Letzte Warnung: Russlands Aufruf zum Dialog

In seiner Rede vom 29. Februar rechnet der russische Staatspräsident Wladimir Putin zwar mit westlicher Aggressions-Politik ab, betont aber zugleich die Notwendigkeit künftiger Diplomatie. Wer bei geopolitischen Themen rund um Russland mitreden will, muss COMPACT-Spezial „Feindbild Russland: Die NATO marschiert“ kennen. Hier mehr erfahren.

_ von Naomi Seibt

Die Massenmedien toben: Präsident Putins jüngste Rede an die Bundesversammlung vom 29. Februar 2024 hat eine Flut der Empörung ausgelöst:

„Putin droht dem Westen“ hieß es an diesem Tag in den westlichen Mainstream-Medien wie dem Spiegel, der Tagesschau, ZDF, Bayrischer Rundfunk, Frankfurter Rundschau, BBC, DW, EuroNews – die Aufzählung nimmt kein Ende, aber der Titel ist immer derselbe.

Während die Schlagzeilen Putins Worte mit einer Kriegstrommel versahen, blieben die leisen Töne des Dialogs und der Diplomatie unbeachtet. Dass der Westen sich selbst damit der größten Gefahr aussetzt, wird leichtsinnig unterschlagen. Es lebe der Populismus!

Putin, auf den spätestens seit dem viral verbreiteten Interview mit Tucker Carlson wieder alle Augen des Westens gerichtet sind, stellte einmal mehr unter Beweis, dass er sein Land resolut und mit einer präsidialen Zielstrebigkeit beherrscht. Er bot Kompromisse, aber stellte Bedingungen: Die Souveränität seines Volkes erhob Putin klar zu seiner obersten Priorität.

Während der Westen nach dem Prinzip „Gib ihnen Brot und Spiele“ zu regieren scheint, informierte Putin sein Volk in seiner Rede genau über Russlands Position und Pläne im geopolitischen Raum und zeigte sich dankbar für den nationalen Zusammenhalt.

Koloniale Praktiken des Westens

Er berichtete stolz über die militärische Fortschrittlichkeit Russlands, womit er ein deutliches Zeichen an den Westen sandte, ihn nicht zu unterschätzen.

Dabei betonte er jedoch, dass die Provokation nicht von Russland ausging und erinnerte die Öffentlichkeit: „Wir haben den Krieg im Donbass nicht begonnen, aber wir werden alles tun, um ihn zu beenden, den Nazismus auszurotten und alle Ziele der speziellen Militäroperation zu erfüllen, sowie die Souveränität zu verteidigen und sicherzustellen, dass unser Volk sicher ist.“

Putin nahm kein Blatt vor den Mund und konfrontierte den Westen mit einer bestimmten Anklage: „Der sogenannte Westen, mit seinen kolonialen Praktiken und seiner Vorliebe für die Anstiftung ethnischer Konflikte weltweit, sucht nicht nur unseren Fortschritt zu behindern, sondern auch eine Vision von Russland zu verwirklichen, das abhängig vom Westen und dem Untergang geweiht ist, wo sie tun und lassen können, was sie wollen.“

Mit deutlichen Worten wies Putin auf die Widersprüche hin, denen Russland in den Verhandlungen mit dem Westen gegenübersteht:

„Hier haben wir ein gutes Beispiel für ihre Heuchelei. Sie haben kürzlich unbegründete Anschuldigungen, insbesondere gegen Russland, hinsichtlich Plänen zur Stationierung von Atomwaffen im Weltraum gemacht. Solche erfundenen Erzählungen, und diese Geschichte ist unzweifelhaft falsch, sind darauf ausgelegt, uns in Verhandlungen nach ihren Bedingungen zu verwickeln, was nur den Vereinigten Staaten zugutekommen würde.“

Putin bekräftigte außerdem, dass Russland seit über 15 Jahren einen klaren Vorschlag für eine Vereinbarung mit dem Westen auf dem Tisch hat, um die Stationierung von Waffen im Weltraum zu verhindern. Ohne jegliche Reaktion vom Westen. Stattdessen habe dieser die Angst vor der russischen Bedrohung nur weiter angeheizt. Man muss sich inzwischen fragen, ob das vermeintliche Interesse der US-Regierung an friedlichen Verhandlungen über strategische Stabilität nur der westlichen Bevölkerung vorgetäuscht wird…

Russland werde aber keinesfalls akzeptieren, dass der Westen die russische Souveränität und Sicherheit sabotiert, so Putin. Er stellte klar, dass er die Strategie des Westens durchschaut habe: Nämlich ein Rüstungswettlauf, der darauf abzielt, Russlands Ressourcen restlos zu erschöpfen. So, wie bereits die Sowjetunion im Kalten Krieg gestürzt wurde. Darum sei Russland bereit, die Verteidigungsindustrie zu stärken und diesmal maximal wirtschaftlich und technologisch effizient vorzugehen.

Eskalation vermeiden

Dennoch, Putin beteuert unmissverständlich: Die Behauptungen, Russland wolle diesen Krieg auf die Spitze treiben, seien vollkommen haltlos:

„Der Westen hat Konflikte in der Ukraine, im Nahen Osten und in anderen Regionen der Welt provoziert, während er kontinuierlich Falschinformationen verbreitet hat. Jetzt haben sie die Dreistigkeit, zu behaupten, dass Russland Absichten hat, Europa anzugreifen. Könnt ihr das glauben?“

Putins Ansprache beinhaltet definitiv eine warnende Botschaft: Aggressoren gegen Russland werden deutlich härtere Konsequenzen erfahren. Das ist die Drohung, von der die Medien sprachen. Doch Putin meinte hiermit eindeutig eine defensive Maßnahme als Antwort auf westliche Attacken. Er zeigte sich empört über die waghalsigen Versuche des Westens, Russland militärisch einzuschüchtern, statt diplomatische Verhandlungen zu initiieren. Das Angebot kommt ja sogar von Russland selbst!

„Es gibt keinen Grund für eine Eskalation der Spannungen. Russland steht immer für den Dialog und die Suche nach gemeinsamen Lösungen zur Verfügung.“

Die Forderung nach einem Dialog wurde auch vom stellvertretenden russische Außenminister Sergej Rjabkow reflektiert. In einem Interview vom 27. Februar wies er auf die tiefe Verwicklung Deutschlands in den Ukraine-Konflikt hin und äußerte Besorgnis über die zunehmend aggressiven militaristischen Äußerungen. Doch er zeigte Anerkennung dafür, dass dies nicht repräsentativ für das deutsche Volk sei:

„Wir sind aber zuversichtlich, dass bei weitem nicht alle in Deutschland diese Herangehensweise unterstützen und verstehen, worein die hiesigen ,Falken‘ (Hardliner) das deutsche Volk hineinziehen.“

Während der Westen seine eigene Bevölkerung mit der Vorhersage eines Atomkriegs in Angst und Schrecken versetzt, rief Putin dazu auf, sich für Dialog und Zusammenarbeit einzusetzen, um die Eskalation zu vermeiden.

Der Westen sei sich gar nicht der Tragweite dieser Gefahr durch seine eigene Skrupellosigkeit bewusst. Es scheint, die westlichen Mächte wollen nicht aus ihren Fehlern lernen und stattdessen den Konflikt entflammen. Putin selbst wirkte erschrocken über diese Leichtsinnigkeit:

„Alles, was sie jetzt erfinden, indem sie die Welt mit der Bedrohung eines Konflikts mit Atomwaffen in Schrecken versetzen, was potenziell das Ende der Zivilisation bedeutet – begreifen sie das nicht? Das Problem ist, dass dies Menschen sind, die noch nie mit tiefgreifendem Unglück konfrontiert wurden; sie haben keine Vorstellung von den Schrecken des Krieges.“

Die derzeitigen Spannungen zwischen den Weltmächten sind keineswegs zu verharmlosen. Das Letzte, was die westlichen Regierungen jetzt tun sollten, ist, einen sturen Egokurs zu fahren und kompromisslos ihre Angriffe zu verschärfen.

Es ist an der Zeit, dass der Westen seine Feindbilder überwindet und sich ernsthaft um eine konstruktive Zusammenarbeit mit Russland bemüht. Bevor es zu spät ist.

Unverzichtbares Hintergrundwissen zum Krieg in der Ukraine sowie knallharte Fakten aus der Geschichte und Gegenwart Russlands. Mehr dazu erfahren Sie in COMPACT Spezial „Feindbild Russland – Die NATO marschiert“. Hier bestellen.