Die Weltwirtschaft und Millionen von Existenzen werden gerade mit Karacho gegen die Wand gefahren, und für viele ist dieser Wahnsinn nur noch mit Humor zu ertragen. Doch der ist suspendiert. April-Scherze sind hierzulande nicht erwünscht, in einigen Ländern verboten, und es drohen gar Gefängnisstrafen.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht? Von wegen: Der Google-Konzern, der sich bislang traditionell mit April-Scherzen als lockeres Unternehmen präsentierte, will diese erstmals auslagern – „aus Respekt vor all jenen, die gegen die Covid-19-Pandemie kämpfen“, wie Marketing-Chefin Lorraine Twohill gegenüber US-Medien begründet. „Dabei war ,Wir zahlen Steuern‘ schon fertig getextet“, amüsiert sich Oliver Welke in der „heute show“ (ZDF).
Unterdessen droht Thailand per Gesetz mit bis zu fünf Jahren, Taiwan mit bis zu drei Knast, wenn man zum 1. April etwa behauptet, an Covid-19 erkrankt zu sein. Die Begründung: Auf der ganzen Welt litten die Menschen, und da sei es nicht opportun zu scherzen.
In der Diktatur Turkmenistan kommt es erst gar nicht dazu: Dort nämlich ist nicht nur der Humor suspendiert, sondern Corona gleich selbst: keine Infizierten, keine Toten. So zumindest die offizielle Lesart. Das Land in Zentralasien hat sowohl das Virus als auch Covid-19 aus seinem Vokabular gestrichen, wie „Reporter ohne Grenzen“ aus der Hauptstadt Aşgabat berichten. Selbst wer das Wort „Pandemie“ in Privatgesprächen führe, könne von Polizisten in Zivil festgenommen werden, kritisiert Jeanne Cavelier, Leiterin des Osteuropa- und Zentralasien-Referats von Reporter sans Frontières (RSF). Turkmenische Behörden würden mit dem Verbot ihrem Ruf alle Ehre machen, denn diese Verweigerung von Informationen gefährde die Bürger, sei systematische Menschenrechtsverletzung. Blaupause für Deutschland?
Nicht ganz, denn noch werden Scherze über Corona hierzulande nicht sanktioniert, wenngleich davor gewarnt: So bittet das Bundesgesundheitsministerium (BGM) zwecks Prävention von Falschinformation auf Twitter unter dem Motto „Corona ist kein Scherz“, auf „erfundene Geschichten zur Coronavirus-Thematik zu verzichten“. Dabei ist das offensive Lügen – ansonsten verboten – einmal im Jahr erlaubt. Von jeher schicken Menschen einander mit mehr oder weniger lustigen Falschmeldungen und Täuschungen in den April, wobei die Schadenfreude im Vordergrund steht. Außerdem werden in der Regel April-Scherze vom „Lügner“ selbst aufgelöst: mit „April, April“. Doch in Zeiten von Political Correctness hat neben der Wahrheit auch der Schabernack abgedankt.
April-Scherz – oder nicht? Die Kanzlerin warnt vor Maskenzwang, da er zu Sorglosigkeit beim Abstandhalten zwischen den Menschen führen könne. Jeder wisse, dass eine Maske nach einer halben Stunde so durchfeuchtet sei, dass sie selbst zur Virenschleuder werde. April-Scherz – oder nicht? Es gibt inzwischen massenhaft Schutzkleidung und Masken. April-Scherz – oder nicht? Raten Sie, wer nach Überzeugung einer katholischen Diözese zur besonders schützenswerten Risikogruppe zählt. Alte? Krebs-Patienten? Asthmatiker – oder minderjährige Männer mit Vollbart aus fernen Ländern, die in den Genuss der Unterbringung in Feriendörfern im Allgäu kommen? April-Scherz – oder nicht? Die Grenzen sind dicht, auch für Asylbegehrer. April-Scherz – oder nicht? Armin Laschet behauptet, die Masken seien viel zu kompliziert aufzusetzen, die Bevölkerung würde überfordert, großflächige Schulung vonnöten. April-Scherz – oder nicht? Unternehmen und Selbständige kämpfen ums Überleben, und SPD und Linke wollen ihnen Sonderabgaben abpressen; schließlich wollen sich die Parteien ab Juli eine Diäten-Erhöhung um 2,6 Prozent genehmigen…
Verzicht auf Humor ist Hypermoralisierung
Da staunt man, dass es in diesen Zeiten tatsächlich Wissenschaftler gibt, die gegen den Mainstream bürsten und Lachen geradezu in Krisen empfehlen. Denn in diesen Zeiten, da eine skurrile Maßnahme der nächsten Konkurrenz macht, die man noch vor kurzem als „Scherz“, „Fake News“ oder „Verschwörung“ abgetan hätte, die Veränderungen des Alltags so dramatisch daherkommen, ist Humor – auch wenn er zuweilen irreführend ist – nahezu lebensrettend. Und mitnichten pietät- oder geschmacklos, zumal zum 1. April mit absonderlichen Scherzen zu rechnen ist. Da ist zuweilen gar Verstand gefragt, um ihnen nicht auf den Leim zu gehen…
Denn „nie war der Aprilscherz aktueller als heute“, sagt Gunther Hirschfelder, Professor für Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg, gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Verzicht darauf sei „Hypermoralisierung“. Gerade in Krisen sei Humor ein wirksames Medikament – und nicht einmal verschreibungspflichtig (zumal es gegen Corona noch keines gibt). Andere in den April zu schicken und zu testen, was Mitmenschen bereit sind zu glauben, sei eine gute Strategie zur Bewältigung der Krise. Schließlich habe diese Tradition Jahrhunderte mit zahllosen Krisen und Kriegen überlebt.
Es habe aber ohnehin eine Veränderung der Scherzkultur stattgefunden: Diese sei an die Medien delegiert, die die Gesellschaft rund um die Uhr mit „platter Comedy und zotigen Witzchen“ überfüttern, wobei sich die professionellen Comedians allerdings bei der Corona-Krise sehr zurückhaltend verhielten. Anders in den Sozialen Netzwerken: Dort finde eine „humorvolle Auseinandersetzung mit der Krankheit“ statt. Die Corona-Krise aber „lässt das Lachen im Hals stecken bleiben“. Gerade deshalb seien April-Scherze angesagt, so Hirschfelder.
Eine kleine Exkursion in die Historie des April-Scherzes:
Er ist vor allem in christlichen Ländern und in Indien verbreitet; im Judentum und Islam ist er unbekannt. Wissenschaftlich gesichert ist, dass die Redensart „in den April schicken“ erstmals 1618 in Bayern auftauchte.
Allerdings ziehen Volkskundler mehrere mögliche Ursprünge für die Tradition, die den oft launischen April einleitet, in Betracht: So sollen die Römer am 1. April zu Ehren der Liebesgöttin Venus bacchantische Feste gefeiert haben – derbe Scherze inklusive.
Auch das Herumschicken Jesu nach seiner Verhaftung „von Pontius zu Pilatus“ soll am 1. April stattgefunden haben.
Der Tag habe frühen Christen auch als Geburtstag des Judas gegolten, so der Theologe und Brauchtumsforscher Manfred Becker-Huberti.
Es gebe zudem Hinweise auf germanisches Frühjahrsbrauchtum: Für unsere Urväter habe der in den April geschickte Narr den machtlosen Winter verkörpert, der geneckt wurde, damit er sich möglichst schnell verzieht.
Als besonders plausibel gilt die Theorie, der 1. April gehe auf das Pech von Spekulanten im Jahr 1530 zurück, als Kaiser Karl V. (1500 – 1558) auf dem Reichstag zu Augsburg aufgrund einer Finanzkrise das Münzwesen neu regeln wollte. Woraufhin viele Glücksspieler ihr Erspartes investierten, es aber samt und sonders verloren, als der Münztag nicht wie geplant am 1. April stattfand: Sie wurden als Narren verlacht.
Eine weitere Variante ist laut Hirschfelder eine Kalenderreform in Frankreich Mitte des 16. Jahrhunderts: Karl IX. von Frankreich (1550 – 1574) verlegte demnach im Jahr 1564 den Jahreswechsel vom 1. April auf den 1. Januar, womit er nicht nur die Tradition aushebelte, am 1. April Geschenke zu verteilen, sondern auch diejenigen narrte, die aus Unwissen weiterhin am 1. April Neujahr feierten.
Kein April-Scherz: Die Kanzlerin hat angekündigt, dass sich bis zu 70 Prozent der Bevölkerung mit dem Coronavirus anstecken würden. Unterdessen braut sich im Schatten der Corona-Krise ein Migrationssturm an der EU-Außengrenze zur Türkei zusammen. Machthaber Erdogan will Hunderttausende mobilisieren, um Europa gefügig zu machen – und die CDU wackelt schon wieder bedenklich. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bundesrepublik wegen des Virus‘ geschwächt ist – weniger medizinisch als politisch: Deutschland wird abgeschaltet, die Wirtschaft fällt ins Koma. Und die Bürger in Panik… Lesen Sie unbedingt die neue Ausgabe von COMPACT. HIER erhältlich.