Auch in Italien gibt es wegen Corona drastische Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Im Parlament hat ein konservativer Abgeordneter nun mit Nachdruck gegen die Shutdown-Politik der Linksregierung in Rom protestiert.
Der Zick-Zack-Kurs von Lega-Chef Matteo Salvini in Sachen Corona hat seiner Partei deutliche Verluste in den Umfragen beschert. Nach dem von der Regierung aus Sozialdemokraten und 5-Sterne-Bewegung beschlossenen Shutdown forderte der Lombarde sogar noch schärfere Maßnahmen, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Offenbar war der sonst so selbstbewusste Populist in Panik geraten und meinte, wie in der Asyl- und Zuwanderungsfrage auch bei Corona besonders hart agieren zu müssen. Zu Ostern ruderte Salvini wieder etwas zurück und sprach sich für leichte Lockerungen wegen der Gottesdienste aus, doch auf einen Maßnahmenplan für ein Wiederhochfahren der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens wartet man bei der Lega vergebens. Dabei stützt sich die Partei auf das Milieu der kleinen und mittelständischen Unternehmer und setzt sich wirtschaftspolitisch sonst sehr stark für deren Interessen ein.
Dafür hat sich mit Vittorio Sgarbi nun ein früheres Mitglied der Berlusconi-Regierung und Politiker der konservativen Partei Forza Italia zu Wort gemeldet – und mit einer regelrechten Wutrede vor dem Senat einen Kurswechsel bei Corona gefordert. Sgarbi, der auch Bürgermeister der Gemeinde Salemi auf Sizilien ist, sprach sich dabei nicht nur für eine Lockerung der derzeitigen Maßnahmen aus, sondern übte auch deutliche Kritik an den seiner Meinung nach verfälschten Zahlen bei den Corona-Toten. Statt auseinanderzuhalten, wie viele der zumeist sehr alten Menschen in Italien tatsächlich an Covid-19 gestorben seien und wie viele mit dem Virus, aber an einer anderen Todesursache, würde man nicht differenzieren, sondern alle Verstorbenen als Corona-Tote zählen. Laut offiziellen Angaben sind in Italien bis zum 28. April insgesamt 201.505 Menschen mit dem Coronavirus, die Zahl der Toten wird auf 27.359 beziffert.
In seiner Rede kritisierte Sgarbi „Ärzte und Wissenschaftler, die labile Empfehlungen an die Regierung weitergeben, ohne dass sie wissen, was zu tun ist, und es vorziehen, alle Italiener eingesperrt zu Hause zu lassen“. Der Senator, der in Italien auch als Kunstkritiker, Essayist, Buchautor und TV-Moderator bekannt ist, vermisst eine klare Koordination in der Krise. Es fehle jemand, der „Italien aus der Sackgasse führt und grundlegende Schritte aufzeigt, um das Land neu zu starten“, so der frühere Kulturstaatssekretär der Regierung Berlusconi.
Tatsächlich erscheint die Berechnung der Todeszahlen in dem südeuropäischen Land fragwürdig. Zeitweise sollen dort bis zu 800 Menschen pro Tag an Covid-19 verstorben sein. Allerdings musste das italienische Gesundheitsministerium einräumen, dass nur bei zwölf Prozent der verstorbenen Infizierten das Coronavirus ursächlich oder mitursächlich für den Tod war. Das bedeutet also, dass bei 88 Prozent der Verstorbenen das Virus gar keine Rolle beim Tod spielte. In der offiziellen Zählung wird hier nicht differenziert – alle Verstorbenen werden als Corona-Tote ausgewiesen.
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Bereits im März hatte Sgarbi dagegen protestiert, dass die Polizei vor vielen Kirchen des Landes positioniert worden sei, um Gläubige davon abzuhalten, in den Gotteshäusern zu beten. Der konservative Politiker sprach in diesem Zusammenhang von einer „Religionspolizei“, die Menschen bei der Ausübung ihres Glaubens behindere, wozu konstitutiv auch die Sonntagsmesse gehöre. „Die von der Regierung festgelegte Aussetzung der religiösen Zeremonien ist verfassungswidrig und wie viele andere Maßnahmen sinnwidrig. Sie diskriminiert Italien in Europa im Vergleich zu anderen Staaten nicht durch rote oder gelbe Zonen, sondern durch die Suspendierung des religiösen Gefühls“, so der Forza-Italia-Politiker. Selbst der Papst habe dies als „unmenschliche Situation“ bezeichnet.