Bismarck war von Anfang an skeptisch, was die kolonialen Erwerbungen des Deutschen Reiches anbelangt. Am Ende machte aber auch er seinen Frieden mit den Schutzgebieten – die dann von den Alliierten quasi annektiert wurden. Warum wir stolz auf unsere kolonialen Leistungen sein können, lesen Sie in unserer neuen Geschichtsausgabe „Deutsche Kolonien – Viel besser als ihr Ruf“. 

    _ von Dr. Gert Sudholt

    Teil 1 dieses Beitrags finden Sie hier, Teil 2 können Sie hier lesen.

    Bismarcks behutsame, abwägende Haltung, die eher zur Skepsis als zum Optimismus neigte, wird in der Südwestafrika-Frage ganz besonders deutlich. Bereits im Sommer 1882 hatte der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz den Plan gefasst, an der südwestafrikanischen Küste eine Handelsniederlassung ins Leben zu rufen. Nach vorbereitenden Schritten fragte er im November 1882 beim Auswärtigen Amt wegen Gewährung des Flaggenschutzes an.

    Großbritannien, dass bereits 1878 die Walfischbucht seiner Flagge unterstellt hatte, meldete jedoch Ansprüche auf das Hereroland, den Norden Südwestafrikas, an – gestützt auf die Tätigkeit englischer Staatsangehöriger in der britischen Kap-Provinz. Im Hereroland – oder Damaraland, wie es damals genannt wurde – waren jedoch seit den 1840er Jahren deutsche Missionare der Rheinischen Mission tätig.

    Adolf Lüderitz, Lothar von Trotha, Paul von Lettow-Vorbeck und andere deutsche Kolonial-Legenden. Eine Doppelseite aus unserer prachtvoll illustrierten Ausgabe „Deutsche Kolonien – Viel besser als ihr Ruf“, die Sie hier bestellen können. Foto: COMPACT

    Die beiderseitigen Ansprüche führten zu einem wenig ergiebigen diplomatischen Notenwechsel zwischen Berlin und London. Als jedoch, diesen Notenwechsel wieder aufgreifend, erneut in London wegen der britischen Besitzansprüche angefragt wurde, erhielt Berlin am 23. Februar 1883 lediglich eine ausweichende Antwort. Am 8. April 1883 richtete Adolf Lüderitz sein offizielles Gesuch um Schutzgewährung an das Auswärtige Amt. Darin hieß es wörtlich:

    „Wie ich dem hohen Amte in meiner Eingabe d. 21. März d. J .schon bemerkte ,werde ich seitens der Eng- und Kapländer auf alle mögliche Art und Weise schikaniert. Solange nicht offiziell bekannt gemacht wird, dass ich respektive mein afrikanischer Besitz unter dem Reichsschutz stehe.“

    Daraufhin ließ Bismarck eine Denkschrift zur südwestafrikanischen Frage ausarbeiten. Als der Sachbearbeiter dem Reichskanzler diese Denkschrift vorgelegt hatte und ihn fragte, „ob in der Sache nochmals in England nachgefragt werden solle“, antwortete der Reichskanzler kurz: „Jetzt wollen wir handeln.“

    Bismarcks Südwestafrika-Telegramm

    Die Entscheidung, dem Kaufmann Lüderitz den gewünschten Schutz zu gewähren, wird durch das berühmte Telegramm vom 24. April 1884 dokumentiert. Sein Inhalt lautete kurz und bestimmt:

    „Nach Mitteilung des Herrn Lüderitz zweifeln die Kolonialbehörden, ob seine Erwerbungen nördlich des Oranje-Flusses auf deutschen Schutz Anspruch haben. Sie wollen amtlich erklären, dass er und seine Niederlassungen unter dem Schutz des Reiches stehen, gez. von Bismarck.“

    Mit diesem bedeutsamen Schreiben an den deutschen Generalkonsul in Kapstadt vollzog sich der Eintritt Deutschlands in den Kreis der Kolonialmächte. Unter Berücksichtigung der vielschichtigen Probleme erscheint es doch sehr fragwürdig, ob das Deutsche Reich , durch das nach Kapstadt gerichtete Telegramm vom 24. April 1884, das Südwestafrika unter deutschen Schutz stellte, den ersten Schritt zu einer imperialen Macht unternahm und damit Konkurrent zu Großbritannien, Frankreich oder den USA wurde.

    Treue Soldaten: Askari aus Deutsch-Ostafrika. Postkarte, um 1918. Foto: Repro COMPACT

    Wer das nach Kapstadt gerichtete Telegramm sorgfältig liest, wird feststellen, dass von deutscher Seite von „Schutzgebieten“ ,nicht aber von Kolonien gesprochen wurde. Diese Bezeichnung wurde nicht nur auf Südwestafrika, sondern auch auf alle anderen überseeischen Besitzungen angewandt und hat ihre Bedeutung eigentlich erst nach 1895 für Südwestafrika gewonnen.

    Togo, Kamerun und Ostafrika werden deutsch

    Nach Südwestafrika wurde am 5. Juli 1884 der Schutzvertrag in Togo zwischen dem Vertreter des Deutschen Reiches, Dr. Gustav Nachtigal, und dem König von Togo abgeschlossen, neun Tage später, am 14. Juli 1884, wurde in Kamerun die deutsche Flagge gehisst, nachdem bereits seit 1861 die Firma C. Woermann mit Kamerun Handel getrieben und 1881 die erste deutsche Niederlassung in diesem Land gegründet hatte.

    Nachdem im November und Dezember 1884 Carl Peters in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Gesellschaft für deutsche Kolonisation private Verträge mit ostafrikanischen Häuptlingen geschlossen hatte, wurde am 27. Februar 1885 der kaiserliche Schutzbrief für Deutsch-Ostafrika ausgestellt.

    Zwei junge Südsee-Insulaner am Hafen. Foto: Verlagsanstalt für Farbenphotographie Weller & Lüttich, Berlin 1912

    Die deutsche Südsee

    Ebenso wie in den Jahren 1884/85 das Deutsche Reich auf afrikanischem Boden Fuß fasste, so wurde in diesem Zeitraum Zeitraum auch in der Südsee das Kaiser-Wilhelms-Land, der Bismarck-Archipel und die Neu-Guinea Companie erworben. Schließlich wurde über die Karolinen-Inselgruppe im Pazifik durch päpstlichen Schiedsspruch vom 20.Oktober 1885 zugunsten Deutschlands entschieden.

    Schon nach 1885 wurde Bismarck in der Frage weiterer Gebietserwerbungen noch zurückhaltender als bislang. Er war besorgt um die britische Zurückhaltung. als sich englische und russische Interessen an der Grenze Afghanistans trafen und hier erste Verständigungsbereitschaft deutlich wurde, war es Bismarck völlig klar, dass er zumindest einer der beiden Großmächte nicht auf die Füße treten dürfe. Daher die für viele überraschende negative Einstellung zum Erwerb weiterer Gebiete in Übersee.

    1889, im letzten Jahr der Bismarck’schen Kanzlerschaft, wurde durch das Samoa-Abkommen zwischen den USA, England und dem Deutschen Reich beschlossen, dass Berlin die Schutzherrschaft über die Inseln Sawaii und Upolo ausüben solle. Damit waren die überseeischen Erwerbungen im Zeitalter Bismarcks abgeschlossen.

    Das Ende der Kolonialherrschaft

    Die letzten Jahre der Kanzlerschaft Bismarcks waren darauf ausgerichtet, die überseeischen Erwerbungen zu sichern und gleichzeitig kolonialpolitische Zusammenstöße mit anderen europäischen Mächten zu vermeiden. In diesem Zusammenhang sei nur an die Kongo-Konferenz von 1885 und den Araber-Aufstand an der ostafrikanischen Küste erinnert, der gemeinsam mit England niedergeschlagen wurde.

    Am 26. Januar 1889, in seiner letzten kolonialpolitischen Rede vor dem Reichstag, fasste Bismarck trotz aller Erfolge seine Zurückhaltung in der Kolonialfrage in die Worte:

    „Ich habe Ihnen angedeutet, wie zögernd ich überhaupt an die Kolonialfrage herangegangen bin. Nachdem ich mich aber überzeugt habe, dass die Mehrheit meiner Landsleute – ich glaube es wenigstens, und jedenfalls darf ich es aus der Bewilligung, die hier im Reichstag stattgefunden hat, schließen: dass die Mehrheit des Reichstages den Versuch der Kolonialpolitik ohne sich für den Erfolg zu verbürgen, gut geheißen hat. So habe ich mich nicht für ermächtigt gehalten, meine früheren Bedenken aufrecht zu erhalten, die – ich erinnere mich sehr wohl – dahin gerichtet waren, dass wir unsere Flagge nirgends als Souverän etablieren sollten, sondern höchstens Kohlestationen errichten sollten.“

    Und weiter:

    „Das war meine Auffassung in früheren Jahren. Kurz und gut, ich war gegen Gründung deutscher Kolonien. Ich habe mich darin gefügt, und wenn ich mich in meiner Stellung dem Drängen der Mehrheit meiner Landsleute, der Mehrheit des Reichstages füge, so glaube ich, könnte der Herr Bamberger das auch tun… Die Motive haben sehr unterschieden zwischen den materiellen Interessen der Gesellschaft und den nationalen Pflichten, die Deutschland übernommen hat, nachdem es in Afrika überhaupt einen Besitz ergriffen hat, die nationalen Pflichten, teilzunehmen an der Zivilisierung und Christianisierung dieses weit ausgedehnten, in seinem Inneren noch immer unerforschten Weltteils.“

    Abschließend ist zu erwähnen, dass sich das Deutsche Reich trotz wachsender Macht, industrieller Entwicklung, einer Bevölkerungszunahme, die durchaus geeignet war, Schritte zur weiteren Expansion zu unternehmen, vom Jahre 1890 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914, sich bei der „endgültigen Aufteilung der Welt“ nur verhältnismäßig wenig engagierte.

    Während sich zur dieser Zeit Frankreich und England vor allem in Afrika große Landstriche garantieren ließen oder erwarben, erstreckte sich der deutsche Ausgriff in der Blütezeit des Imperialismus auf den Caprivi-Zipfel im südwestlichen Afrika , ein paar kleine Südsee-Inseln und einen Flottenstützpunkt in China. Mehr weiße Flecken hatte der Globus nicht mehr zu bieten.

    Er liebte die deutschen Kolonien: Kaiser Wilhelm II. auf einem Postkartenmotiv, 1915. Foto: Repro COMPACT

    Im Gegensatz zu anderen Kolonialmächten verfügte Deutschland über kein zusammenhängendes Kolonialreich, sondern lediglich über überseeischen Streubesitz. Dieser war bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges nicht zu verteidigen, als Deutschlands Gegner unter dem Bruch der von Bismarck ausgehandelten Kongo-Akte den europäischen Krieg in die Kolonien trugen und damit den Untergang aller europäischen Kolonialreiche einsetzten.

    Die Epoche deutscher Kolonialherrschaft dauerte von 1884 bis 1918.Die einstigen Schutzgebiete wurden entweder den Siegermächten von Versailles direkt zugeschlagen oder wie Südwestafrika als C-Mandate der Südafrikanischen Union zur Verwaltung übergeben. Bei der Entkolonialisierung insbesondere Afrikas spielte Deutschland keine Rolle mehr.

    Alles Wissenswerte über unsere früheren Schutzgebiete lesen Sie in dem opulent illustrierten Prachtband „Deutsche Kolonien – Viel besser als ihr Ruf“. Lassen Sie sich nicht von antideutschen Historikern und Massenmedien in die Irre führen. Hier bestellen.

    5 Kommentare

    1. Dan Warszawsky am

      Schon zur Zeit der "Römischen Expansion" haben die Germanen die Aufgabe bekommen, anderen in der Eroberung neuer Kolonien und später in der Verwaltung und Ausbeutung zu helfen. So tat es auch der "englische Sohn", Willhelm II. Kaiser des Privatstaates der Hohenzoller, aber nicht der Völker Germaniens oder HRRs.

      Als etwa 1710 die heiligrömische Aristokratie das Britische Reich mitsammt Kolonien übernahm, hat sich die Machtzentrale nach London verschoben. Das Land der Altvorderen und die Ureinwohner war denen unwichtig. Die große Profite waren über den Seehandel zu machen, sowie mit Sklavenplantagen. Selbst die Bänker des HRRs wanderten scharenweise nach Großbritannien und Amerika aus, finanzierten später den Untergang HRRs und des "Deutschen Reiches" von dortaus.

      Empfehlenswerte Literatur: Anthony Sutton. "Wall Street und der Aufstieg Hitlers".

    2. Inzwischen haben sie schon seit längerem Lebensraum im All gesucht (die ehemaligen Antarktis-Deutschen mit der "dunklen Flotte", siehe bei Michael Salla).

      Haben aber die falschen Partner dazu ("Orion-Allianz", Draco + Greys etc, ist die böse Seite der Macht :( ).

    3. Ja der Größenwahn, der ist schon bei Deutschland in den Genen.
      Die alten Galloschen aber sind gar nichts, im Vergleich zu dem Konstrukt „neues Europa“ denn damit fing der Untergang an!

      Der Globalismus gepaart mit Idiotologie, er sitzt tief bei manchen sogenannten Politikern.
      Sie können davon gar nicht genug bekommen und Demokratie brauchen sie nicht, es regiert der Größenwahn.

      Migration Zuwanderung, Klimawahn und die Erneuerbaren, Waffen für Kriege, immer der selbe Scheiss, der Größenwahn einiger Vollidioten!

      • Wer mal echten damaligen Größenwahn sehen will kann sich ja mal das Pentagon angucken.

        Ein fast 500m! durchmessendes Kriegsministerium.

        Baubeginn 9/11 1941.

      • Professor_zh am

        Der Größenwahn spricht Polnisch! – So eine Weisheit unter Geschichtshistorikern, die auch Professor_zh teilt…