Sven Dietrich, einst SPD-Bürgermeister in Zwickau, hat mit Was aus unseren Ängsten wurde einen spannenden Zukunftsroman vorgelegt, der gerade im Herbst 2021 verzweifelt aktuell ist: Polen wehrt sich gegen die EU und beharrt auf dem Vorrang des nationalen Rechts vor der EU-Gesetzgebung – und im Osten wurde bei den Bundestagswahlen ganz anders abgestimmt als in den Gebieten der Alt-BRD. Dietrich nimmt auf die Geschichte Bezug: Schon unter August dem Starken waren Sachsen und Polen vereint. Und wenn es wieder dazu käme?

    In der COMPACT-Ausgabe vom September 2018 habe ich eine „Prognose 2070″ formuliert:

    Auf dem Gebiet der früheren Bundesrepublik Deutschland sind zwei Staaten entstanden. Im Westen das Islamische Kalifat, im Osten die Deutsche Föderation. Das zunächst noch demokratisch organisierte Scharia-Regime konnte den wirtschaftlichen Zusammenbruch nach dem Exodus zahlreicher Traditionsfirmen nur durch umfangreiche Finanzhilfen aus Saudi-Arabien abwenden, die Riad allerdings an die Übernahme seiner strengen Koran-Auslegung knüpfte.

    Seitdem wird in Neu-Aleppo (früher: Köln) vor dem in eine Moschee umgewandelten Dom in aller Öffentlichkeit Blutgericht über unkeusche Frauen, Homosexuelle und bekennende Christen gehalten. (…)  An der früheren Demarkationslinie zwischen BRD und DDR wurde von israelischen Experten eine neue Mauer hochgezogen.

    Die Nationale Volksarmee steht schwerbewaffnet hinter den Minenfeldern, die Uzis nach Westen gerichtet. Das Parlament der Deutschen Föderation mit Sitz in Dresden hat im Jahr 2050 den Beitritt zum neuen Warschauer Pakt beschlossen, einem Bündnis der slawischen Staaten, das von Moskau geführt, aber auch von Washington toleriert wird.

    Dietrichs Roman modifiziert das Szenario weiter: Der Osten konnte den islamischen Vormarsch nur stoppen, weil Armeen aus den slawischen Nachbarstaaten zu Hilfe kamen. Das hatte seinen Preis: Die Länder zwischen Ostsee und Erzgebirge wurden dem neuen Königreich Polen einverleibt und zwangskatholiziert.

    In den Wäldern sammelt sich eine germanisch inspirierte Widerstandsbewegung, die Freiheit und Unabhängigkeit für das ganze Vaterland will. Doch der Geheimagent der Krone weiß, wie kompliziert die Dialektik zwischen patriotischer Utopie und schnöder Realpolitik ist. Eine schöne Ungarin wird in das Kalifat eingeschleust, ihre Mission endet beinahe im Fiasko…

    Buchautor Sven Dietrich ist kein Unbekannter: Von 2001 bis 2008 war er Bürgermeister der Stadt Zwickau. Nach fast 20 Jahren Mitgliedschaft trat er 2016 aus der SPD aus.

    Sein Roman hat ein paar stilistische Schwächen, aber überzeugt durch seinen spannenden und schlüssigen Plot und die Differenziertheit in der Darstellung der Antagonisten: Es gibt mehr als Schwarz und Weiß, und die Wahrheit ist immer konkret. Für Science-Fiction- und Agententhrillerfreunde ein Muss, für COMPACT-Leser ein absolutes Muss. Hier bestellen.

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