Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) hat das Computerspiel Heimat Defender: Rebellion auf den Index gesetzt. Wir haben darüber mit Philip Stein, dem Vorsitzenden der Initiative Ein Prozent, gesprochen. Worum es in dem Spiel geht, lesen Sie am Ende dieses Beitrags.

    Herr Stein, die Bundesprüfstelle hat das von Ein Prozent in Zusammenarbeit mit dem Entwickler Kvltgames im Sommer letzten Jahres veröffentlichte Computerspiel Heimat Defender: Rebellion indiziert, da es „die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ gefährde, wie es im Bescheid heißt. Sind Sie da zu weit gegangen?

    Philip Stein, 1. Vorsitzender von Ein Prozent. | Foto: Ein Prozent e. V.

    Im Berliner Tageblatt hat Kurt Tucholsky im Januar 1919 folgenden schönen Satz formuliert: „Wenn einer bei uns einen guten politischen Witz macht, dann sitzt halb Deutschland auf dem Sofa und nimmt übel.“ Nur sitzen die „Übelnehmer“ heute nicht mehr nur auf dem Sofa, sie sitzen vor allem in den Redaktionsstuben, Kultureinrichtungen, Kirchen, Jugendverbänden sowie natürlich in der Justiz und Politik. Kurzum: Satire darf natürlich (immer noch) alles – zumindest dann, wenn sie nicht von rechts kommt.

    Wir sind also keineswegs zu weit gegangen, wir haben nur (erneut) jene zum Denken herausgefordert, die sich fest im Sattel wähnen und mit Widerspruch nicht sonderlich gut umgehen können. Vor allem dann nicht, wenn er sich nicht einfach und pauschal in Schubladen einsortieren lässt. Kreativer Widerstand, Kunstformen wie Musik, Literatur, Comics oder eben Computerspiele sind den sogenannten Eliten ein besonderer Dorn im Auge. Glatzen und Springerstiefel mögen sie weitaus lieber.

    Die Reaktion, die nun folgte, nämlich die Indizierung unseres Computerspiels, könnte auch der Anfang einer wunderbar komödiantischen Geschichte sein, so wie sie in einem normalen Staat zur Erheiterung und Mahnung des Publikums erzählt oder verfilmt würde. Dass die BPjM tatsächlich denkt – oder zumindest behauptet –, die satirische und bewusst überspitzte Auseinandersetzung mit aktuellen politischen wie gesellschaftlichen Diskussionen gefährde die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, spricht Bände. „Gemeinschaftsfähig“ ist anscheinend nur, wer keine kritischen Fragen stellt.

    Bemängelt wurde unter anderem, dass das Spiel „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ fördere, etwa gegen die „LGBT-Community“. Zudem würden demokratische Institutionen verächtlich gemacht. War das Ihr Ziel?

    Die Argumentation der BPjM entbehrt nicht einer gewissen Ironie, geht es in unserem Spiel doch erkennbar darum, mit dem Mittel der Satire eben jenen Vertretern angeblich pluralistischer Werte ihren totalitären Spiegel vorzuhalten und aufzuzeigen, dass diese den „Minderheitenschutz“ nur als Alibi vor sich hertragen, um einer unfreiheitlichen, omnipräsenten Agenda zum Durchbruch zu verhelfen. Ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass die BPjM unser Spiel überhaupt nicht verstanden hat – oder nicht verstehen wollte.

    Retro-Optik: Bis zur Veröffentlichung des Spiels gingen 15 Monate Entwicklungszeit ins Land. | Foto: Heimat Defender

    Wer nur über den Ansatz kognitiver Fähigkeiten verfügt, muss zwangsläufig erkennen, dass die „LGBT-Community“ vom Entwickler nur als Symbol einer „neuen Welt“ gewählt wurde, in der die durch Zwang herbeigeführte Homogenisierung aller Lebensbereiche weit fortgeschritten ist – und in der zum Beispiel die „binäre Geschlechterordnung“ der Vergangenheit angehört.

    Die von der BPjM vielfach zitierte Regenbogenfahne ist in besagtem Spiel also ein Symbol einer unfreien Zukunft, einer Zukunft der totalen Egalität und Überwachung. Diese zwar satirische, doch zugleich pointierte und scharfe Kritik an der derzeitigen Politik und ihren Zukunftsmodellen macht nur jene Institutionen verächtlich, die sich den Staat zur Beute gemacht haben. Was an diesen Herrschaften demokratisch sein soll, das mögen andere erklären.

    In der Regel werden die Urheber möglicherweise jugendgefährdender Medien von der BPjM angehört, bei Ein Prozent war das nicht der Fall. Warum?

    Die BpJM behauptet, ihre Briefe seien „unzustellbar“ zurückgekommen. Unsere Postanschrift in Dresden herauszufinden, das war anscheinend nicht möglich. Erst als ein „Urteil“ vorlag, konnte diese Adresse dann ermittelt werden. Es wurde also in unserer Abwesenheit „verhandelt“.

    Wer hat der Bundesprüfstelle eigentlich geraten, das Spiel ins Visier zu nehmen?

    Der Antrag auf Indizierung wurde vom Bundeskriminalamt (BKA) gestellt. Zusammen mit dem Inlandsgeheimdienst („Verfassungsschutz“) und anderen Behörden betreibt das BKA seit einigen Jahren die Kooperationsplattform Koordinierte Internetauswertung Rechtsextremismus (KIA-R). Deren Aufgabe sei es, „anlassbezogene und anlassunabhängige offene Internetrecherchen zu Sachverhalten und Ereignissen mit rechtsterroristischen / rechtsextremistischen Bezügen durchzuführen“. Die Federführung obliegt dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Nun ist der Leser aufgefordert, eins und eins zusammenzuzählen. Die Entscheidung der BPjM ist, entgegen jeder Beteuerung, ganz klar eine politische.

    Prominenter Fan: Mit dieser Tasse aus dem Merch-Laden outete sich der AfD-Politiker Björn Höcke als Gamer. | Foto: Kvltgames, Twitter

    Werden Sie Rechtsmittel gegen den Beschluss einlegen?

    Ihren Grundsätzen nach ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bei ihren Entscheidungen zu politischer Neutralität verpflichtet. Lediglich die konkrete „Gefährdung“ der Jugend darf geprüft werden. In ihrer Entscheidung vom 7. Dezember 2020 argumentiert die BPjM jedoch fast ausschließlich politisch.

    Für uns heißt das: anprangern, klagen, einen Präzedenzfall schaffen. Die Klage, die unsere Bürgerinitiative Ein Prozent nun anstrengt, könnte einen solchen wichtigen Präzedenzfall erzeugen, der klarstellt, ob die Kunstfreiheit in Zukunft auch weiterhin für patriotische Akteure gilt. Das Schicksal unseres Computerspiels geht also alle an.

    _ Philip Stein ist Autor und Verleger sowie 1. Vorsitzender des Bürgernetzwerks Ein Prozent. Seit über fünf Jahren steht er dem Verein aus Dresden vor. Das Interview führte COMPACT-Redakteur Daniell Pföhringer.

    In COMPACT 10/2020 haben wir Heimat Defender: Rebellion im Rahmen unserer Kolumne „Kultur des Monats“ vorgestellt. Es folgt der Text aus dieser Ausgabe:


    Showdown in Globopolis

    Wir schreiben das Jahr 2084: Europa befindet sich unter dem Joch von Globohomo, dem Konzern für globale Homogenisierung. Die Menschen sind nur noch NPCs, seelenlose Konsumidioten, die an den Strippen einer transhumanen Technokratenclique baumeln. Alles scheint verloren, doch vier wackere Helden leisten Widerstand im Country formerly known as Germany…

    Sellner, Kubitschek, Malenki und Illner als gezeichnete Helden. Zu dem Spiel wurde auch ein Comic-Heft veröffentlicht.

    Bei den Recken handelt es sich um Martin Sellner, Alex Malenki, Outdoor Illner und den Dunklen Ritter aka Götz Kubitschek. Mit ihnen – als Spielfiguren – kann jetzt jeder am heimischen Computer die konservative Revolution starten. In Zusammenarbeit mit dem Spieledesigner Kvltgames hat das Netzwerk Ein Prozent das Game Heimat Defender: Rebellion entwickelt, das kostenlos angeboten wird.

    Das klassische Jump ’n’ Run-Game im Stil von Super Mario und Mega Man besticht durch seine Retro- und Cyberpunk-Optik und einen entsprechenden Synthwave-Soundtrack, vor allem aber durch die witzige Umsetzung: Man steuert die Helden durch dystopische Welten wie Globopolis oder die linksversiffte Megacity Halleipzig mit ihrer No-go-Area Neo-Connewitz und den Gated Communitys der Herrscherelite. Zu der gehören etwa Oberinquisitor Memel (der unserem Außenminister ziemlich ähnlich sieht) oder der gemeine Direktor Zoon (der wie Jan Böhmermann wirkt).

    Verzwickt wird es im Pizza-Keller einer dämonischen Dragqueen: Hier gilt es, Kinder zu befreien, genauer gesagt kleine Jungs, denen die Teufels-Transe rosa Kleidchen angezogen hat… Mit etwas Glück kommt sogar Dr. Axel Stoll mit seiner Reichsflugscheibe und bringt einen ins nächste Level. Die Sonne ist kalt – und die Erde ein Strafplanet. Muss man wissen.

    Das Spiel hat 15 Monate Entwicklungszeit auf dem Buckel: Jetzt kann man Heimat Defender zocken und den fiesen Mensch-Maschinen gehörig einen vor den Latz zu knallen. Auch wenn es nur am Computer ist. (dp)


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