Die Rituale und Grade der Freimaurerei sind für Außenstehende ein Buch mit sieben Siegeln. Welche Allegorien und Metaphern benutzen die Logenbrüder – und wofür stehen sie? Ein Auszug aus COMPACT-Spezial „Freimaurer. Über die Verschwörungen der größten Untergrundarmee der Welt“. Hier mehr erfahren.

    Der Bruder wird mit freiem Oberkörper und verbundenen Augen in den Tempelraum geleitet. Um den Hals trägt er einen Strick. Obwohl er schon zum Meister aufgestiegen ist, sind ihm die tieferen Geheimnisse bislang verborgen geblieben. So ist er nun wieder blind, so liegt er erneut in Fesseln.

    Man geleitet ihn vor den Thron des Meisters vom Stuhl. Drei Mitbrüder, die bereits die höheren Weihen empfangen haben, gehen dicht an ihn heran. Einer führt ihm eine Messlatte an den Hals, ein weiterer schlägt ihm mit einem Winkelmaß auf die rechte Brustseite, der dritte berührt seinen Kopf mit einem Spitzhammer.

    Allsehendes Auge: Das von Illuminaten und Freimaurern verwendete Symbol entstammt ursprunglich, als Auge Gottes, der christlichen Ikonografie. Foto: Little Adventures / Shutterstock

    Der Anwärter sinkt zu Boden, das rechte Bein hat er angewinkelt. Man bedeckt ihn mit einem Tuch, das einen Grabhügel symbolisieren soll, und legt einen Akazienzweig auf ihm ab – als Zeichen der Unsterblichkeit. Nun wird versucht, den scheinbar Toten wiederzuerwecken, zunächst mit dem Lehrlingswort Jachin und dem Gesellenwort Boas. Da dies misslingt, ruft der Meister vom Stuhl die übrigen Brüder herbei. Sie geben das neue Meisterwort preis: Moabon. Nun erhebt der oberste Bruder den Aufwachenden, legt seinen linken Arm um ihn, flüstert ihm das Geheimwort ins Ohr und geleitet ihn zum Meister-Altar.

    Kabbalistische Rätsel

    Was Außenstehenden wie ein obskures Mysterientheater erscheinen mag, ist für die vor allem in den USA und in Frankreich beheimatete Hochgradfreimaurerei ein sehr ernsthaftes Ritual, mit dem ein Bruder in den vierten Grad – den ersten Hochgrad nach Schottischem Ritus – eingeweiht wird. (…)

    Im Grunde kann man die Freimaurerei als eine Weiterentwicklung der Kabbala ansehen – der heute fast vergessenen mystisch-gnostischen Tradition im Judentum. Das Gottesbild der Freimaurer ist das eines „großen Architekten des Universums“ (schöpferisches Prinzip), was durch das große G in der Mitte von Winkelmaß und Zirkel symbolisiert wird. Der Buchstabe steht auch für Geometrie als Ausdruck höchster Ordnung.

    Der „große Architekt“ der Logenbrüder ist in seiner Definition fast identisch mit dem Ain Soph (auch En Sof oder Ein Sof) der Kabbala: Ein schöpferisches Urbewusstsein, das allmächtig ist und alles erschaffen, aber auch vernichten kann. Die Götter anderer Religionen sind nach kabbalistischer Lehre nur verstofflichte Formen dieses schöpferischen Prinzips, das mit Kreativität, aber auch Liebe, Freundschaft oder Moral gleichgesetzt werden kann. Ziel freimaurerischer Initiation (Einweihung) soll es sein, die Anhaftung an die stoffliche Realität zu überwinden, um dadurch, von Grad zu Grad, möglichst nah an das Urprinzip zu gelangen.

    In dem eingangs beschriebenen Ritual steht der Bruder mit den verbundenen Augen für Hiram Abif, der nach biblischer Darstellung von König Salomo mit dem Tempelbau betraut worden sein soll. Vermutlich ist die Figur angelehnt an Imhotep, den großen Pyramiden-Baumeister des Alten Ägypten. Der Legende nach verdankte Hiram seine außerordentlichen Fähigkeiten als Architekt der Tatsache, dass er ein geheimes Wort kannte.  (…)

    Magisches Pentagramm: Das Zeichen ist vor allem in der Hochgradfreimaurerei beliebt. Foto: Shutterstock.com

    Die freimaurerische Initiation

    Die klassische Initiation der Johannismaurerei ist in die drei sogenannten blauen Grade unterteilt: Lehrling, Geselle und Meister. Dieser Bereich ist innerweltlich und lässt sich auf den Handwerker-Ursprung der Logen zurückführen. Hier geht es darum, die Fähigkeiten des Bruders im weltlichen Leben zu verbessern.

    Symbolisch greift man auf das Trivium zurück, die drei sogenannten freien Künste, die im Mittelalter in den Trivial- oder Elementarschulen gelehrt wurden (Grammatik, Arithmetik, Geometrie). Sie stehen bei der Einweihung für das rechte Hören, Denken und Sprechen.

    Tatsächlich sollen den Anwärtern, wie in der Schule, für diese Grade jeweils auch mathematische Aufgaben zur Lösung aufgegeben werden. Wer den Meistergrad erlangt hat, wird zumeist damit beauftragt, die unteren Grade entsprechend auszubilden. Neben dem Handwerksbezug hat die Johannismaurerei noch eine andere Bedeutung. Die drei Grade stehen auch für die drei Perioden des irdischen Lebens: Kind, Erwachsener und Greis. Dadurch soll quasi in verkürzter Form das menschliche Diesseits nachgespielt werden.

    In der Schottischen Maurerei dienen die Johannisgrade zur Vorbereitung auf die roten Grade, die Hochgrade. Die eingangs dargestellte Initiation eines Meisters in den vierten Grad ist metaphorisch als Tod des weltlichen Egos und Wiederauferstehung des Menschen als geistiges Wesen zu verstehen. Während die blauen Grade nach freimaurerischem Verständnis den Logenbruder zu Selbstveredelung, aber auch zu wohltätigem Wirken animieren sollen – also dazu, sich selbst und anderen ein gutes irdisches Leben zu ermöglichen –, sollen ihn die Hochgrade befähigen, die Fesseln des irdischen Lebens abzuwerfen und dem großen Architekten des Universums möglichst nah zu kommen. (…)

    Die Hochgrade

    Für die Hochgradfreimaurerei ist der Weg zum großen Architekten gleichbedeutend mit der Wiederentdeckung des geheimen Wortes. Dies ist nicht im Sinne eines bestimmten Begriffes oder Ausdrucks zu verstehen, sondern als Zustand höchstmöglicher Geistwerdung.  (…) Ende der Textauszüge.

    Den vollständigen Beitrag lesen Sie in COMPACT-Spezial „Freimaurer – Die Verschwörungen eines Geheimbundes“. Nachfolgend das Inhaltsverzeichnis dieser Ausgabe:

    Freimaurer. Die Verschwörungen eines Geheimbundes als COMPACT-SpezialLogenbrüder
    Architekten einer neuen Weltordnung: Die Ursprünge der Freimaurerei
    In Salomos Tempel: Rituale, Grade und Geheimnisse der Logen
    Feindliche Brüder: Der verborgene Krieg der Großlogen
    Im Dienste Ihrer Majestät: Freimaurerei in Deutschland

    Abtrünnige
    Weishaupts Lichtbringer: Der Geheimbund der Illuminaten
    Im Namen der Rose: Alchemie und Mystik der Rosenkreuzer
    Verkünder des Wassermannzeitalters: Okkultisten von Lévi bis Crowley
    Bruderschaft des Todes: Der Geheimorden Skull & Bones
    Söhne des Bundes: Die jüdische Loge B’nai B‘rith
    Eine Hand wäscht die andere: Internationale der Rotarier

    Revolutionen
    Die Baumeister Amerikas: George Washington und die Gründung der USA
    Das Geld der Freimaurer: Logensymbolik auf Dollar-Noten
    Der Siegeszug des Grand Orient: Das Blutgericht der Französischen Revolution
    Signal vom Bosporus: Die Revolte der Jüngtürken
    Aufstand der Menschewiki: Bruder Kerenski stürzt den Zaren

    Verbrecher
    Botschaft aus der Hölle: Die Ritualmorde von Jack the Ripper
    Kriegsverbrecher mit Schurz: Kitchener und die KZs in Südafrika
    Hitlers Logenbruder: Nazi-Bankier Hjalmar Schacht
    Der Bruder, der die Bombe liebte: Harry S. Truman und Hiroshima
    Geheimdienst mit maurerischer Maske: Die Terror-Loge Propaganda Due
    Das Massaker des Tempelritters: Anders Behring Breivik, Oslo und Utøya
    Der Freimaurer-Versteher: Thriller: Dan Brown und die Geheimbünde

    COMPACT-Spezial „Freimaurer – Die Verschwörungen eines Geheimbundes“ können Sie hier bestellen.

    5 Kommentare

    1. „In hundert Jahren hat die französische Revolution den Kreis der Erde umschritten und sich restlos verwirklicht. Kein Staat, keine Verfassung, keine Gesellschaft, kein Herrscherhaus blieb vor ihr bewahrt. Ihr pathetischer Gedanke war: Freiheit und Gleichheit. Ihr unausgesprochener Wunschgedanke war: Befreiung des Kleinbürgers. Ihr unbewußter, wahrer und praktischer Gedanke war: Verdrängung der feudalen Vorherrschaft durch die kapitalistische Bourgeoisie unter Staatsform des plutokratisch-konstitutionellen Regiments. Der pathetische Gedanke der russischen Revolution ist Menschheit. Der Wunschgedanke: Diktatur des (zeitweiligen) Proletariats und idealisierter Anarchismus. Der praktische Zukunftsgedanke: Aufhebung der europäischen Schichtung unter der Staatsform soziallierender Freistaaten. In einem Jahrhundert wird der praktische Gedanke des Ostens so restlos verwirklicht sein, wie heute der praktische Gedanke des Westens. Im Hintergrunde der Zeiten steht wartend ein letzter Gedanke: die Auflösung der Staatsformen und ihre Ersetzung durch ein bewegliches System selbstverwaltender Kulturverbände unter der Herrschaft transzendenter Idee. Dieser Gedanke aber setzt eine veränderte Stufe der Geistigkeit voraus.“

      • Willi Kuchling am

        „…Dieser Gedanke aber setzt eine veränderte Stufe der Geistigkeit voraus.“
        Das ist wahrhaft prophetisch. Wenn man sieht, wie sich die Menschen Beißkörbe aufzwingen lassen, und sich gegen Unterschrift die Todesspritze setzen lassen, kann man diese veränderte Stufe der Geistigkeit sehen.

    2. Friedenseiche am

      Können diese hochwohlgeborene auch verhindern dass wir Pfurzen? Das wäre Mal ein entscheidender Vorteil für das Klima und Lebensberechtigung für die besseren Menschen!

      • HERBERT W. am

        Das können sie nicht. Irgenwie muss das Gas raus. Als einzige Möglichkeit sehe ich einen KAT im Rektum, der das entstehende CH4 in weniger klimaschädliches CO2 umwandelt.