Gestern vor 80 Jahren flog Rudolf Heß in das Vereinigte Königreich, um die britische Regierung zu einem Friedensschluss zu bewegen. Aus diesem Anlass folgt ein Vorabdruck aus COMPACT-Geschichte Geschichtslügen gegen Deutschland. Hier vorbestellen.
_ von Michael Vogt
Ich wollte einfach Wissenschaftler sein, wollte forschen ohne Scheuklappen und Denkverbote. Das ging lange gut, bis mein Dokumentarfilm Geheimakte Heß die Gesinnungswächter auf den Plan rief. Ich musste mundtot gemacht und meine Reputation vernichtet werden. Was hatte ich verbrochen?
Gleich gegen mehrere Denkverbote verstoßen
Als ich 2004 die zweiteilige Dokumentation über den bis heute mysteriösen Englandflug des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß drehte und diese dann insgesamt siebenmal auf NTV ausgestrahlt wurde, hatte ich gleich gegen mehrere BRD-Denkverbote verstoßen: Die Kriegsschuld am und im Zweiten Weltkrieg, am Ausbruch und an den Stufen der Ausweitung liegt bei den Deutschen. Punkt.
Hier andere Aspekte anzubringen und die Kriegstreiberei der Politik Churchills anzusprechen, ist ein Tabu. Gleichermaßen klar hat das Bild bei den Kriegsverbrechen zu sein: eine deutsche Spezialität, allenfalls bei deren Verbündeten noch zu finden. Punkt. Die Alliierten im Umkehrschluss haben für Freiheit und Demokratie und Menschenrechte gefochten. Punkt. Die Nazis wollten Krieg. Ihre Gegner wollten Frieden. Punkt.
Dass der britischen Regierung gleich ein ganzes Bündel an Friedensvorschlägen vorlag und Churchill gemäß seines Bonmots, England werde den europäischen Krieg verlieren, aber den Weltkrieg gewinnen, unbedingt letzteren, also das Einbeziehen der USA und der UdSSR betrieb, passt nicht zum wohlgehüteten Image des späteren Nobelpreisträgers.
Gefängnis zwischen Buchdeckeln
Meine TV-Dokumentation berichtet von den Funden des britischen Junghistorikers Martin Allen, der im britischen National Archive (ehemals Public Record Office) auf die geheimen Akten zu den deutschen Friedensvorschlägen an England stieß. Diese Initiativen beinhalteten unter anderem die Angebote der Reichsregierung, alle besetzten Länder zu räumen, Reparationen für entstandene Beschädigungen an die Kriegsgegner zu zahlen sowie einen polnischen Staat wiederherzustellen. Dadurch wären mit einem Schlag all die Gründe weggefallen, die am 3. September 1939 den britischen Kriegseintritt gerechtfertigt hatten.
Die zum Durchkämpfen des Krieges entschlossene britische Regierung hätte aber ihrem Volk und der Öffentlichkeit nicht verständlich machen können, dass, obwohl alle Kriegsziele durch Verhandlungen zu erreichen gewesen wären, man trotzdem weiterkämpfen sollte.
In die Falle gelockt
Hitlers Reichsminister Heß wurde – das belegen die im Film erstmals gezeigten Dokumente – vom britischen Geheimdienst SOE (Special Operations Executive) in eine Falle gelockt. In der Tat gab es eine ganze Reihe von Friedensinitiativen in Richtung England von ganz unterschiedlichen Adressanten in und außerhalb des Deutschen Reiches. Sämtliche dieser Vorstöße wurden von Churchill und seinem außenpolitischen Berater Robert Vansittart kategorisch abgelehnt.
Dem Premier ging es um eine Politik der unbedingten Kriegsausweitung. Und Vansittart, sein Chefdenker und Chefstratege, machte in einer Notiz an den britischen Außenminister Anthony Eden deutlich, dass es um die „Vernichtung Deutschlands, nicht um Nazi-Deutschlands“ gehe und von daher sämtliche Friedensangebote ausgeschlagen werden müssten. Man habe – so Vansittart weiter – „genug von Angeboten von (…) Goerdeler und Konsorten“. (…)
Ein dubioser Todesfall
Dass Heß sehr wahrscheinlich mit einem konkreten Friedensvorschlag nach England flog, sollte (und soll bis heute) nicht bekannt werden. Daher durfte im Nürnberger Prozess Professor Karl Haushofer, der die Pläne Heß’ kannte, in dessen Auftrag den Flug plante und die komplette Korrespondenz des Hitler-Stellvertreters mit dem Duke of Hamilton führte, auf keinen Fall zugunsten von Heß aussagen. Und so erhielten Haushofer und seine Frau vor seiner geplanten Zeugenaussage Besuch von zwei britischen Geheimdienstagenten.
Die Herren müssen so überzeugend gewesen sein, dass Haushofer sich selbigen Tages zusammen mit seiner Frau im Wald erhängte. Die beiden Spione konnten ihrem Auftraggeber, dem späteren britischen Hochkommissar in der BRD, anschließend erleichtert nach England melden, dass „das Problem, diesen Mann und den Nürnberger Prozess betreffend, beseitigt wurde“. (…) Ende des Textauszugs.
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«An einem interessanten Wendepunkt» _ Christopher Clark im Kreuzverhör
Kein Hunnenkaiser_ Üble Nachrede über Wilhelm II.
Gräuelpropaganda zieht am besten _ Die Lügen von der Kinderfolter
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Kapitel 3: Zweiter Weltkrieg – Risse in der Siegerpropaganda
Ein Krieg mit vielen Vätern _ Das Jahr 1939 und die Westmächte. Von Gerd Schultze-Rhonhof
Putin, der Revisionist _ Wie Moskau die Diskussion neu öffnet
Massenmord im Wald _ Katyn – eine zählebige Lüge
Der Friede, der nicht sein durfte _ Ein verbotener Film über Rudolf Heß. Von Michael Vogt
BRD-Sprech: Holocaust _ Wie ein Begriff in unsere Welt kam. Von manfred Kleine-Hartlage
Ein Bild lügt mehr als tausend Worte _ Die Kolportagen der Wehrmachtsaustellung
Kapitel 4: Der böse Bann – Die Verfluchung eines Volkes
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