Ab heute gilt in den Beziehungen der USA zu Syrien der sogenannte Caesar Act, ein Sanktionsgesetz, das eine nochmalige dramatische Verschärfung der US-Maßnahmen gegen das Land im Nahen Osten beinhaltet. Der Westen will damit offensichtlich eine Elendsrevolte gegen Assad lostreten und spielt damit faktisch einmal mehr radikalen Islamisten in die Arme.

    Schon seit fast zehn Jahren hat die EU harte Embargomaßnahmen gegen die syrische Regierung erhoben. Sie umfassen Visasperren und Vermögensstrafen, aber auch das Verbot, Ausrüstungen für die syrische Ölindustrie zu liefern. Vor allem aber leistet die EU, die ansonsten auch in Afrika und im Nahen und Mittleren Osten das Geld mit vollen Händen ausgibt, keine Wiederaufbauhilfen in dem vorderasiatischen Land. Selbst das prowestliche European Council on Foreign Relations stellte im vergangenen Jahr einmal fest, dass die transatlantischen Embargomaßnahmen gegen Damaskus nichts weiter als eine „Politik der verbrannten Erde“ darstellen.

    Völkerrechtlich unzulässige extraterritoriale Sanktionsmaßnahmen

    Gemeinsam mit den US-Sanktionen haben die Brüsseler Maßnahmen dazu geführt, dass sich Grundnahrungsmittel, Medikamente und Heizöl in dem Land enorm verteuert haben. Diese Inflationsspirale will die Regierung in Washington nun nochmals durch den seit heute in Kraft befindlichen sogenannten Caesar Act enorm anfachen. Wieder einmal setzen die USA dabei auf die völkerrechtlich unzulässige extraterritoriale Ausweitung ihres Sanktionsregimes und nehmen alle Drittländer und Drittunternehmen, die es noch wagen, Beziehungen zu Syrien zu unterhalten, in Mithaftung.

    Treffen will man damit vor allem den syrisch-libanesischen Handel, der Damaskus in der Vergangenheit wenigstens noch einen Grundstock an Deviseneinnahmen brachte. Unternehmen aus dem Zedernstaat dürften es sich in Zukunft aber zweimal überlegen, ob sie noch Öl, Gas, Gemüse und Obst aus dem Nachbarland abnehmen, denn sie wären dann automatisch von den denkbar härtesten US-Sanktionen mitbetroffen.

    Kollaps des Finanzplatzes Beirut

    Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Bankenplatz Beirut, traditionell einer der wichtigsten im Nahen Osten, schwer von den Unruhen in Mitleidenschaft gezogen wurde, die den ethnisch und konfessionell tief zerklüfteten Zedernstaat schon seit dem Oktober vergangenen Jahres erschüttern. Das Libanesische Pfund befindet sich seitdem im Sturzflug, und zahlreiche Finanzinstitute schlidderten in die Insolvenz. Das hat auch Folgen für viele regierungsnahe vermögende Syrer, die nicht mehr an ihr im Libanon aufbewahrtes Geld herankommen – die Investitionen, die das völlig zerstörte Land benötigen würde, rücken so in immer weitere Ferne.

    In beiden Ländern schossen die Preise für Grundnahrungsmittel und Medikamente in den vergangenen Monaten nochmals enorm in die Höhe, was teilweise auch auf die Folgen des Corona-Lockdowns zurückzuführen ist.

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    Auch in Syrien kam es deshalb schon zu Hungerprotesten, etwa in der Stadt Sweida. In Washington dürften sich die Konstrukteure des Caesar Act nun wünschen, dass sich die Unruhen am besten auf den ganzen von Präsident Assad kontrollierten Teil des Landes ausweiten. Es ist wieder einmal ein Spiel mit dem Feuer, das die USA im Nahen Osten betreiben, denn wenn Assad stürzt, werden radikale Islamisten an seine Stelle treten, die ideologisch kaum etwas von den Schlächtern der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) trennt.

    Schon der Name des Sanktionsgesetzes ist unfreiwillig bezeichnend. Mit ihm soll „Caesar“, ein syrischer Fotograph, der sich mittlerweile im Exil befindet, geehrt werden. Angeblich zeigen seine Fotos, auf denen Tausende von Leichen zu sehen sind, die Folteropfer des syrischen Geheimdiensts. In diesem Punkt kam das von dem investigativen Journalisten Robert Parry, der in den achtziger Jahren maßgeblich an der Aufdeckung der Iran-Contra-Affäre beteiligt war, gegründete Netzportal Consortiumnews.com schon vor vier Jahren zu gänzlich anderen Ergebnissen.

    Gefährliches Spiel mit falsch deklarierten Fotos

    Mit Blick auf die Bilder von „Caesar“ wurde in dem damaligen Artikel festgestellt: „Die Fotos befinden sich in der Obhut einer Oppositionsorganisation namens Syrian Association for Missing and Conscience Detainees (SAFMCD). Im Jahr 2015 erlaubten sie Human Rights Watch (HRW), alle ansonsten geheimen Fotos zu studieren. Im Dezember 2015 veröffentlichte HRW ihren Bericht mit dem Titel ‚Wenn die Toten sprechen könnten‛. Die größte Entdeckung ist, dass über 46 Prozent der Fotos (24.568) keine Menschen zeigen, die von der syrischen Regierung ‚zu Tode gefoltert‛ wurden. Im Gegenteil, sie zeigen tote syrische Soldaten und Opfer von Autobomben und anderer Gewalt (HRW S. 2-3). So zeigt fast die Hälfte der Fotos das Gegenteil von dem, was behauptet wurde. Diese Fotos, die der Öffentlichkeit nie zugänglich gemacht wurden, bestätigen, dass die Opposition gewalttätig ist und eine große Anzahl syrischer Sicherheitskräfte und Zivilisten getötet hat.“

    Bereiten die USA mit dem Caesar Act womöglich sogar einen heißen Krieg gegen Syrien vor? Es wäre mit Blick auf Vietnam, den Irak, Jugoslawien sowie das Deutsche Reich im Ersten und Japan im Zweiten Weltkrieg sicher nicht der erste Waffengang, den die USA durch die gezielte Schaffung von Kriegsgründen herbeiführen würden – wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, dann sollten Sie unbedingt unser Anfang dieses Jahres erschienenes COMPACT-Spezial Krieg.Lügen.USA: Die Blutspur einer Weltmacht lesen.

    Auch der Caesar Act zeigt einmal mehr, dass die außenpolitische Agenda Trumps nach wie vor von Personen bestimmt wird, die unter Ronald Reagan politisch sozialisiert wurden und später unter dem Kriegspräsidenten George W. Bush teilweise schon hohe Ämter innehatten. Dieser Personenkreis ist – im Gegensatz zu Trump – nach wie vor interventionistisch gesinnt und Kriegsabenteuern nicht abgeneigt. Sollte Trump die Wahlen im November abermals gewinnen, dann müsste er sich von diesen Vertretern eines expansionistisch und aggressiv ausgerichteten „Tiefen Staats“ trennen, um endlich eine Außenpolitik nach seinen eigenen Vorstellungen durchsetzen zu können.

     

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