Im Angesicht der neuen Super League verfallen Europas Fußballfunktionäre in Beißreflexe. Die angeschlossene mediale Posaune heult mit den Wölfen. Dabei sollte man die künftige Von-der-Leyen-Liga loben. Denn nur der Zusammenbruch der Ballsport-Politbüros kann den Fußball noch retten. Die glorreichen Momente aus mehr als 100 Jahren lassen wir in unserer sporthistorischen Sonderausgabe Nationalsport Fußball – Herzschlag einer deutschen Leidenschaft Revue passieren. Gönnen Sie sich diesen Ausflug in bessere Zeiten! Hier bestellen.
Sie hatten sich redlich bemüht: Befehlston gegenüber den Fans, queere Kapitänsbinden, Aufwertung noch des nachrangigsten Freundschaftsspiels zur verwertbaren Nations League – das Investment Fußball überzeugt mit Stromlinienförmigkeit und garantierten Gewinnen. Doch Undank ist auch in der Welt fortdauernder Respect Games der Welten Lohn.
Nur Stunden, bevor die UEFA die Umwandlung der Champions League zur Liga verkündete – nebenher auch der Startschuss für den neuen Resteverwerter Europa Conference League –, scherte der Hochadel der Königsklasse ungeniert aus. Zwölf Kapitalgesellschaften wollen ihre Mannschaften – darunter Real Madrid, der FC Barcelona, AC Mailand und der in London aufspielende FC Abramowitsch – ohne lästiges Beiwerk auf den Rasen schicken.
Noch fehlen namenhafte Bundesligisten – Bayern München und Borussia Dortmund warten wohl noch auf ein Gegenangebot des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Eine geschickte Strategie der Verbände mag die neue Liga noch verzögern, mehr ist nicht drin. Dass fünf der 20 geplanten Teilnehmer in der Super League rotieren sollen, zeigt zudem: das System ist auf Expansion angelegt.
Geld von JP Morgan
Dass die Ankündigung mehr ist als donnerndes Verhandeln um einen lukrativeren Platz am Tisch der UEFA, beweist der Blick auf den bekannt gewordenen Finanzier: Die Investmentbank JP Morgan Chase, so ist zu vernehmen, spendiert den Gründungsmannschaften 3,5 Milliarden Euro. Pro Klub ergäbe das etwa 300 Millionen – und damit das dreifache, was Bayern München vergangenes Jahr für den Sieg in der Champions League einstrich. Das Geldhaus mit angeschlossenen Hedgefonds dürfte nicht der einzige interessierte Sponsor bleiben.
Gift und Galle speien nun jene, auf deren Kosten die neue Liga geht. „Mit dieser zynischen Idee spuckt man allen Fans und der Gesellschaft ins Gesicht“, moserte UEFA-Präsident Aleksander Ceferin und bewies: In der Not erinnert sich die Kommunikationsabteilung des Europäischen Fußballbundes sogar an jene, die sonst nur als Staffage auf den Sitzplatzrängen taugen.
Garniert wurde die Echauffage mit der Drohung, beteiligte Clubs und Spieler aus UEFA-Wettbewerben auszuschließen. Eine leere Drohung. Den Kapitalgesellschaften dürfte das Interesse an der Champions League ohnehin abhanden gekommen sein – anders als der UEFA geht es ihnen mit der Super League erkennbar nicht um die Inflationierung, sondern die Verknappung und Veredelung des Angebotes.
Das entgangene Prestige, sich für die „Die Mannschaft“ abrackern zu dürfen, werden sie ihren Legionären pekuniär vergelten. Sollte sich der kommende Wanderzirkus Europameisterschaft zum Quotendesaster entwickeln – was angesichts des erkennbar sinkenden Interesses an Länderspielen durchaus denkbar ist –, wäre diese Ablösung vielleicht nicht einmal besonders teuer.
Sportlicher Globalismus
Dabei gab es ausreichend Warnungen. Bereits die Deutsche Fußballliga DFL – Ausrichter der 1. und 2. Bundesliga – entstand vor 20 Jahren aus Furcht vor einem Alleingang der Spitzenklubs. Zuvor hatten sich die Eishockey-Unternehmen in der DEL – heute Penny DEL –, kurz darauf die Basketballer selbständig gemacht. Wenige Jahre später folgte die Handball GmbH.
Auch die supranationale Verwertung stand längst im Raum und auch hier war Eishockey Vorreiter. Der Versuch, die russisch dominierte Kontinentale Hockey-Liga um EU-europäische Franchises zu erweitern, schlug jedoch weitgehend fehl. Die durch staatliche Subventionen auf dem Eis gehaltenen Osteuropäer versprachen wohl keine befriedigende Rendite.
Zurück zu den Wurzeln
Die künftige Super League ist als globalistischer Wettbewerb nur konsequent. Für den Fußball ist diese Entwicklung ausgesprochen gut – denn sie schwächt DFB und UEFA. Das mit Politik und Bionade-Bonzokratie verfilze System der Verbände beruht letztlich auf einer kaum versteckten Korruption.
Der notwendige Unterbau des Brot-und-Spiele-Spektakels lässt sich nur so lange finanzieren – und damit bei Laune halten –, wie die Einnahmen aus der Vermarktung der Spitzenspiele fließen. Fanproteste lösten in Frankfurt und Nyon selten mehr aus, als bedeutungsschwangere Blicke untermalt mit müdem Lächeln. Der Wegfall der Zugpferde – Ceferins Ausfall hat es bewiesen – sorgt für Panik.
Am Ende ist es relativ einfach: Fußball geht auch ohne DFB und UEFA. Weiter unten dann sicher auch nur ohne Fernsehgelder, aber die fließen künftig sowieso spärlicher. Dafür mit Fangesang aus kräftigen Kehlen.
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