Obwohl Rudi Dutschke bei seinen rot-grünen Erbschleichern immer noch als Person verehrt wird, ist sein politisches Profil verblasst. Das hat gute Gründe: Alles, wofür der Rebell stand, widerspricht der heutigen linken Ideologie – und befördert die Strategie einer Querfront. Ein Auszug aus der druckfrischen April-Ausgabe von COMPACT.

    _ von Federico Bischoff

    Rudi Dutschke war »das« Gesicht der 68er-Bewegung in der BRD – spätere Biografen verkitschten ihn zum »deutschen Che Guevara« oder einer Politausgabe von James Dean. Daran ist immerhin so viel wahr, dass er wie die Genannten vor allem als Ikone Massenwirksamkeit entfaltete: Wenn er auf Podiumsdiskussionen agitierte, waren seine mit Fremdworten überladenen Bandwurmsätze selbst für viele Akademiker nur schwer verständlich.

    Aber das Stakkato seiner Rhetorik, die Lederjacke und die brennenden schwarzen Augen in dem asketischen, unrasierten Gesicht zeigten auch so: Hier sprach ein Unbeugsamer, ein Ehrlicher. Und ein Bescheidener, der sich als Intellektueller nicht überhob. 1968 schrieb er dem Hilfsarbeiter Josef Bachmann (zu ihm unten mehr): «Für uns taugen Studenten nur etwas, wenn sie endlich wieder ins Volk gehen. Die Intellektuellen und Künstler müssen endlich auch ihre schöpferische Phantasie fest mit dem Leben des Volkes verbinden, bei Euch arbeiten, Euch unterstützen, sich verändern, Euch und Dich verändern.»

    Gegen USA und NATO

    Dutschke, Jahrgang 1940, war in Luckenwalde in der DDR aufgewachsen und trat 1956 in die Parteijugend FDJ ein. Die Niederschlagung der ungarischen Revolte im selben Jahr ließ ihn zu einem Kritiker des realen Sozialismus werden. Er rief zur Verweigerung des Dienstes in der NVA auf, siedelte 1961, kurz vor dem Bau der Mauer, nach Westberlin über und begann ein Studium an der Freien Universität.

    Am Westberliner Vietnam-Kongress Mitte Februar 1968 beteiligten sich tausende Studenten, aber auch Jungarbeiter. Dutschke ist der Vierte von rechts auf dem Podium. Foto: picture-alliance / Volkmar Hoffmann

    1962 gründete er mit Bernd Rabehl eine örtliche Gruppe der aus München stammenden Subversiven Aktion. Diese Chaos-Truppe machte in den folgenden zwei Jahren durch Happenings gegen die Autoritäten der Adenauer-Ära und »Konsum-Terror« von sich reden. 1964/65 schlossen sich die beiden dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) an. Dieser war ursprünglich die Studentenorganisation der SPD gewesen, 1961 jedoch wegen Linkstendenzen exkommuniziert worden. (…)

    Briefe an den Attentäter

    Ein paar Wochen später geht die Saat des Hasses auf. Am Morgen des 11. April 1968 kommt der Hilfsarbeiter Josef Bachmann mit dem Interzonenzug aus München im Westberliner Bahnhof Zoo an. Im Schulterhalfter trägt er eine Pistole, eine zweite hat er im Gepäck versteckt. Nach konfuser Sucherei findet der blasse, fast bartlose junge Mann sein Ziel: In der Nähe des SDS-Büros auf dem Kurfürstendamm erkennt Bachmann Dutschke, beschimpft ihn als »dreckiges Kommunistenschwein« und streckt ihn mit drei Schüssen nieder. (…)

    11. April 1968: Das Fahrrad von Dutschke am Tatort des Attentats vor der Zentrale des SDS am Kurfürstendamm in Westberlin. Foto: picture-alliance/ dpa

    Dutschke sah in seinem Attentäter keinen Feind, sondern ein Opfer des kapitalistischen Systems. (…) Es spricht für die Größe von Dutschke, dass er den Versuch unternahm, seinen Attentäter für die Linke zu gewinnen. Er schrieb Bachmann ins Gefängnis: »Du wolltest mich fertigmachen. Aber auch, wenn Du es geschafft hättest, hätten die herrschenden Cliquen (…) Dich fertiggemacht. (…) Warum (…) wirst Du und mit Dir die abhängigen Massen unseres Volkes ausgebeutet, wird Deine Phantasie, wird die Möglichkeit Deiner Entwicklung zerstört. (…) Also schieß nicht auf uns, kämpfe für Dich und Deine Klasse.«

    Typisch auch diese Passage: «Für die Schweine der herrschenden Institutionen, für die Vertreter des Kapitals, für die Parteien und Gewerkschaften, für die Agenten der Kriegsmaschinerie und der ”Medien” gegen das Volk, für die Parteifaschisten gegen die Massen, die sich überall finden, dürft Ihr täglich schuften. (…) Höre auf mit den Selbstmordversuchen, der antiautoritäre Sozialismus steht auch noch für Dich da.» (…)

    Rolf Stolz, ein damaliger SDS-Genosse Dutschkes, kommentierte den Briefwechsel 2015 im COMPACT-Magazin so: «Ist das nicht der blanke Populismus, ist das nicht Querfront zum Quadrat? Was sagen wohl die heutigen Antifanten zu Dutschkes Angebot an einen ”menschenverachtenden Neonazi” – bei seiner gleichzeitigen Verächtlichmachung der ”frei gewählten demokratischen Institutionen”? (…) Sie würden wohl aufschreien und ihrerseits zur gewalttätigen Attacke auf Dutschke blasen.» (…)

    Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der April-Ausgabe von COMPACT-Magazin mit dem Titelthema «Querfront Wie Rechte und Linke die Kriegstreiber stoppen können». Das vollständige Inhaltsverzeichnis dieser Ausgabe sowie die Möglichkeit zur Bestellung finden Sie hier.

    26 Kommentare

    1. Mathilde Brehm am

      Dutschke tat, was er mit seinen wenigen Mitteln aus seiner Perspektive konnte, für den Frieden und die Völker.
      Die erbschleicherischen grünen D-Schänder schänden nicht nur die deutsche Sprache,
      sondern durch kranke Oberlehrerei alle Völker.

    2. MFG-Hamburg am

      Rudi Dutschke: Querfront mit dem Todfeind

      er wußte um die manipulation. der trick wird ja bis heute angewendet, brainwash um täter zu programmieren. in wahrheit gibts nur einen feind, jene die bösartige charaktere besitzen und sich daran erfreuen zu quälen, menschen zu erniedrigen, zu knechten.

    3. Damals war Deutschland durch die WK2-Siergmächte in den von den USA völkermörderisch betriebenen Vietnamkrieg verwickelt, wie heute die BRD in den von den USA seit 2014 betriebenen Krieg in der Ukraine gegen die dortigen Russen und die Russische Föderation. Eine ähnliche Lage. Wir brauchen einen neuen Dutschke oder zumindest seinen Aufstandsgeist.

      • Mathilde Brehm am

        Sie bedienen das Narrativ der Volksspalter, wenn Sie Etiketten wie links oder rechts verteilen.

    4. Der Giftpilz am

      Der Querfrontquatsch von COMPACT nimmt immer mehr groteske Züge an.
      Es wird Zeit, daß hier viele den Laden endlich "Ade" zu sagen….

    5. Kein anständiger Deutscher hätte diesem Kerl , diesem knallroten Kommunisten , den selbst die Russen nach Sibirien verfrachtet hätten , wäre er in ihre Hände geraten , auch nur ein Stück alte Brotrinde gegeben und hier taucht er posthum als Querfront-Held wieder auf. Ein Freund (der selbe, der mich mit "Compact" bekannt gemacht hat ) sagte einmal : "Ich mißtraue Rechten ,die von links kommen". Damals verstand ich nicht, wie sehr er recht hatte.
      Compact muß die Querfront propagieren, weil mit der Handvoll noch existierender Rechter keine lohnende Auflage zu erreichen ist ,also müssen jene Linken umworben werden , die bei der Neuverteilung nach dem Zusammenbruch ihres russischen Paradieses nicht sabbekommen haben. Der Compactismus bietet die Möglichkeit , ohne sich naß zu machen trotzdem das Gefühl zu haben, frisch gewaschen zu sein. Solche Ideologien finden in der bequemen Masse immer Anhänger.

      • Dutschke war klug, eigenständig und beredt wie der echte, historische Sokrates, der seine Klugheit auch seinen Lehrlingen vermittelt hat und deshalb wie Dutschke vom Pöbel hingerichtet wurde.

        • @Quark. : Linke sind nie klug, sonst wären sie ja keine. Dutschke wurde nicht vom Pöbel hingerichtet , sondern von einem geltungssüchtigen Herostraten , die es immer geben wird , solange die Menschheit existiert. Beredt war ich nicht, sonst hätte ich wohl das Athener Volksgericht beschwatzt. Klug allerdings schon.

      • @Sokrates
        Teile und Hersche findet hier keinen Zuspruch.
        Nur Rechten und Linken zusammen, wird es gelingen, starke Demos für Frieden und gegen die US-Kriegsverbrecher Besatzer zu organisieren. Wer im Interesse von Deutschland denkt und handelt, dem dürfte bekannt sein, dass die Sanktionen gegen Russland der deutschen Wirtschaft extrem schaden und den Amis nützen. Die finanzielle
        Unterstützung (Waffenlieferungen etc..) der korrupten und von Nazis verseuchten Ukraine führt Deutschland in den Abgrund.
        Deutschland sollte im eigenen Interesse nicht diesen Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland unterstützen.

        • Nicht mal Linken u. Rechten zusammen, aber warum solten Rechte gegen US- "Besatzer" , demonstrieren , es gibt ja keine Besatzung mehr , und für "Frieden" demonstriert ihr mal schön alleine. "Frieden" ist bei euch ein Synonym für Unterwerfung unter Russland.

    6. Sonnenschein am

      Wir bräuchten DRINGEND einen wie Dutschke in diesem Land! Allerdings sehe ich da wenig Hoffnung. Den Rechten wäre er zu wenig nationalistisch, den Linken zu wenig woke-gender-grün. Beide Seiten haben sich völlig verrannt in ihre emotionalen Bedürfnisse und Erzählungen, der Blick fürs Große Ganze und den wahren Feind ist nahezu komplett verloren. Lachende Dritte sind die Bonzen in Wirtschaft, Politik und Medien, völlig gleich, ob mit Reichs- oder Regenbogenflagge in der Hand.

        • Was ist ein "Kommunist"? Ein im Sinne von Karl Marx auf eine künftige herrschaftsfreie Gesellschaft Hoffender oder ein Systemling in einer stalinistischen oder maoistischen Diktatur?

      • HERBERT W. am

        Genauso ist es! Über das konkrete WIE kann und soll man diskutieren. Aber für die zuletzt genannten Absahner zählt nur der eigene Luxus und und die eigene Lust an der Macht.

        @ Sokrates:

        Ein ehrlicher Kommunist wie Dutschke ist mir immer noch lieber als diese falschen Fuffziger!

      • Otto Baerbock am

        "Lachende Dritte sind die Bonzen in Wirtschaft, Politik und Medien, völlig gleich, ob mit Reichs- oder Regenbogenflagge in der Hand."

        Dann sollte Compact vielleicht einmal die REICHSREGENBOGENFLAGGE zu protegieren versuchen …

    7. Schöne Monatsausgabe wie immer ein Unikat aber 100% das Geld wert. Macht weiter so und bleibt wie ihr seid. mfg

    8. Otto Baerbock am

      " Er schrieb Bachmann ins Gefängnis: »Du wolltest mich fertigmachen. Aber auch, wenn Du es geschafft hättest, hätten die herrschenden Cliquen (…) Dich fertiggemacht. (…) Warum (…) wirst Du und mit Dir die abhängigen Massen unseres Volkes ausgebeutet, wird Deine Phantasie, wird die Möglichkeit Deiner Entwicklung zerstört. (…) Also schieß nicht auf uns, kämpfe für Dich und Deine Klasse.«

      Typisch auch diese Passage: «Für die Schweine der herrschenden Institutionen, für die Vertreter des Kapitals, für die Parteien und Gewerkschaften, für die Agenten der Kriegsmaschinerie und der ”Medien” gegen das Volk, für die Parteifaschisten gegen die Massen, die sich überall finden, dürft Ihr täglich schuften. (…) Höre auf mit den Selbstmordversuchen, der antiautoritäre Sozialismus steht auch noch für Dich da.» (…)"

      Wenn er ernsthaft geglaubt haben sollte – und wie sollte ich diesen Brief sonst verstehen – , daß Bachmann in der Lage gewesen sein sollte, auch nur einen Satz dieses Briefes zu verstehen … dann verstehe ich endgültig, warum die 68er und ihre Epigonen scheitern müssen.

      • Werner Hepp am

        Das April-Titelbild ist wirklich gut gelungen.
        Möge es nun AfD und Wagenknecht gelingen, zusammenzufinden, statt noch eine Partei zu gründen. Einige volksfeindliche Transatlantenmarionetten sind auch in der AfD und hoffentlich ist nicht auch Wagenknecht eine. Bisher war sie gut situierte Salonoppositionelle.

        • Otto Baerbock am

          "Bisher war sie gut situierte Salonoppositionelle."

          Mit 800.000 Euro Nebeneinnahmen im Jahr, wird sie sich jedenfalls auch bei der Finanzierung einer neuen Wärmepumpe, plus energetischer Sanierung ihre Domizils, keine allzu großen Sorgen machen müssen.

        • Fischers Fritz am

          @ Werner Hepp
          "Möge es nun AfD und Wagenknecht gelingen, zusammenzufinden"

          Glaube ich realistischerweise nicht, leider.

      • Otto Baerbock am

        Ja, das Titelbild … zeigt unsere Befreier – beim Auskehren des ‚Muffs aus tausend Jahren unter den Talaren‘. Und bei der finalen Beendigung alles Deutschen …