Black Metal ist Norwegens Kulturexportgut Nummer eins. Ein Spielfilm beschreibt die schaurigen Umstände, die die Geburt des Musik-Genres in den dunklen Wäldern des Nordens begleiteten.

    Norwegen im Jahr 1992: Eine Reihe von Kirchenbränden versetzt die Öffentlichkeit in Angst und Schrecken. Auch die Stabkirche in Fantoft, einem waldreichen Stadtteil der Fjordstadt Bergen, wird Opfer der Flammen. Der mit zahlreichen Schnitzereien aus der nordischen Mythologie verzierte Holzbau war 1883 nach einem Vorbild aus der Frühzeit der Christianisierung errichtet worden – vermutlich auf einer alten heidnischen Kultstätte. Als Urheber der Brandstiftungen gerät bald eine Gruppe von langhaarigen Lederjackenträgern in Verdacht, die sich um den Plattenladen Helvete – dem norwegischen Wort für Hölle – schart.

    Nachgestellt. Das Original findet sich im Bildband «The Death Archives: Mayhem 1984-94», der im August 2018 erschien. Foto: 20th Century Fox

    Das Geschäft in Oslo gilt als Kristallisationspunkt einer Subkultur, die – ausgehend von einer Welle düsterer Bands wie Venom und Bathory in den 1980er Jahren – einen neuen Musikstil kreiert hat: Black Metal.

    Der Inhaber des Ladens, Øystein Aarseth alias Euronymous, ist Gitarrist der Gruppe Mayhem und Gründer des Labels Deathlike Silence, das die ersten Veröffentlichungen des Genres herausbringt. Der damals 25-Jährige gilt als Schöpfer jener typischen Black-Metal-Riffs, die bis heute den Stil der Musik bestimmen. Der bricht radikal mit Konventionen, ist geprägt durch ein schnelles, extrem verzerrtes Gitarrenspiel, teils hochkomplexe Kompositionen und monotone Klangteppiche, die eine düstere, beinahe hypnotische Atmosphäre erzeugen. So sind auch das Artwork der Cover und die Motive der Texte gestaltet: nihilistisch, misanthropisch, fasziniert vom Bösen, aber auch vom Skandinavien vorchristlicher Zeit.

    «Der mörderische Kult des Nordens.» Tagesspiegel

    Letzteres gilt insbesondere für den intellektuell begabten Varg Vikernes alias Count Grishnackh, zeitweise Bassist von Mayhem und Gründer von Burzum, dem anderen stilprägenden Bandprojekt des True Norwegian Black Metal, das nach dem Wort für Dunkelheit in der Schwarzen Sprache aus Tolkiens Herr der Ringe benannt ist. Auf dem Cover der im März 1993 veröffentlichten Burzum-EP Aske (Asche) ist die Brandruine von Fantoft zu sehen. Vikernes gerät ins Visier der Ermittler, doch am Ende soll er nicht nur wegen Brandstiftung, sondern auch wegen Mordes vor Gericht gestellt werden.

    Die Blutspur des Schwarzen Zirkels

    Die Vorgänge in Norwegen Anfang der 1990er Jahre bilden den realen Hintergrund für den Film Lords of Chaos, der auf dem gleichnamigen Buch von Didrik Søderlind und Michael Moynihan (2003) basiert und Mitte Januar dieses Jahres auf dem Fantasy-Filmfest in Berlin Deutschlandpremiere feierte. Anders als die literarische Vorlage spart der Streifen des schwedischen Regisseurs Jonas Åkerlund – einst Schlagzeuger der Metal-Band Bathory, später Schöpfer von Videoclips für Madonna, Rihanna, Metallica oder Rammstein – musik- und kulturgeschichtliche Aspekte fast vollkommen aus – ein großes Manko.

    Rory Culkin als Euronymous auf dem Filmplakat. Sein Bruder Macauly wurde durch «Kevin allein zu Haus» bekannt. Foto: CC0, Wikimedia Commons

    Im Zentrum des Films steht das Verhältnis von Euronymous / Aarseth (Rory Culkin) und Vikernes (Emory Cohen), das als Freundschaft beginnt, um schließlich in einem blutigen Konkurrenzkampf zu enden. Darüber hinaus zeichnet das Biopic eine Kriminalgeschichte nach, die maßgeblich zum Mythos Black Metal beigetragen hat.

    Der «mörderische Kult des Nordens» (Tagesspiegel ) nahm seinen Anfang mit dem Suizid von Mayhem-Sänger Per Yngve Ohlin alias Dead (Jack Kilmer) am 8. April 1991 mittels einer Schrotflinte, der von Aarseth in zynischer Weise für die PR eingesetzt wurde. 1992 war dann das Jahr der Kirchenbrände – von Åkerlund mit gut 20 Meter hohen, originalgetreuen Nachbauten in Szene gesetzt: Elf Gotteshäuser gingen damals in Flammen auf, in sieben Fällen wurden Leute aus der Black-Metal-Szene als Täter ermittelt. Noch im selben Jahr geschah in diesem Umfeld der erste Mord: Am 21. August lief der Schlagzeuger der Band Emperor, Bård Eithun alias Faust, in Lillehammer einem Homosexuellen über den Weg, der ihn zum Sex überreden wollte. Zum Schein ging der Musiker auf die Avancen ein und lockte den Schwulen in ein Waldstück, wo er ihn schließlich mit 37 Messerstichen förmlich niedermetzelte. (…) Ende des Textauszugs.

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

     

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