Vor 40 Jahren erschoss die Lübecker Gastronomin Marianne Bachmeier den Mörder ihrer Tochter während des laufenden Prozesses im Gerichtssaal. Kaum jemand hatte kein Verständnis für die Tat, die sie selbst nie bereute. Es folgen Auszüge aus dem COMPACT-Spezial «Geheimakte Kinderschänder – Die Netzwerke des Bösen».

    Das Magazin ist leer. Acht Schüsse hat sie an diesem 6. März 1981 im Sitzungssaal des Schwurgerichts Lübeck abgefeuert. Sechs davon trafen den Sexualstraftäter Klaus Grabowski in den Rücken, zwei schlugen krachend in die Holzbank ein. Fassungslose Blicke richten sich nun auf die große, dunkelhaarige Frau, die an den beiden Verhandlungstagen zuvor wie meditierend vor einem Bild ihrer Tochter versunken zu sein schien. Ihr Anwalt ist nur einen Moment zu spät gekommen, um ihr den Arm herunterzureißen, sie am Schießen zu hindern. Doch Marianne Bachmeier hat es geschafft – der Mörder von Anna liegt tödlich getroffen am Boden.

    Der «Stern» sicherte sich die Exklusivrechte an der Bachmeier-Story. | Foto: Stern

    Nun tritt die Rächerin durch die Tür und wirft die Beretta, mit der sie Grabowski gerichtet hat, auf den Gang. Als sie zwei Stunden später von Kripo-Beamten zu einem Polizeifahrzeug gebracht wird, winken ihr die ersten Passanten freundlich zu. Kein Einzelfall! Schnell zeigt sich, dass viele Menschen neben der Akzeptanz des staatlichen Gewaltmonopols eine zweite Sphäre der Empathie in sich tragen, in der sie den brennenden Schmerz der auf so grauenhafte Weise um ihr Kind gebrachten Mutter nachvollziehen können.

    Innerhalb von nur einer Woche kommen Spenden in Höhe von 100.000 DM für ihre Prozesskosten zusammen. In der Untersuchungshaft erhält sie tausende Briefe, deren Tenor sich ähnelt: Sie habe «einen Orden verdient», heißt es. Und sie habe «als Frau wie ein Mann» gehandelt. Jetzt rückt auch ihr Privatleben in den Fokus der Öffentlichkeit. Dabei kommt das Bild einer Frau zum Vorschein, die nach außen hin immer als starke Amazone erschien, aber ein Leben am Rande des Wahnsinns führen musste.

    Eine schwere Kindheit

    Geboren wird Marianne Bachmeier am 3. Juni 1950 in der sogenannten Mäuseburg der niedersächsischen Kleinstadt Sarstedt. So nennen die Anwohner die baufällige Notunterkunft, in der in den Nachkriegsjahren Heimatvertriebene aus den deutschen Ostgebieten auf engem Raum zusammenleben müssen. Ihre Mutter Hanna entstammt einer Familie ostpreußischer Rittergutsbesitzer, ihr Vater Josef ist Ende der 1920er Jahre als Berufsoffizier von seiner bayerischen Heimat in die nordöstlichste Provinz des Reiches versetzt worden. Später schließt er sich der Waffen-SS an. Als er im August 1944 als stellvertretender Kommandeur des SS-Panzergrenadier-Regiments Norge in den Schlachten am russisch-estnischen Grenzfluss Narva den Gegner mit drei Stoßtrupps angreift und zum Rückzug zwingt, wird ihm das Ritterkreuz verliehen.

    Die Bachmeier-Geschichte wurde mit Gudrun Landgrebe verfilmt. | Foto: Planet Film GmbH

    Der hochdekorierte Soldat soll im zivilen Leben der Bundesrepublik nicht zurechtkommen. Er verfällt dem Alkohol. Als sich seine Frau 1954 von ihm trennt, beginnt für Marianne eine schwere Zeit. Ihr neuer Stiefvater, ein Fernfahrer und Hobby-Catcher, verteilt Schläge schon für ein Eselsohr im Schulbuch. Ihren Vater darf sie zwar außerhalb der geregelten Besuchszeiten an jedem zweiten Wochenende nicht sehen, doch manchmal schwänzt sie die Schule, um bei ihm sein zu können. Dann sieht man die beiden in seiner Stammkneipe, wo der Ex-Offizier das Ritterkreuz am Revers seines abgenutzten Sakkos trägt. Marianne weiß, wie sie ihm eine Freude machen kann: Sie geht zur Jukebox und spielt «Preußens Gloria» oder «Alte Kameraden» ab. Noch als der Stern -Journalist Heiko Gebhardt sie später im Gefängnis Lauerhof besucht, kann sie ihm aus dem Kopf den Text des Liedes vorsingen: «Zur Attacke ging es Schlag auf Schlag, Ruhm und Ehr‘ soll bringen unser Glück. Los Kameraden! Frisch wird geladen! Heute ertönt die Kampfmusik.» (…)

    Das große Glück

    (…) Im Februar 1972 scheint sich das Blatt zum Guten zu wenden. Sie lernt Christian B. kennen, einen Hippie, der zuvor durch Nepal getrampt ist. Die beiden verlieben sich und werden ein Paar, ein Jahr später wird ihre Tochter Anna geboren. Es sind Jahre des Glücks. Christians Kieler Kneipe Karl der Dicke kann sich vor Gästen kaum retten, die kleine Familie wohnt vor den Toren der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt mit vielen Tieren auf einem kleinen Öko-Bauernhof. Doch Mariannes Lebensgefährte verspekuliert sich mit dem Kauf eines Ausflugsdampfers und verliert fast sein gesamtes Kapital. Das Paar beschließt, sich mit der Eröffnung einer neuen Kneipe in der von Touristen geradezu überlaufenen Lübecker Altstadt am eigenen Schopf aus dem Sumpf zu ziehen. Tatsächlich wird auch das Tipasa, wo die Gäste zu Livemusik tanzen und Pizza essen können, ein voller Erfolg.

    Ein Bild aus guten Zeiten – die kleine Anna streichelt ein Pferd. | Foto: Screenshot Youtube

    Es ist vor allem Marianne, die das Geschäft mit ihrer Ausstrahlung und Schlagfertigkeit am Laufen hält – Tag und Nacht. Als sie am 5. Mai 1980 etwas zu spät aus den Federn kommt, hat sich Tochter Anna schon auf den Weg zu ihrer Freundin Christa gemacht. In dem Nachbarshaus, das die 7-Jährige nun ansteuert, lebt auch der 19-fach vorbestrafte Klaus Grabowski. Seine Geschichte ist ein Musterbeispiel für die verheerenden Wirkungen, die die gerade in den 1970er Jahren weitverbreitete Verharmlosung von pädophilen Straftätern entfaltet hat. Vielen Kinderschändern sind im Zuge der von der Neuen Linken ausgerufenen sexuellen Revolution große Freiräume zugestanden worden. (…)


    Den kompletten Text «Rache für Anna» können Sie im aktuellen COMPACT-Spezial «Geheimakte Kinderschänder – Die Netzwerke des Bösen». Dort lesen Sie dazu weiter:

    *Annas Mörder und der Arzt: Wie der 19-fach vorbestrafte Triebtäter Klaus Grabowski nach seiner Kastration wieder «scharf gestellt» wurde. Ein medizinischer Skandal im Geiste linker Ideologie.

    *Das Leiden der Marianne Bachmeier: Welche Qualen die Mutter nach dem Mord an ihrer Tochter erlitt.

    *Selbstjustiz statt Kuscheljustiz: Wie die todunglückliche Frau das Heft des Handelns selbst in die Hand nahm.

    *Das Leben nach der Tat: Wie es Marianne Bachmeier weiter erging, wie sie den Ausweg suchte und wie sie letztlich wieder im Tode mit Anna vereint war.

    Den gesamten Inhalt von  COMPACT-Spezial «Geheimakte Kinderschänder – Die Netzwerke des Bösen» und die Möglichkeit zur Bestellung finden Sie HIER oder per Klick auf das obige Banner.

    Kommentare sind deaktiviert.