Die Triumphe der AfD in Sachsen und Thüringen zeigen, dass Deutschland noch nicht verloren ist. Und den Wahlergebnissen zum Trotz gibt es auch im Westen neue Ressourcen für eine friedliche Revolution. Ein Auszug aus COMPACT 11/2021 mit dem Strategie-Dossier «Auswandern? Wir bleiben!». Hier mehr erfahren.

    Im Kopp-Verlag ist vor wenigen Wochen das Buch Richtig auswandern und besser leben erschienen. Seit der Bundestagswahl hat sich der Titel zu einem der bestverkauften Titel entwickelt – auch im COMPACT-Shop. Ein Indikator für die Stimmung im Land: Viele Leute sehen keine Hoffnung mehr und wollen in die Fremde ziehen. Oliver Janich gibt mit seinem Artikel «Warum ich ausgewandert bin» die Kassandra, auf die sich die Verzweifelten berufen.

    Die Sammlung im Osten ist nur taktisch richtig, aber nicht strategisch.

    Ein falscher Weg meiner Meinung nach – denn die Wahlergebnisse im Osten zeigen, dass das Volk noch Kraft hat: In Sachsen und Thüringen wurde die AfD stärkste Partei, in Thüringen sogar mit Zugewinnen in absoluten Zahlen. Björn Höcke ist der Wahlsieger der Blauen, er ist der Hoffnungsträger!

    Da kommt der Vorschlag von Martin Sellner gerade recht: Sammlung der patriotischen Kräfte östlich der Elbe, Aufbau von Projekten der Jugend- und Kulturarbeit, Erringung parlamentarischer Mehrheiten.

    Und doch erscheint mir sein Ansatz zu zaghaft. Anders gesagt: Er ist taktisch korrekt, aber nicht strategisch. Der Osten kann nur Sprungbrett sein. Eine friedliche Revolution, die das ganze Land umkrempelt, bleibt das Ziel – und die Chancen dafür haben sich seit 2020 sogar verbessert.

    Das Elend der Metapolitik

    Zunächst liegt Sellner richtig, wenn er dem sogenannten Parlamentspatriotismus eine Absage erteilt. Keine echte Oppositionskraft findet unter den Altparteien einen Koalitionspartner. Wo es versucht wurde, wie bei der FPÖ zuerst unter Jörg Haider und dann unter H. C. Strache, endete es in der Selbstzerstörung. Und eine Alleinregierung mit 51 Prozent der Stimmen ist utopisch.

    Aber Sellners Gegenvorschlag eines Rückzugs der Patrioten auf den Osten atmet den Geist des Pessimismus. Begründet wird diese Strategie mit stagnierenden Wahlergebnissen der AfD im Westen, die im Zuge der «demografischen Wende» noch weiter abnehmen, jedenfalls nicht im erforderlichen Maße wachsen würden.

    Klar: Je mehr Moslems das Wahlrecht erhalten, desto stärker werden sie die Zusammensetzung der Parlamente bestimmen. Doch Sellner hat sich in Stimmzettel- und Zuwanderungsarithmetik verheddert: Die Geschichte aller Revolutionen zeigt, dass sie in kürzester Zeit Minderheiten in Mehrheiten verwandeln können und auch solche Menschen mitreißen, die zuvor in ihrem Denken und Fühlen treue Anhänger des herrschenden Regimes waren.

    Sellner jedoch setzt nicht (mehr?) auf Revolution, sondern hat sich der sogenannten Metapolitik verschrieben. Sie erfreut sich, als vermeintliches Gegenkonzept zum angepassten Parlamentspatriotismus, größter Beliebtheit gerade bei den Klugen und Mutigen unter den Neuen Rechten und wurde von Götz Kubitscheks Institut für Staatspolitik populär gemacht.

    Ich habe nie viel davon gehalten, denn ich kenne die Mogelpackung aus meiner linken Vergangenheit. Schon damals hat sie die besten Kräfte auf einen Holzweg gelockt. Bei den Linken hatte man nur ein anderes Etikett dafür: Man sprach wie Johannes Agnoli von Antipolitik, wie die Haschrebellen von Subversion oder in Verballhornung von Mao von Kulturrevolution.

    Antonio Gramsci. Foto: CC0, Wikimedia Commons

    Egal wie man das Kind nennt oder ob es ein linkes oder rechtes Lätzchen trägt, sein Stammvater wird von allen anerkannt: Es ist der italienische Kommunist Antonio Gramsci (1891–1937). Er grübelte in den Gefängnissen unter Mussolini darüber nach, warum das Beispiel der Oktoberrevolution im Westen nicht Schule gemacht hatte.

    Er fand des Rätsels Lösung in der Zivilgesellschaft, die es in halbfeudalen Staaten wie dem Zarenreich nicht gab, wohl aber im entwickelten Kapitalismus. Deswegen genüge, so Gramsci, in Despotien ein Sturmangriff auf die Zentralen staatlicher Macht, wie ihn Lenin durch die erfolgreiche Besetzung des Winterpalais vorexerziert hatte. Aber in Ländern wie Italien, Frankreich und Deutschland sei das nicht möglich, da müsse man zuerst die «kulturelle Hegemonie» erobern.

    Das lieferte das Stichwort für den «langen Marsch durch die Institutionen» (Rudi Dutschke), den die 68er nach dem Scheitern ihrer Frontalattacke begonnen hatten: Die bunte Republik mit Multikulti und Genderwahn, die wir heute haben, ist das Resultat der gramscianischen Strategie der Neuen Linken.

    Die Metapolitik will nun dieses linke Erfolgsrezept für die Rechten kopieren: Roten und Grünen soll die «kulturelle Hegemonie» entwunden werden, indem man seine eigenen Begriffe und Weltbilder in Umlauf bringt und über spektakuläre Aktionen, aber auch durch Bildungsangebote, Schulung, Musik und Bücher verbreitet.

    Alle diese Aktivitäten sind selbstverständlich nützlich, keine Frage. Nur: Zu einer Hegemonie der eigenen Inhalte werden sie nicht führen. Auch die 68er haben dies nicht durch fleißige Kulturarbeit geschafft, sondern nur, weil sie mächtigen Rückenwind durch die Eliten hatten. Die Bekämpfung von Nationalstaat, Kirche und Familie, das feministisch kostümierte Abdrängen der Frauen in die Lohnarbeit, schließlich die Propagierung von Homo- und Transsexualität nützen dem Großen Geld, weil so alle schützenden Formen von Gemeinschaftlichkeit zerstört und die atomisierten Einzelnen schutzlos den Kapitalgewalten ausgeliefert werden.

    Die 68er hielten die Dekonstruktion traditioneller Lebensformen für die späte Erfüllung ihrer anarchistischen Jugendträume, was ihnen dadurch versüßt wurde, dass sie als Trendsetter in die gesellschaftliche Elite aufstiegen und satt profitierten. Alle linken Ziele hingegen, die nicht zur postmodernen Umwälzung passten und die Globalisten gestört hätten, mussten die Genossen preisgeben, vor allem der Einsatz für die Arbeiter («Klassenkampf») und gegen den Krieg («Antimilitarismus»).

    Revolution früher

    Mit anderen Worten: Die zentrale Annahme der Metapolitik, man könne im Stile Gramscis durch eigene Kulturangebote und die Unterwanderung bestehender Institutionen die Hegemonie und dann auch die Macht in einer Gesellschaft erlangen, ist falsch. Das gelang der Linken nur… Ende des Textauszugs.

    Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der November-Ausgabe von COMPACT mit dem Titelthema «#Ungeimpft. Wie die Spritze die Gesellschaft spaltet». Darin finden Sie auch folgende weitere Debatten-Beiträge unseres Strategie-Dossiers «Auswandern? Wir bleiben!»:

    ▪️ Sammlung im Osten – Wo man noch Mehrheiten erringen kann: Die Wahlergebnisse der AfD stagnieren – und die Masseneinwanderung macht die Deutschen zur Minderheit im eigenen Land. Wir brauchen einen Plan B. Ein Strategiebeitrag von Martin Sellner.

    ▪️ «Höcke zeigt, wie man gewinnt» – Martin Sellner und Christoph Berndt im Gespräch: Kann nur der Osten Heimat- und Traditionsbewussten noch eine Fluchtburg sein, weil das übrige Deutschland verloren ist? Oder hat die AfD noch eine Chance, wenn sie Björn Höcke folgt? Jürgen Elsässer diskutiert mit dem Chef der Brandenburger AfD-Fraktion und dem Vordenker der Identitären.

    ▪️ Warum ich ausgewandert bin – Was Oliver Janich in die Ferne trieb: Unser Autor ist nach Michael Wendler vermutlich der bekannteste deutsche Exilant und lebt auf den Philippinen. In diesem Text erklärt er, dass ihn nicht nur die Politik der Regierenden in die Ferne getrieben hat.

    Das komplette Inhaltsverzeichnis und die Möglichkeit zur Bestellung finden Sie hier.

    Kommentare sind deaktiviert.