Eltern, aufgepasst: Selbst vor einer Jugendkultur wie Cosplay macht die Pornografisierung nicht Halt. Je mehr die Grenzen zwischen harmlosem Spiel, Sex und Gewalt verschwimmen, desto unbemerkter verrohen unsere Kinder. Ein Auszug aus der Juni-Ausgabe von COMPACT, die Sie hier bestellen können.

    Auf dem vor allem bei jungen Leuten beliebten Videoportal Tiktok gibt es einen neuen Trend: Immer mehr Teenie-Mädchen veröffentlichen dort Clips, in denen sie die Zunge herausstrecken und die Augen nach oben verdrehen. Was auf Außenstehende bestenfalls skurril wirkt, hat einen Hintergrund, der alles andere als jugendfrei ist. Die Mädchen zeigen nämlich das sogenannte Ahegao – ein Motiv, das ursprünglich japanischen Hentais, also pornografischischen Mangas, entstammt.

    Ahegao, auch O-Face genannt, kann man in etwa mit «albernes Bumsgesicht» übersetzen. Es soll in übertriebener Form den weiblichen Gesichtsausdruck beim Orgasmus darstellen. In Hentais tauchte es bereits vor über 50 Jahren auf, als eigenständiges Stilelement ist es seit den 1990ern bekannt – und fand zu dieser Zeit auch seinen Weg in die westliche Manga- und Anime-Szene.

    Junge Cosplayer stellen Figuren der Serie Madoka Magica nach. Foto: The Conmunity – Pop Culture Geek from Los Angeles, CA, USA,CC BY, Wikimedia Commons

    Für den Youtuber Meme Analysis hat Ahegao sogar eine spirituelle Dimension: Es zeige die Auflösung des Egos im Moment der Lust. Man vergesse alle Ängste und Begrenzungen und gebe sich dem Moment hin. Diesen Zustand strebe auch der indische Tantrismus an.

    Pikachu und Porno

    Belle Delphine macht Ahegao: Im vergangenen Jahr beliefen sich die Einnahmen der Influencerin auf über eine Million Euro – im Monat! Foto: Screenshot Instagram

    Von solchen Deutungen sind die Tiktok-Teens jedoch weit entfernt. Ihre Adaption des Orgasmusgesichts ist vielmehr ein Beispiel dafür, wie eindeutig sexuell konnotierte Inhalte als scheinbar harmloser Jux Einzug in die digitale Jugendkultur halten. Inzwischen werden Ahegao-Shirts und -Hoodies im Manga-Stil für eine vornehmlich junge Käuferschaft angeboten. Die Zeiten, in denen nur harmlose Pokemons wie Pikachu die Klamotten von Teenagern zierten, sind vorbei.

    Verantwortlich für den fragwürdigen Ahegao-Hype sind vor allem die sogenannten E-Girls: Junge Frauen, häufig aus der Cosplay- oder Gamer-Szene, die auf Plattformen wie Tiktok, Twitch, Instagram oder Youtube seichten Content verbreiten, oft mit Bezug zu ihren Hobbys. Für die männlich dominierte Community sind die oft sexy gekleideten Damen eher ein Ärgernis, bei Troll-Aktionen wie «Thot Audit» wurde dazu aufgerufen, E-Girls, die Inhalte hinter Bezahlschranken anbieten, bei den Finanzbehörden anzuschwärzen.

    Viele sehen in ihnen aufmerksamkeitsheischende Damen, die es vor allem auf die Abzocke von Incels abgesehen haben. Der Begriff setzt sich aus den englischen Worten involuntary (unfreiwillig) und celibacy (Zölibat) zusammen. Ein Incel ist also ein – in der Regel heterosexueller und weißer – Mann, der ungewollt keine Sexualpartnerin hat. So einfach darf man es sich allerdings nicht machen, denn die Anhängerschaft von E-Girls besteht vor allem aus Teenagern, die ihnen auch nacheifern.

    Belle Delphine wurde vom E-Girl zum Fetisch-Girl.

    Bekanntestes E-Girl ist Belle Delphine. Die 1999 in Kapstadt geborene und in England aufgewachsene Tochter eines weißen Südafrikaners und einer Britin, die mit bürgerlichem Namen Mary-Belle Kirschner heißt, gilt vielen als Inbegriff des Ahegao. 2018 begann sie, Fotos von sich im Kemonomimi-Stil als Elfe oder Katzenmädchen mit spitzen Ohren, pinkfarbenen Perücken und halterlosen Strümpfen auf Instagram zu stellen. Sie eröffnete einen Youtube-Kanal sowie einen Patreon-Account, auf dem sie kostenpflichtige Inhalte anbot. Schon ein Jahr später hatte sie bei Instagram 4,5 Millionen Follower und auf Patreon 4.000 Unterstützer.

    2019 zog die damals 19-Jährige weltweit mediale Aufmerksamkeit auf sich, als sie ihr Badewasser als «Gamer Girl Bathwater» in kleinen Plastikdöschen zu 24 Britischen Pfund je Stück zum Verkauf anbot. Hunderte User veröffentlichten daraufhin bei Youtube Videos, in denen sie das bizarre Produkt austesteten – was in der Regel bedeutete, dass sie es tranken. In diversen Online-Foren wurde auch von anderweitiger Verwendung berichtet…

    Belle Delphine verkauft ihr Badewasser. Foto: Screenshot Instagram belle_delphine

    Spätestens jetzt hatte Belle Delphine, unter deren Fans sich viele Minderjährige befinden, die Grenze zum Sexuellen überschritten – das E-Girl wurde zum Fetisch-Girl. Nur konsequent, dass die Gamer- und Cosplay-Ikone irgendwann auch einen Onlyfans-Account eröffnete, wo man sie gegen Geld beim Hantieren mit Sexspielzeug beobachten konnte. Irgendwann waren dann bei Pornhub auch die ersten Clips zu sehen, die sie beim Geschlechtsverkehr zeigen. Als Kulisse für die Pornos dient ihr flippig eingerichtetes Jugendzimmer.

    Während das woke Milieu E-Girls und ihre Ahegaos als sexistisch ablehnt, dürften andere Trends dem Geschmack der Progressiven eher entsprechen. (…) Ende des Textauszugs.

    Den vollständigen Beitrag finden Sie in der Juni-Ausgabe von COMPACT mit dem Titelthema „Kein Bock auf Baerbock“. Zur Bestellung HIER oder auf das Banner unten klicken.

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