Punks not dead! Das bezieht sich natürlich nicht auf systemkonforme Pseudo-Punkbands wie Feine Sahne Fischfilet, Slime oder gar die Toten Hosen, sondern auf John Lydon. Der auch als Johnny Rotten bekannte frühere Frontmann der legendären Sex Pistols zeigt, dass er nach wie vor gegen den Mainstream schwimmt – indem er sich nun als Wähler von Donald Trump geoutet hat.

    Der gebürtige Engländer Lydon, der seit 1984 in Kalifornien lebt und seit 2013 US-Staatsbürger ist, sagte dem britischen Observer, er wäre „dumm“, wenn er am 3. November nicht Donald Trump wählen würde. „Er ist die einzig vernünftige Wahl, jetzt, da Biden im Rennen ist – er kann das einfach nicht, das Ruder übernehmen.“

    Trump sei ein „individueller Denker“, so Lydon, der als ehemaliger Sänger der Sex Pistols zu den Urvätern des Punk gezählt wird. Zwar sei der Mann im Weißen Haus vielleicht nicht „der liebenswerteste Kerl auf Gottes Erde“, doch die Alternative Joe Biden sei für ihn nicht überzeugend. Bei den vergangenen Präsidentschaftswahlen habe er Barack Obama und Hillary Clinton unterstützt, doch vor allem wegen Trumps erfolgreicher Wirtschaftspolitik werde er diesmal sein Kreuz bei dem Republikaner machen.

    Auftritt der Sex Pistols 1977. | Foto: Koen Suyk, Nationaal Archief, Den Haag, CC0

    Angesprochen auf den Tod von George Floyd und die Demonstrationen von Black Lives Matter sagte der 64-Jährige dem Observer: „Jeder, den ich kenne, würde sagen, dass das grässlich war. Auf jeden Fall! Das bedeutet aber nicht, dass alle Polizisten schrecklich oder alle Weißen rassistisch sind. Denn alle Leben zählen.“ Die Rassismusvorwürfe gegen Trump halte er für falsch. „Ich wurde der gleichen Sache bezichtigt“, so Lydon. „Darum empfinde ich es als Beleidigung für jeden, der so genannt wird.“

    Im Jahr 2008 hatte der schwarze Frontmann der Rockband Bloc Party, Kele Okereke, Lydon vorgeworfen, ihn am Rande eines Festivals in Barcelona wegen seiner Hautfarbe beleidigt und sogar physisch attackiert zu haben. Lydon bestritt zwar nicht die Auseinandersetzung, jedoch die rassistische Motivation. In einem BBC-Interview erklärte er: „Es ist eine absolute Beleidigung, wenn ich solche Geschichten lese, die völlig unbegründet abgedruckt werden, und man sich herausnimmt, mich einen Rassisten zu nennen, obwohl mein ganzes Leben das genaue Gegenteil beweist.“

    Auf die Nachfrage der BBC-Moderatorin, ob er denn nun ein Rassist sei, antwortete der Musiker, der nach der Auflösung der Sex Pistols die Band Public Image Ltd. (PiL)  gegründet hatte: „Auf keinen Fall. Und jeder Mistkerl, der es wagt so etwas zu sagen, wird sich vor Gericht wiederfinden.“


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    Dass Lydon 2016 seine Stimme für Hillary Clinton abgegeben haben will, ist erstaunlich. Schließlich zeigte er schon damals Sympathien für Trump – sowie für Nigel Farage und den Brexit. Darüber berichteten wir in COMPACT 8/2017 in einem Beitrag über Johnny Rotten, Morrissey, Eric Clapton, Alice Cooper, Neil Young und andere Rock-Rebellen. Es folgt ein Auszug:

    Eine Punk-Legende ist John Lydon, der als «Johnny Rotten» mit den Sex Pistols Mitte der 1970er «Anarchy in the UK» ausrief und den Blutdruck der Spießer in die Höhe trieb. Dass er ein echter Rebell geblieben ist, der den Mächtigen nicht nach dem Mund redet, stellte Lydon vor wenigen Monaten im britischen Frühstücksfernsehen unter Beweis. Als die Moderatoren Susanna Reid und Piers Morgan ihm in der Sendung Good Morning Britain ein politisch korrektes Statement gegen Nigel Farage entlocken wollten, mussten die beiden Fernsehleute mit Erstaunen feststellen, dass Lydon den ehemaligen UKIP-Chef richtig dufte findet und hinter dem Brexit-Votum steht.

    In dem Gespräch ging es um eine Aktion des irischen Musikers Bob Geldof, der nicht nur keine «Mondays» mag, sondern auch keine britischen Unabhängigkeitspolitiker. Der Ober-Gutmensch der internationalen Popszene hatte im Juni 2016 mit Pro-EU-Aktivisten eine Brexit-Kampagnenflotte der UKIP auf der Themse behindert und sich dafür von den Mainstream-Medien feiern lassen. Lydon, stolzer Spross einer Londoner Arbeiterfamilie, erzählte den verdutzen Moderatoren, dass er die Geldof-Aktion reichlich «dumm» fand und Farage damals gerne die Hände geschüttelt hätte (was er inzwischen nachgeholt habe). «Wie ich zum Brexit stehe? Nun, die Arbeiterklasse hat gesprochen, und ich bin einer von ihnen – und ich stehe hinter ihnen», so der Punk-Veteran, der nach Auflösung der Sex Pistols 1978 – Kompagnon Sid Vicious hatte sich durch eine Überdosis Heroin aus dem Leben geschossen – noch einige Zeit mit PiL auf der New Wave surfte.

    Auch die Punk-Patin Vivienne Westwood hat sich von der Linken verabschiedet. Bereits 2010 hatte sie einen Rundumschlag gegen zeitgenössische Kunst, gegen Computerspiele und die Konsumgesellschaft geführt. «Es könnte, knapper formuliert, durchaus als Kommentar in einem erzkonservativen Blatt wie der Daily Mail stehen», beschwerte sich die Süddeutsche.

    Lydon und Westwood befinden sich in guter Gesellschaft. Schon vor mehr als 40 Jahren lobte ihr Landsmann Eric Clapton, weltberühmter Bluesrock-Gitarrist und -Sänger, dessen Megahit «Layla» von 1970 – auch dank Opel – heute noch jeder im Ohr hat, bei einem Konzert in Birmingham den früheren Tory-Politiker Enoch Powell, der 1968 mit seiner düsteren «Rivers of Blood»-Rede in ganz Europa für Schlagzeilen sorgte. Großbritannien sei «überbevölkert» und drohe, «eine schwarze Kolonie» zu werden, so Clapton 1976. Sein Lob für Powell bekräftigte Clapton 2004 nochmal in einem Interview: Der später kaltgestellte Politiker habe «unglaublichen Mut» bewiesen, als er vor der Masseneinwanderung warnte.

    Der britische Tory-Abgeordnete Enoch Powell (1912–1998), ein begnadeter Rhetoriker, studierter Altphilologe und Kriegsveteran, hatte am 20. April 1968 in Birmingham eine legendäre Rede gehalten, in der er vor den Folgen einer ungebremsten Zuwanderung warnte. «Hält der derzeitige Trend an, werden in 15 oder 20 Jahren dreieinhalb Millionen Einwanderer aus dem Commonwealth und ihre Nachkommen in diesem Land leben», so der ehemalige Gesundheitsminister. «Über England verstreut werden Einwanderer und ihre Nachkommen ganze Gegenden, Städte und Stadtteile besetzt haben.» Powells Rede gipfelte schließlich in den Worten: «Wenn ich in die Zukunft blicke, erfüllt mich eine Vorahnung; wie der Römer scheine ich ”den Fluss Tiber mit viel Blut schäumen” zu sehen.» Wegen des Vergleichs ging die Ansprache als «Rivers of Blood»-Rede in die Geschichte ein. Drei Tage nach der Rede warf Tory-Oppositionsführer Edward Heath den unbequemen Mahner aus seinem Schattenkabinett. Auch wenn seine Karriere damit beendet war, konnte das seiner Beliebtheit im Volk nichts anhaben. Eine Umfrage des Daily Express aus dem Jahr 1972 wies Powell noch immer als populärsten Politiker des Landes aus. 2002 erschien sein Name auf der Liste der «100 größten Briten» der BBC.

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