Der Briefwechsel zwischen Ernst Jünger und seiner ersten Frau Gretha: Das sind literarische Röntgenbilder jenseits der Selbst-Stilisierung. Wir bieten Ihnen diese Dokumente eines Ausnahmepaares um 40 % reduziert an – für nur 25 Euro (statt 42 Euro). Aber nur heute, 22.12.2022, bis 24 Uhr. Jetzt zuschlagen!

    Ernst Jünger, der „Stahlerotiker“ (Sloterdijk) des Ersten Weltkriegs als zärtlich Verliebter – ist das vorstellbar? Als 28jähriger Leutnant, der kindliche Ritterphantasien vom Raub seiner Prinzessin hegt? Genau das gesteht Jünger 1922 der 16jährigen Lidy Toni Margarete Anni von Jeinsen, kurz Gretha:

    „Es sind doch heute traurige Zeiten! Wenn man früher eine kleine Prinzessin erobern wollte, so zog man eine Rüstung an, schnallte das Schwert um und zog durch Wälder und Burgschlösser auf Abenteuer. Heute führt der Weg durch bürgerliche Brauhäuser und andere unangenehme Örtlichkeiten.“

    Selbst vier Jahre Materialschlacht haben ihm den Abenteurer nicht ausgetrieben. Und Gretha ist ein wildes Prinzesschen: sie brach das Gymnasium ab (zu langweilig), spielte an der Seite von Theo Lingen in Kleists Der zerbrochene Krug, schreibt Couplets und genießt die Teilnahme an revolutionären Männerzirkeln. Dennoch bezeichnet sie ihren Verlobten nicht Ritter, sondern als „Schneckchen“.

    Nein, Leutnant Schneckchen und die feurige Aristokratentochter führen kaum politische Debatten, aber Motive seiner Schriften blitzen regelmäßig auf. So möchte er mit Gretha der Welt des modernen Massenmenschen schnellstens entfliehen:

    „Wir schätzen beide das Alltägliche nicht, daher wollen wir uns vor dieser Masse mit ihren Maschinengesichtern zurückziehen und unsere Liebe unter dem Besonderen verbergen.“

    Die Sehnsucht nach Ewigkeit bricht sich Bahn:

    „Aber die Zeit ist doch das Hässlichste, was es gibt, alles zerfließt unter ihrer Hand.“

    Auch der hitzigste Liebesrausch. Nach Auflösung des nationalrevolutionären Zirkels in Berlin und dem Umzug nach Goslar (1933) holt der geflohene Alltag sie gnadenlos ein: Pragmatismus dominiert das Schreiben. Zwischendurch berichtet Ernst Jünger von seinen Reisen durch Norwegen und Brasilien, während Gretha über Freunde wie dem Maler Rudolf Schlichter erzählt. Erst mit Anbruch des Zweiten Weltkrieges vibrieren die Worte wieder. Für Jünger bedeutet er Stationierung in Paris, während Gretha in Kirchhorst die Stellung hält.

    Knochenstürme und Widerstand

    Buchcover

    Sorgen und Sehnsucht fließen in die Schreibfeder: man teilt Kriegsereignisse (sie bezeichnet die Angriffe als „Knochenstürme“), Kinobesuche, Lektüren und Begegnungen. Auch der kleine Sohn Alexander (alias „Pümpi“) fügt Kurzpassagen hinzu:

    „Lieber Papa, der Weihnachtsmann war da. Ich wünsche dir ein gutes Weihnachtsfest und denke und bete immer für dich. Dein Pümpi xxx.“

    Erheiternd ist, wie marginal große Namen der Kunst- und Geistesgeschichte ihre Erwähnung finden: Jünger lässt in einem Satz wissen, dass er bei Picasso eingeladen sei, während Gretha über Heideggers spartanische Hütte in Todtnauberg mault. Wilhelm Weischedels Konzept der „Philosophischen Hintertreppe“ – den „Geistesriesen“ in ihrem Alltag zu begegnen – findet hier reichlich Rohstoff.

    Auch die Gefahr, die Jünger während der NS-Zeit droht, wird spürbar: als der Roman „Auf den Marmorklippen“ (1939) erscheint, erkennen Durchschnittsleser  ihn als Parabel des Widerstands, den grausamen Oberförster als verkapptes Hitler-Porträt. In einem Brief erzählt Jünger, wie Carl Schmitt ihn zu schützen versucht, in dem er allen Gesprächspartnern versichert, „dass unter dem Oberförster Fürst Bismarck zu verstehen“ sei.

    Nach dem Krieg und einer Pariser Affäre sinkt die Beziehung in die Nähe des Gefrierpunkts.  Trennung wird erwogen. Dennoch bewahren beide den Respekt und finden gute Worte füreinander. Als Gretha von einem tödlichen Krebs befallen wird, löst das bei Ernst Jünger Depression und Distanzierung aus. In ihrem letzten Brief (Anrede: „mein Flattertier“) appelliert die Todkranke an ihn:

    „Du solltest deine geplante Reise nicht aufschieben, und gleich die nächste buchen.“

    Unterschwellige Botschaft: Geh doch! Der Sarkasmus einer Alleingelassenen. Erst in ihren letzten Lebenswochen findet das Paar wieder zusammen. Aber darüber gibt es keine Briefe.

    Risse in der Image-Fassade

    Jüngers Selbstdarstellung hat stets Risse aufgewiesen. Brüche und Widersprüche, die eine andere Dimension seiner Persönlichkeit hinter der Fassaden des Kriegers und distanzierten Beobachters erahnen ließ. Biographien wie die von Paul Noack und Heimo Schwilk bestätigten diesen Eindruck. Der Briefwechsel reißt letzte Image-Ruinen nieder. Aber 23 Jahre nach Jüngers Tod geht das in Ordnung.

    Darüber hinaus ist sie Bestandteil einer Neuentdeckung Gretha Jüngers. Trotz ihrer  autobiographischen Schriften, „Silhouetten“ (1949) und „Die Palette“ (1955), die wichtige Infos zur Berliner Zeit des Ehepaars boten: Für die Jünger-Forschung blieb sie marginal. Das endete mit der Edition des Briefwechsels zwischen ihr und Carl Schmitt (2007) sowie der Biographie von Ingeborg Villinger, die vor Jahren erschien.

    Leider umfasst die Brief-Edition mit 356 Seiten nur eine kleine Auswahl. Komplett hätte sie etwa 4000 Seiten umfasst. Vielleicht später mal…

    Ernst Jünger, Gretha Jünger: Einer der Spiegel des Anderen – Briefwechsel 1922-1960. Literarische Röntgenbilder jenseits der Selbst-Stilisierung. Wir bieten Ihnen diese Dokumente eines Ausnahmepaares um 40 % reduziert an – für nur 25 Euro (statt 42 Euro). Aber nur heute, 22.12.2022, bis 24 Uhr. Jetzt zuschlagen!

    2 Kommentare

    1. alter weiser, weißer Mann am

      „Das entwaffnete Land war von hochgerüsteten, gefährlichen Nachbarn umgeben, zerstückelt, durch Korridore zerschnitten, geplündert ausgesaugt. Das war ein böser, grauer Traum. Hier stand nun ein Unbekannter und sagte, was zu sagen war, und alle fühlten, daß er recht hatte. Er sagte was die Regierung hätte sagen müssen, wenn nicht den Worten, so doch dem Sinn oder wenigstens der Haltung, dem Schweigen nach. Er sah die Lücke, die zwischen der Regierung und dem Volk entstanden war. Er wollte sie ausfüllen. Es war keine Rede, es war ein Elementarereignis, in das ich geraten war.“

      Ernst Jünger in seinem Buch „Strahlungen“ über seine Erinnerung an eine Rede Adolf Hitlers im Münchner Zirkus Krone, 1923

      • Die beste Generation am

        Das Weimarer Regime war das selbige verkommene korrupte System unter den Sozis und katholischen Zentrum, wie das heutige BRD Regime unter rotgrünschwarz. Wer heute immer noch an das böse Nazimärchen glaubt, ist selbst schuld. Unsere Omas und Opas waren nicht schlecht !