Gelbe Warnfarbe, alarmierende Meldungen, Schock-Nachrichten im Live-Ticker: Seit Beginn der Corona-Krise ist die Bild-Zeitung im Panik-Modus. Jetzt hat ausgerechnet Mathias Döpfner, der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE – zu der unter anderem die Welt und die Bild gehören – Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Bundesregierung im Umgang mit der Pandemie angemeldet. Der Spitzen-Manager macht sich Sorgen darüber, wie Lockdowns und Notstandsgesetze unsere Gesellschaft dauerhaft verändern werden. Sein Plädoyer: Möglichst schnell zurück zur Normalität!
In einem Artikel in der Welt schildert Döpfner in offenen Worten seine Unsicherheit darüber, was eigentlich gefährlicher ist: das Virus oder die sozialen, ökonomischen und demokratischen Probleme, die sich aus seiner Bekämpfung ergeben – „Rezession, Massenarbeitslosigkeit, Enteignungen, vielleicht Schlimmeres“.
Der 57-Jährige, der als Asthmatiker selbst zur Risikogruppe gehört, stellt zunächst fest, dass wir bisher kaum etwas über Corona wissen. Die Bundesregierung handle auf Grundlage der Meinung von Experten, die niemand gewählt habe und die sich darüber hinaus auch noch zu völlig unterschiedliche Lagebeurteilungen kämen.
„Als der Chef des Robert-Koch-Instituts sagte, die massiven Einschränkungen im Alltag könnten zwei Jahre dauern, habe ich das Vertrauen verloren“, so Döpfner. „Jeder Schüler weiß, dass die Weltwirtschaft und unsere Gesellschaft einen solchen Stillstand nicht einmal wenige Monate verkraften können. Wer so etwas denkt und sagt, darf nicht der wichtigste Kompass der Regierung sein.“
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Der Manager gibt zu, selbst unsicher zu sein, wie gefährlich das Virus tatsächlich ist: Würde es denn nicht reichen, alte und vorerkrankte Menschen zu isolieren, die Wirtschaft aber so gut es geht aufrechtzuerhalten? Wie hoch ist die Mortalität tatsächlich? Und bliebe uns Corona am Ende vielleicht nur als schwere Grippewelle in Erinnerung, wenn der Virus nicht entdeckt worden wäre? Angesichts solcher drängenden Fragen ärgere sich der Springer-Chef über Politiker, die sich „in einem Entschlossenheitswettkampf zu überbieten versuchen“.
Weiter schreibt er:
Hinter vorgehaltener Hand sprechen manche anders. Aber so könne man in der derzeitigen Stimmung öffentlich nicht argumentieren, heißt es. Das alles macht mir Angst, weil es nicht vom Ende her gedacht scheint.
Zu recht fürchtet sich Döpfner vor den fatalen Folgen für unsere Wirtschaft, unsere Arbeitsplätze und unsere Freiheitsrechte – besonders, wenn das autoritäre China mit seinem Überwachungsstaat und „Social Scoring“ plötzlich als Vorbild in Sachen Seuchenbekämpfung gilt. „Ich fürchte, wir begehen demokratischen Selbstmord aus Angst vor dem Sterben“, mahnt er.
Droht also eine Corona-Diktatur? Im Krieg gegen das Virus scheinen die Prinzipien von Demokratie und Meinungsfreiheit tatsächlich plötzlich nichts mehr wert zu sein: Erst diese hatte Woche der Verfassungsschutz angekündigt, den russischen Sender RT Deutsch unter die Lupe zu nehmen – wegen dessen skeptischer Berichterstattung über die Pandemie. Zudem hatte Innenstaatssekretär Markus Kerber am Dienstag gegenüber dem Handelsblatt angekündigt, es werde angesichts der Corona-Pandemie „weitere Eingriffe des Staates“ in die sozialen Netzwerke geben, um tatsächliche oder vermeintliche Fake News zu bekämpfen.
Soviel zu Döpfers Zweifeln, die er überraschend offen und ehrlich artikuliert. Auf der anderen Seite nennt er in seinem Artikel aber auch die täglich steigenden Fallzahlen, die Bilder aus Italien, Tote auf Lastwagen, überforderte Krematorien. Meldungen, die nicht nur viele Deutsche, sondern auch den Skeptiker selbst verunsichern. Obwohl Döpfner kritische Fragen hat, begrüßt er das radikale Handeln der Bundesregierung letztlich doch gemäß der Devise „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ – warnt allerdings gleichzeitig, auch ihr rechtzeitiges Ende im Blick zu haben. Ein längerfristiger Stillstand nämlich sei für Deutschland weder politisch, noch wirtschaftlich oder sozial zu verkraften. „Die Fantasie, dass wir die Pausetaste drücken, bis das Virus verschwunden ist, ist naiv und gefährlich.“ Bald müsse daher zumindest für diejenigen, die nicht zur Risikogruppe gehören, wieder gelten: „raus aus dem wirtschaftlichen Winterschlaf, zurück in den Alltag“. Man solle Sicherheit nicht gegen Freiheit tauschen.
Damit findet ein deutscher Medienzar wichtige Worte angesichts der katastrophalen Folgen für unsere Wirtschaft und Arbeitsplätze sowie der drohenden Gefahr einer Corona-Diktatur. Allerdings haben Döpfners Zeitungen – allen voran das Boulevardblatt Bild – mit ihrem alarmierenden Tonfall bisher einen guten Anteil zu Lockdown und Ausnahmezustand beigetragen… Ob sich das nun ändern wird?