„O´zapft is!“, der traditionelle Schlachtruf des jeweiligen Oberbürgermeisters von München zur Eröffnung des berühmtesten Saufgelages der Welt, wird diesjährig nicht erschallen. Es hatte sich angedeutet, nun ist es offiziell: Wegen der sogenannten Corona-Pandemie wird das Oktoberfest in diesem Jahr nicht stattfinden, wie jetzt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bekanntgaben. Der wirtschaftliche Schaden beläuft sich auf 1,23 Milliarden Euro für die Stadt.
Es dürfte zugleich das endgültige Aus für zahllose Schausteller und Budenbesitzer bedeuten, die nach Verboten sämtlicher Frühjahrs- und Osterfeste sowie den ebenfalls nicht genehmigten Schützenfesten, die traditionell im Früh- und Hochsommer stattfinden, ihre letzte Hoffnung auf das Oktoberfest gesetzt hatten. Aber auch unzählige Festwirte, Taxifahrer, Einzelhändler, Gastronomen, Biergarteninhaber sowie Hoteliers in Stadt und Umland, die zum Oktoberfest vom Zulauf von rund sechs Millionen Gästen aus aller Welt leben, sind ebenso betroffen wie die Hersteller von Trachtenmoden sowie die Boutiquen, in denen sich die Wiesn-Touristen mit der Lederkracherten und dem Dirndl eindecken.
Der Deutsche Schaustellerbund zeigt angesichts der Größe des Münchner Oktoberfestes mit seinen rund 400.000 Besuchern pro Tag auf einem Areal von fast 400.000 Quadratmetern Verständnis für die Maßnahme, übt aber Kritik an der voreiligen Absage anderer klassischer, wesentlich kleinerer deutscher Volksfeste, da sie strukturelle Unterschiede zum Münchner Fest der Superlative böten: Sie wendeten sich an die Einheimischen vor Ort, die Familie von nebenan. Sie seien für die Schausteller, deren Kredite für die mehrere Millionen teuren Fahrgeschäfte weiterhin bedient werden müssen, von existenzieller Bedeutung und für die einheimische Bevölkerung zentraler Anker ihres gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenlebens. Von daher dürfe das Aus des Münchner Oktoberfestes 2020 nicht automatisch das Aus aller deutschen Volksfeste bedeuten!
Was Bayerns Ministerpräsident herzlich egal sein dürfte: Zwar sei das Oktoberfest, das vom 19. September bis zum 4. Oktober hätte stattfinden sollen, „das größte und schönste Fest der Welt“. Doch Söder fürchtet die Gefahr eines Wiederaufflammens der Corona-Infektionen, denn „ein Bierzelt lebt von der Nähe, davon, keinen Abstand zu halten. Dort wird getrunken und gesungen“ und führt den Après-Ski im österreichischen Ischgl oder Karnevalsveranstaltungen als „Viren-Drehscheiben“ an. Der gebotene Abstand könne auf dem Gelände nicht eingehalten werden, das Tragen eines Mundschutzes sei keine Option. Von daher sei bei Festen die größte Sensibilität angebracht, „solange es keinen Impfstoff gibt, solange es kein Medikament gibt“. Das Risiko sei „schlicht und einfach zu groß“.
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Die gemeinsame Entscheidung von ihm als Ministerpräsident und Münchens Oberbürgermeister sei unglaublich schade: „Es tut uns weh.“ Solange die beiden nur von „Schmerzen“ geplagt werden, ist alles im grünen Bereich. Für die von wirtschaftlicher Not oder vielmehr privaten und geschäftlichen Insolvenzen bedrohten Kaufleute ist die aktuelle Verbots-„Orgie“ – um einen Begriff der Kanzlerin aufzugreifen – eine Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Sind diese Verbote sechs Monate im voraus überhaupt noch verfassungskonform? Ein Schlag ins Gesicht des mündigen Bürgers aber sind sie allemal.