Für nonkonforme Musikgruppen wird es wegen in Deutschland immer schwerer, Konzerte zu spielen. Jetzt hat es die polnische Black-Metal-Band Mgła erwischt. Nachdem vor wenigen Tagen ihr Gig in München nach Antifa-Drohungen gecancelt wurde, sagte das Berliner Columbia-Theater heute ihren Auftritt kurzerhand ab.
Viele Fans befanden sich schon auf der Anreise, als der Veranstalter Triple Six Concerts heute gegen 14 Uhr auf Facebook mitteilte, dass der Auftritt von Mgła in Berlin leider ausfällt. Die polnische Black-Metal-Band, die sich in der Szene großer Beliebtheit erfreut, sollte am Abend im Columbia-Theater auftreten. Als Support-Acts standen Revenge und Deus Mortem auf dem Lineup.
Eine Begründung für die Absage folgte wenig später: Es hatte seitens der Antifa eine Kampagne gegen das Konzert gegeben. „Wir wurden erst Vorgestern über die Vorwürfe informiert. Bis heute hieß es, das Konzert würde stattfinden. Schlussendlich hat uns das Columbia-Theater informiert, dass dies nun doch nicht der Fall ist und das Konzert abgesagt wird. Wir haben keinen Einfluss darauf und stehen dazu, dass keine der hier involvierten Bands und Personen so sind, wie sie dargestellt werden“, so der Konzertveranstalter, der mitteilte, dass die vorgesehene Location erst heute um 13 Uhr entschieden habe, die Türen für Mgła, Revenge und Deus Mortem zu schließen.
Schon wenige Tage zuvor war ein weiteres Konzert der Bands verhindert worden. Am 1. Mai hätte das polnische Black-Metal-Package eigentlich im Münchner Club Backstage auftreten sollen. Ein sogenanntes Bündnis gegen Antisemitismus München hatte jedoch einen Offenen Brief an das Backstage gerichtet, in dem es den Club dazu aufforderte, die Musikgruppen nicht auftreten zu lassen.
Als Begründung nannte die selbsternannten Antifaschisten – das Bündnis besteht aus der Grünen Jugend, der Linksjugend Solid, den SPD-nahen Falken, der Emanzipatorische Linken und dem Antifaschismus-Referat der Münchner Uni – die angebliche rechtsextremistische Vergangenheit des Deus-Mortem-Musikers Pawel Pietrzak, der bei einer Rechtsrock-Band gespielt haben soll, sowie die „gute Vernetzung“ des Headliners Mgła mit der NSBM-Szene.
NSBM steht für National Socialist Black Metal. Es gibt in dem Genre tatsächlich Bands, die sich offen zu nationalsozialistischem Gedankengut bekennen, aber von der Antifa werden dazu auch Gruppen gerechnet, auf die dies überhaupt nicht zutrifft. Im Falle von Mgła wird den polnischen Musikern noch nicht einmal unterstellt, dass sie NSBM sind, es wird nur nebulös auf vermeintliche Kontakte verwiesen. Politische Texte gibt es von Mgła überhaupt nicht.
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Die Beispiele München und Berlin könnten Schule machen. Vor wenigen Monaten musste die norwegische Black-Metal-Band Taake ihre US-Tour canceln, nachdem radikale Antifa-Gruppen gewaltsame Aktionen gegen Veranstaltungsorte angekündigt hatten. Es fing mit einer Absage an, dann zog die Sache weitere Kreise. Auch Taake haben keine politischen Texte und stehen schon gar nicht NS-Gedankengut nahe. Sänger Ørjan Stedjeberg, Künstlername „Hoest“, hat sich jedoch mit Bekenntnissen zur nationalen Identität und islamkritischen Äußerungen bei den Linken unbeliebt gemacht. Auch in Deutschland gab es schon versuche, Taake-Auftritte zu verhindern – und ebenso Konzerte der schwedischen Band Marduk, denen die Antifa vorwirft, „rechtsoffen“ zu sein, also bei ihren Fans keine Gesinnungsprüfung durchzuführen.
In zwei Tagen sollen Mgła, Revenge und Deus Mortem im Club Seilerstraße in Zwickau auftreten. Auch hier versucht die Antifa bereits, die Inhaber unter Druck zu setzen, wie aus Szenekreisen zu hören ist. Die Fans sind sich allerdings sicher, dass Zwickau stabil bleiben wird. In Sachsen gehen die Uhren halt anders.
Der „Krieg gegen Rechts“ – so das Titelthema von COMPACT 5/2019 – hat die Musikszene erreicht. Im Zusammenhang mit dem Filmstart von „Lords of Chaos“ berichtete COMPACT schon in seiner Ausgabe 3/2019 über Black Metal. Es folgt ein Auszug.
Soundtrack für das Kali Yuga: Norwegens Exportschlager Black Metal und «Lords of Chaos»
Black Metal ist Norwegens Kulturexportgut Nummer eins. Ein Spielfilm beschreibt die schaurigen Umstände, die die Geburt des Musik-Genres in den dunklen Wäldern des Nordens begleiteten.
_ von Daniell Pföhringer
Norwegen im Jahr 1992: Eine Reihe von Kirchenbränden versetzt die Öffentlichkeit in Angst und Schrecken. Auch die Stabkirche in Fantoft, einem waldreichen Stadtteil der Fjordstadt Bergen, wird Opfer der Flammen. Der mit zahlreichen Schnitzereien aus der nordischen Mythologie verzierte Holzbau war 1883 nach einem Vorbild aus der Frühzeit der Christianisierung errichtet worden – vermutlich auf einer alten heidnischen Kultstätte. Als Urheber der Brandstiftungen gerät bald eine Gruppe von langhaarigen Lederjackenträgern in Verdacht, die sich um den Plattenladen Helvete – dem norwegischen Wort für Hölle – schart.
Das Geschäft in Oslo gilt als Kristallisationspunkt einer Subkultur, die – ausgehend von einer Welle düsterer Bands wie Venom und Bathory in den 1980er Jahren – einen neuen Musikstil kreiert hat: Black Metal.
Der Inhaber des Ladens, Øystein Aarseth alias Euronymous, ist Gitarrist der Gruppe Mayhem und Gründer des Labels Deathlike Silence, das die ersten Veröffentlichungen des Genres herausbringt. Der damals 25-Jährige gilt als Schöpfer jener typischen Black-Metal-Riffs, die bis heute den Stil der Musik bestimmen. Der bricht radikal mit Konventionen, ist geprägt durch ein schnelles, extrem verzerrtes Gitarrenspiel, teils hochkomplexe Kompositionen und monotone Klangteppiche, die eine düstere, beinahe hypnotische Atmosphäre erzeugen. So sind auch das Artwork der Cover und die Motive der Texte gestaltet: nihilistisch, misanthropisch, fasziniert vom Bösen, aber auch vom Skandinavien vorchristlicher Zeit.
«Der mörderische Kult des Nordens.» Tagesspiegel
Letzteres gilt insbesondere für den intellektuell begabten Varg Vikernes alias Count Grishnackh, zeitweise Bassist von Mayhem und Gründer von Burzum, dem anderen stilprägenden Bandprojekt des True Norwegian Black Metal, das nach dem Wort für Dunkelheit in der Schwarzen Sprache aus Tolkiens Herr der Ringe benannt ist. Auf dem Cover der im März 1993 veröffentlichten Burzum-EP Aske (Asche) ist die Brandruine von Fantoft zu sehen. Vikernes gerät ins Visier der Ermittler, doch am Ende soll er nicht nur wegen Brandstiftung, sondern auch wegen Mordes vor Gericht gestellt werden.
Die Blutspur des Schwarzen Zirkels
Die Vorgänge in Norwegen Anfang der 1990er Jahre bilden den realen Hintergrund für den Film Lords of Chaos, der auf dem gleichnamigen Buch von Didrik Søderlind und Michael Moynihan (2003) basiert und Mitte Januar dieses Jahres auf dem Fantasy-Filmfest in Berlin Deutschlandpremiere feierte. Anders als die literarische Vorlage spart der Streifen des schwedischen Regisseurs Jonas Åkerlund – einst Schlagzeuger der Metal-Band Bathory, später Schöpfer von Videoclips für Madonna, Rihanna, Metallica oder Rammstein – musik- und kulturgeschichtliche Aspekte fast vollkommen aus – ein großes Manko.
Im Zentrum des Films steht das Verhältnis von Euronymous / Aarseth (Rory Culkin) und Vikernes (Emory Cohen), das als Freundschaft beginnt, um schließlich in einem blutigen Konkurrenzkampf zu enden. Darüber hinaus zeichnet das Biopic eine Kriminalgeschichte nach, die maßgeblich zum Mythos Black Metal beigetragen hat.
Der «mörderische Kult des Nordens» (Tagesspiegel ) nahm seinen Anfang mit dem Suizid von Mayhem-Sänger Per Yngve Ohlin alias Dead (Jack Kilmer) am 8. April 1991 mittels einer Schrotflinte, der von Aarseth in zynischer Weise für die PR eingesetzt wurde. 1992 war dann das Jahr der Kirchenbrände – von Åkerlund mit gut 20 Meter hohen, originalgetreuen Nachbauten in Szene gesetzt: Elf Gotteshäuser gingen damals in Flammen auf, in sieben Fällen wurden Leute aus der Black-Metal-Szene als Täter ermittelt. Noch im selben Jahr geschah in diesem Umfeld der erste Mord: Am 21. August lief der Schlagzeuger der Band Emperor, Bård Eithun alias Faust, in Lillehammer einem Homosexuellen über den Weg, der ihn zum Sex überreden wollte. Zum Schein ging der Musiker auf die Avancen ein und lockte den Schwulen in ein Waldstück, wo er ihn schließlich mit 37 Messerstichen förmlich niedermetzelte. (…) Ende des Textauszugs.