Wilhelm Zwo: ein säbelrasselnder „Hunnenkaiser“? Deutschland: eine finstere, rückständige Autokratie? Von wegen! Allein die technischen und naturwissenschaftlichen Errungenschaften der damaligen Zeit zeigen, dass das Kaiserreich an der Spitze des Fortschritts stand. Weitere Richtigstellungen finden Sie in unserer Sonderausgabe Geschichtslügen gegen Deutschland, das Sie hier bestellen können.

    Wenn man vom deutschen Kaiserreich spricht, ist dies eine retrospektive Bezeichnung für das Deutsche Reich von 1871 bis 1918. Wirtschafts- und sozialgeschichtlich kann man sagen, dass die damalige konstitutionelle Monarchie durch die Hochindustrialisierung geprägt war.

    Ökonomisch und soziostrukturell begann sich Deutschland insbesondere ab den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts vom Agrar- zum Industrieland zu wandeln. Auch der Dienstleistungssektor gewann mit dem Ausbau des Handels- und des Bankenwesens zunehmende Bedeutung.

    Das auch durch die französischen Kriegsreparationen nach 1871 verursachte Wirtschaftswachstum wurde durch den sogenannten Gründerkrach von 1873 und die ihm folgende langjährige Konjunkturkrise zeitweilig gebremst. Trotz erheblicher politischer Folgen änderte dies nichts an der strukturellen Entwicklung hin zum Industriestaat.

    Ausgeprägte Demokratie

    Der Reichstag war von 1871 bis 1918 das Parlament des Reiches. Schon im Norddeutschen Bund (1867–1870/71) firmierte es unter diesem Namen. Der Reichstag verkörperte neben dem Kaiser die Einheit der Nation, war also ein unitarisches Organ. Er repräsentierte das nationale und demokratische Element neben dem Föderalismus der Bundesstaaten und der monarchisch-bürokratischen Exekutive (dem Kanzler und seinen Ministern) im Machtgefüge des Reiches.

    Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg spricht im Reichstag, 1916. Foto: Library of Congress, CC0

    Der Reichstag hatte zunächst 382, ab 1874 dann 397 Mitglieder und wurde zuerst auf drei Jahre, ab 1888 dann auf fünf Jahre gewählt. Die Wahlbeteiligung bei den Reichstagswahlen wuchs von Wahlperiode zu Wahlperiode – 1871: 50,7 Prozent, 1912: 84,9 Prozent.

    Gemeinsam mit dem Bundesrat übte der Reichstag die Gesetzgebung aus und besaß Mitentscheidungsrecht über den Haushalt des. Das Parlament hatte auch gewisse Kontrollrechte gegenüber der Exekutive und konnte durch Debatten Öffentlichkeit herstellen.

    Der Reichstag wurde mit einem der fortschrittlichsten Wahlgesetze seiner Zeit gewählt: Wählen durften grundsätzlich alle Männer ab 25 Jahren (mit Einschränkungen zum Beispiel für Entmündigte). Das Parlament tagte auch während des Ersten Weltkriegs. In den Revolutionswirren ab dem 9. November 1918 verhinderte jedoch der sogenannte Rat der Volksbeauftragten weitere Reichstagssitzungen. Somit fand die letzte Sitzung im Kaiserreich am 26. Oktober 1918 statt. Der vorläufige Nachfolger des Reichstags wurde die Weimarer Nationalversammlung ab 6. Februar 1919.

    Deutscher Erfindergeist

    Das Kaiserreich war wirtschaftlich stark und profitierte von seinen Erfindungen. Um die Jahrhundertwende allein gingen allein vier Medizin-Nobelpreise nach Deutschland, was auch der Vermarktung klassischer Impfstoffe zuträglich war, wie ich in meiner Reihe „Deutschland: Von der Apotheke zur Welt zum Knecht von Big Pharma“ dargelegt habe.

    Die Diphterie-Impfung von Emil von Behring war beispielsweise weltweit ein Erfolg. Dazu hatte 1876 Robert Koch mit der Entdeckung der Bakterien die Grundlage gelegt, da er 1882 den Tuberkelbazillus unter dem Mikroskop entdeckte.

    Die Gewinnung des Diphtherieserums aus Pferdeblut im Behringwerk zu Marburg. Illustration von Fritz Gehrke (1895). Foto: CC0, Wikimedia Commons

    Die Industrie blühte auf durch die Vermarktung der Erfindungen der Glühbirne 1843 (Heinrich Göbel), des Telefons 1859 (Philipp Reis), des Dynamos 1866 und der Straßenbahn 1881 (Werner von Siemens).

    Gottlieb Daimler erfand 1885 das Motorrad, das er „Reitwagen“ nannte und 1886 – zusammen mit Karl Benz – das Automobil zusammen. 1890 wurde der Diesel-Motor von Rudolf Diesel erfunden, 1902 von Robert Bosch die Zündkerze, 1894 von Otto von Lilienthal das Gleitflugzeug.

    Sämtliche Erfindungen brachten großen wirtschaftlichen Erfolg und ließen eine starke deutsche Industrie im Verkehrsbereich, besonders in der Automobilindustrie, entstehen.

    Nobelpreise am Fließband

    Auch in den Naturwissenschaften waren die Deutschen damals führend – mit fünf Nobelpreisen für Physik und jeweils vier für Medizin und Chemie zwischen 1901 bis 1918:

    • Wilhelm Conrad Röntgen, 1901: Entdeckung der Röntgenstrahlen (Physik
    • Emil von Behring, 1901: Erforschung der Diphterie und Entwicklung eines Impfserums (Medizin)
    • Robert Koch, 1905: Erforschung des Tuberkelbazillus (Medizin)
    • Adolf von Baeyer, 1905: Synthetisierung des Indigofarbstoffs (Chemie)
    • Eduard Buchner, 1907: Entdeckung der zellfreien Gärung (Chemie)
    • Paul Ehrlich, 1908: Diagnose von Blutkrankheiten (Medizin)
    • Wilhelm Oswald, 1909: Erforschung der Katalayse (Chemie)
    • Ferdinand Braun, 1909: Erforschung der drahtlosen Telegrafie (Physik)
    • Otto Wallach, 1909: Synthese von heterozyklischen Farbstoffen (Chemie)
    • Albrecht Kossel, 1910: Erforschung der Chemie von Geweben und Zellen (Medizin)
    • Wilhelm Wien, 1911: Entdeckung der Gesetzmäßigkeiten der Wärmestrahlung (Physik)
    • Max von Laue, 1914: Entdeckung der Beugung von Röntgenstrahlen (Physik)
    • Richard Martin Willstätter, 1915: Erforschung der Pflanzenfarbstoffe (Chemie)
    • Max Planck, 1918: Entdeckung der Quantenenergie (Physik)

    Wird fortgesetzt.


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