Gut 30 Jahre lang vermittelten Behörden in Berlin Pflegekinder an Pädophile. Dabei handelte es sich um ein „Experiment“, das der berüchtigte Sexualwissenschaftler Helmut Kentler angestoßen hatte. Ämter und wissenschaftliche Einrichtungen stecken tief mit drin im Sumpf.

    Mindestens zehn Kinder gaben Berliner Jugendämter zwischen 1973 und 2003 in die Obhut des vorbestraften Sexualstraftäter Fritz H., darunter einen schwerbehinderten Jungen, der während der Unterbringung verstarb. Der Fall ist nur einer von vielen, die Wissenschaftler der Universität Heidelberg in einer Studie zusammengetragen haben, deren Ergebnisse sie vor kurzem zusammen mit der Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, Sandra Scheeres (SPD), in der Hauptstadt vorstellten.

    Der von der Berliner Senatsverwaltung in Auftrag gegebene Bericht offenbart Schreckliches: Von Ende der 1960er bis in die 2000er Jahre wurden in Berlin Findel- und Straßenkinder, die als besonders „schwere Fälle“ galten, bewusst bei zum Teil vorbestraften pädophilen Pflegevätern untergebracht. Dabei handelte es sich um ein sogenanntes Experiment des Pädagogen und Sexualwissenschaftlers Helmut Kentler, der von 1966 bis 1974 Abteilungsleiter am Pädagogischen Zentrum Berlin, einer nachgeordneten Dienststelle der Senatsbildungsverwaltung, und später Professor für Sozialpädagogik an der Universität Hannover war. Den Pflegevater und Sexualstraftäter Fritz H. kannte Kentler persönlich, schrieb Gerichtsgutachten in seinem Sinne.

    Weitere Informationen über den Berliner Pädo-Skandal erhalten Sie in der aktuellen Sendung von „Die Woche COMPACT“. Klicken Sie dazu einfach auf den obigen Video-Button.

    Man kann es kaum fassen, aber Kentler meinte offenbar, den 13- bis 15-jährigen Jungen, die er gezielt an Pädophile vermitteln ließ, etwas Gutes zu tun. 1974 schrieb er in einem Vorwort für die Sexaufklärungsbroschüre „Zeig mal!“ über „gleichberechtigte“ sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern: „Werden solche Beziehungen von der Umwelt nicht diskriminiert, dann sind umso eher positive Folgen für die Persönlichkeitsentwicklung zu erwarten, je mehr sich der Ältere für den Jüngeren verantwortlich fühlt.“ Das Handbuch sexueller Missbrauch zitiert den früheren Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für sozialwissenschaftliche Sexualforschung mit den Worten: „Ich habe (…) in der überwiegenden Mehrheit die Erfahrung gemacht, dass sich päderastische Verhältnisse sehr positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Jungen aus-wirken können, vor allem dann, wenn der Päderast ein regelrechter Mentor des Jungen ist.“ Kentler selbst war bekennender Homosexueller und hatte drei Adoptivsöhne.

    Die Heidelberger Wissenschaftler betonen, dass der 2008 in Hannover verstorbene Kentler, der als eine Schlüsselfigur der westdeutschen Pädo-Szene seit den späten 1960er Jahren galt, nicht allein verantwortlich für den in Berlin über Jahrzehnte geförderten Kindesmissbrauch war. In ihrer Untersuchung heißt es, „dass es ein Netzwerk quer durch die wissenschaftlichen pädagogischen Einrichtungen, insbesondere der 1960er- und 1970er Jahre gab, in dem pädophile Positionen akzeptiert, gestützt und verteidigt wurden.“

    Genannt werden neben dem Pädagogischen Zentrum Berlin auch das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, die Freie Universität und das Pädagogische Seminar Göttingen. Nachweislich gab es auch Verbindungen zwischen Kentlers Pädagogischem Zentrum und der Odenwaldschule in Hessen, die nach Bekanntwerden des dortigen Missbrauchsskandals 2015 schließen musste.

    Es ist davon auszugehen, dass es darüber hinaus auch in der Politik Mitwisser und vielleicht sogar Mittäter gab. Jedenfalls ist es auffällig, dass sich die Berliner Senatsverwaltung der Sache erst 2016 annahm und die Untersuchung bei der Uni Heidelberg in Auftrag gab. Kentlers Machenschaften in Berlin und andernorts waren da schon längst bekannt.


    Das Berliner Netzwerk ist kein Einzelfall. In der neuen COMPACT 7/2020 dokumentieren wir nicht nur die schlimmsten Fälle von organisierter Pädokriminalität, sondern decken auch die Strukturen und Hintermänner solcher unsäglichen Verbrechen auf. Lesen Sie unter dem Bild detaillierte Angaben zu unserem Titelthema „Kinderschänder: Netzwerke der Eliten“. Das Heft können Sie HIER oder auf einen Klick auf das Bild oben bestellen.

    Aus dem Inhalt von COMPACT 7/2020:

           Kinderschänder: Netzwerke der Eliten _ von Daniell Pföhringer

    Entführung, Schändung, Mord: Es sind monströse Verbrechen, denen Kinder immer wieder zum Opfer fallen. Alles nur Einzelfälle – oder steckt dahinter ein perverses System? Ein tieferer Blick auf die Strukturen offenbart Erschreckendes. – Tatort Wewelsburg – Dutroux und Sachsensumpf –Adrenochrom: Was ist dran? – Lügde, Bergisch Gladbach, Münster – Opferritual im Bohemian Grove – Podestas Pizzas – Out of Shadows.

    Maddie und die Monster _ von Jürgen Elsässer

    Es ist der wohl spektakulärste Kriminalfall des 21. Jahrhunderts: 13 Jahre liegt das Verschwinden von Madeleine McCann schon zurück – jetzt wurde ein deutscher Tatverdächtiger präsentiert. Doch die Beweislage ist dünn – weitaus mehr Indizien führen in eine andere Richtung. – Ein Psychopath taucht auf – Bluthunde und Geheimdienste – Podesta und das verräterische Phantombild.

    Geheimakte Clinton _ von Oliver Janich

    Der Missbrauchszirkel von Jeffrey Epstein, die Sexsklaverei der Psychosekte NXIVM, das sogenannte Pizzagate – bei allen diesen Skandalen gibt es Verbindungen zum Ehepaar Clinton. Doch die Massenmedien und auch Google unterdrücken die Berichte. – Das große Löschen – Kinder auf Bestellung – „Filthy Rich“.

    «Es gibt keine Einzeltäter» _ Meike Büttner im Gespräch mit Daniell Pföhringer

    Meike Büttner arbeitete viele Jahre im etablierten Medienbetrieb und war «ultralinks», wie sie selbst sagt. In einem Youtube-Video hat sie nun ein dunkles Geheimnis gelüftet – und will damit den Scheinwerfer auf Täter richten, die im Verborgenen agieren. – „Das Netzwerk ist größer, als man es sich vorstellt.“ – „Ich war als Kind mehrere Male auf der Wewelsburg.“

    COMPACT 7/2020 ist erst am kommenden Samstag, 27. Juni, am Kiosk. Aber wir verschicken die Ausgabe jetzt schon ab Verlag.  Hier geht’s zur Bestellung und zu weiteren Infos über den Heftinhalt.

    Kommentare sind deaktiviert.