Sensation: Matthias Berger von den Freien Wählern will kommende Woche bei der Ministerpräsidenten-Wahl im Sächsischen Landtag gegen CDU-Amtsinhaber Michael Kretschmer antreten. Mit den Stimmen von AfD, BSW und Unionsabweichlern könnte er neuer Regierungschef werden. Warum auf die Etablierten kein Verlass ist, lesen  in unserer neuen Spezial-Ausgabe „Die Altparteien – Wie sie uns belügen und betrügen“. Eine gnadenlose Abrechnung mit dem Kartell. Hier mehr erfahren.

    Am kommenden Mittwoch (18. Dezember) wählt der Sächsische Landtag einen neuen Ministerpräsidenten. Bei der CDU um Amtsinhaber Michael Kretschmer liegen die Nerven blank. Denn: Der Landtagsabgeordnete Matthias Berger, per Direktmandat über den Wahlkreis Leipzig-Land 3 als einziger Mandatar der Freien Wähler ins Parlament eingezogen, will gegen Kretschmer antreten.

    Der ehemalige Oberbürgermeister von Grimma gilt als Konservativer mit guten Kontakten in CDU-Kreise, aber auch zur AfD und zum BSW. Gemeinsam mit der nach rechts gewendeten Ex-Grünen Antje Hermenau rief er 2018 die überparteiliche Bürgerbewegung für Sachsen ins Leben.

    Bergers Ziel ist die Bildung einer sogenannten Expertenregierung, die parteiunabhängig ist und politische Entscheidungen auf Basis von Fachwissen trifft. Er möchte Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung an Bord holen und argumentiert unter anderem damit, dass dies in der jetzigen Lage die einzige Möglichkeit sei, eine handlungsfähige Regierung zu bilden. Die linksliberale Zeit spricht schon von „Kretschmers Albtraum“, und Radio Dresden fragt: „Könnte Grimmas Ex-OB sächsischer Ministerpräsident werden?“

    Unklare Mehrheitsverhältnisse

    Die Chancen für Berger ergeben sich aus unklaren Mehrheitsverhältnissen im Landtag. Kretschmers CDU will mit der SPD eine Minderheitsregierung bilden, die bei jeder Abstimmung auf Stimmen aus den anderen Fraktionen angewiesen wäre. Das trifft auch bei manchen Abgeordneten der Union nicht gerade auf helle Begeisterung. CDU und SPD halten zusammen 51 von 120 Sitzen. Notwendig für eine Mehrheit wären 61 Sitze.

    Für Berger wäre mit Blick auf die Ministerpräsidentenwahl am 18. Dezember die Unterstützung durch AfD und BSW entscheidend. Zusammen mit diesen Fraktionen (AfD: 40 Sitze, BSW: 15 Sitze) und seiner eigenen Stimme käme er auf 56 Stimmen. Die AfD hat bereits signalisiert, Berger zu unterstützen, sollte Kretschmer im ersten Wahlgang, wo eine absolute Mehrheit notwendig ist, scheitern.

    Kretschmer hingegen kann sich im besten Fall auf die 51 Stimmen von CDU und SPD stützen, eine Unterstützung durch Grüne (7 Sitze) oder Linke (5 Sitze) gilt als unwahrscheinlich, zumindest im ersten Wahlgang. Es gilt jedoch nicht als ausgeschlossen, dass es insbesondere bei der Union Abweichler gibt. Möglicherweise könnte Berger auf solche Abtrünnigen setzen. Im zweiten Wahlgang, in dem keine absolute Mehrheit mehr erforderlich ist, sondern lediglich mehr Ja- als Nein-Stimmen, könnte der Freie-Wähler-Mann dann tatsächlich Kretschmer überholen.

    Mögliche Szenarien

    Konkret könnten sich zum Beispiel folgende drei Szenarien ergeben:

    1. Kretschmer wird im ersten Wahlgang, bei dem er die absolute Mehrheit der Stimmen benötigt, von allen CDU- und SPD-Abgeordneten sowie von Grünen und Linken gewählt. Damit wäre er wieder Ministerpräsident.

    2. Kretschmer scheitert im ersten Wahlgang, wird dann im zweiten vom Gros der CDU- und SPD-Abgeordneten sowie von Linken und Grünen gewählt. Berger erhält alle Stimmen von AfD und BSW (insgesamt 56) und dazu Stimmen von fünf Abweichlern aus den Reihen der Union. Dann wäre Berger Ministerpräsident.

    3. Die AfD nominiert Jörg Urban als Kandidaten in allen Runden. Dann splitten sich die Stimmen für Berger auf die AfD und ihn, und Kretschmer gewinnt in der zweiten Runde mit einfacher Mehrheit und bleibt weiter Ministerpräsident.

    Sollten sich Grüne und Linke enthalten, könnten bereits die Stimmen von AfD, BSW und die von Berger selbst ausreichen, um den Freie-Wähler-Mann auf den Regierungssessel zu hieven. Doch dies dürfte eher unwahrscheinlich sein, da sich der Linksblock eher für eine Fortführung der Kretschmer-Regierung als für eine wie auch immer geartete Expertenregierung unter Berger aussprechen dürfte – schon aus taktischen Gründen.

    Eine weitere Unbekannte ist das Stimmverhalten der BSW-Abgeordneten, die sich, zumindest teilweise, am Ende doch auf die Seite von CDU und SPD schlagen könnten, da sie sich dem Ausgrenzungskurs gegenüber der AfD, auf deren Stimmen Berger unbedingt angewiesen ist, verpflichtet fühlen könnten.

    Wie auch immer: Die Ministerpräsidentenwahl am kommenden Mittwoch ist wohl die spannendste, die Sachen jemals erlebt hat. Alles hängt stark von den Dynamiken im Landtag ab – und ein politisches Erdbeben ist nicht ausgeschlossen.

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