    Die JA hat sich in den letzten Jahren einen gewissen Namen gemacht und ist vor allem in den Wahlkämpfen oft aktiv und engagiert eingebunden gewesen. Mancher meint, ohne die Arbeit der JA wird es schwer auf der Straße. Wird eine neue Jugendorganisation, der Name soll wohl „Patriotische Jugend“ lauten, da nahtlos anknüpfen können?

    Zuerst einmal ist der Beschluss ein Affront gegen die jetzige JA und ein Motivationskiller. Gerade auch viele freie Kräfte, also Nicht-Parteimitglieder, werden sich vielleicht resigniert abwenden, der aktive Beistand wird sinken. Björn Höcke erwähnte bereits im Compact-Interview, dass hier mehr Diskussion und Konsensualisierung vonnöten gewesen wäre, dem kann ich nur beipflichten. Nun geht man eben mit der Brechstange vor und es wird unweigerlich Schaden geben.

    Gerade in den letzten Jahren hatte sich die JA zusehends gemausert, ist freier, offener, dem etablierten System auch gefährlicher, geworden. Hat das in der AfD Angst und Abwehr hervorgerufen? 

    Garantiert war das so! Die JA war besonders engagiert in der Corona-Zeit, hatte in dieser Zeit sozusagen ihre zweite Geburt und war auf der Straße der Partei AfD oft um Längen voraus. Genau so muss Jugendarbeit funktionieren – schnell, laut, provokant, Akzente setzend – trotzdem friedlich. Dabei haben sich gute Leute herausgeschält, Anna Leisten aus Brandenburg ist hier ein leuchtendes Beispiel. Offensives Vorgehen war in großen Teilen der AfD aber schon immer unbeliebt, daher rührt auch der ewige Zwist zwischen den erfolgreichen, populistischen Ostverbänden und den eher zurückhaltenden Westverbänden und auch meine persönlichen Reibereien in der AfD sind darauf zurückzuführen. Für mich war besonders erfreulich zu sehen, dass sich die JA personell in der Art veränderte, dass weniger geschniegelte Partei-Kader, dafür aber mehr jugendliche Revoluzzer das Rennen machten. Diese positiven Entwicklungen dürften in einer neuen, gleichgeschalteten Jugendorganisation nun Geschichte sein.

    Hat seine rhetorische Wucht nicht verloren: Der ehemalige Landeschef der AfD Sachsen-Anhalt, André Poggenburg. Foto: Freie Sachsen Jogy

    Zum Schluss, Herr Poggenburg, was meinen Sie, wird nun aus der bisherigen JA?

    Natürlich wird ein Großteil der bisherigen JA-Mitglieder in der neuen Jugendorganisation der AfD aufgehen, andere könnten erstmal politisch heimatlos werden. Sollte die bisherige JA als parteiunabhängiger politischer Verein bestehen bleiben wollen, dürfte es wohl starke Abgrenzungsbestrebungen der AfD, bis hin zum Namensstreit und ggf. Unvereinbarkeitsbeschlüssen geben. Ich persönlich empfehle, das gewachsene Netzwerk „JA“ nicht einfach verwelken zu lassen, sondern sich mit anderen politischen Vorfeldorganisationen zu verbünden. Der „Aufbruch Deutschland“ wäre bspw. ein guter Anlaufpunkt.

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