Stuttgart war im Frühjahr 2020 erstes Epizentrum des Corona-Widerstands. Ein Landtagsabgeordneter aus Baden-Württemberg war von Anfang an dabei – und trug den Protest auch ins Parlament: Heinrich Fiechtner. Es folgen Auszüge aus dem Interview, das Sie in längerer Version in COMPACT-Spezial 28: „Die Querdenker. Liebe und Revolution“ lesen können.
_ Heinrich Fiechtner im Gespräch mit Jürgen Elsässer und Martin Müller-Mertens
Müller-Mertens: Sie demonstrieren nicht nur auf dem Cannstatter Wasen, sondern hin und wieder auch im Landtag. Da hat man Sie, zum ersten Mal schon im April 2020, sogar rausgetragen?
Fiechtner: Ja, ich demonstriere. Mein Thema heißt Freiheit, auch Meinungsfreiheit, und an dieser Stelle hat der Landtag eben einen gravierenden Eingriff gemacht. Er hat mutwillig, angeführt durch die Parlamentspräsidentin Frau Aras, das Rederecht eindampfen wollen auf eine Minute. Dem bin ich entgegengetreten, dem habe ich mich widersetzt mit allen mir zu Gebote stehenden Mitteln.
Und im Rahmen dieser Auseinandersetzung meinte die Parlamentspräsidentin, sich nicht anders behelfen zu können, als die Polizei zu rufen und mich dann im Endeffekt aus dem Landtag expedieren zu lassen.
Elsässer: Ein frei gewählter Abgeordneter, der von seinem Rederecht Gebrauch machen möchte, wird auf Geheiß der kurdisch-schwäbischen Parlamentspräsidentin von der Polizei abgeführt. Was sagt das
über die Zustände im Ländle?
Fiechtner: Das zeigt letztlich, dass der Parlamentarismus, speziell unter grüner Ägide, sehr weit heruntergekommen ist. Und es zeigt für mich eine Verrohung der Sitten, nicht etwa derjenigen, die herausgeführt werden, sondern der parlamentarischen Leitung, die es offensichtlich nicht mehr gewohnt
ist, auch konfliktbehaftete Diskurse auszuhalten und einfach geschehen zu lassen.
Man möchte hier auf Häkelstubenniveau ein nettes Miteinander pflegen, und sobald eine Stimme eben auch schriller erhoben wird, meint man, mit Machtmitteln dem entgegentreten zu müssen. Das hat schon totalitäre Züge.
Elsässer: Für mich ist ja auch witzig, dass die Grünen, die ja einst als Rebellen und als Unbürgerliche
angetreten sind, jetzt auch noch in Gestalt dieser migrantischen Parlamentspräsidentin, sich nun besonders spießbürgerlich geben. Da sind Sie ja jetzt praktisch wieder der 68er…
Fiechtner: Ja, genau, ich wähle ja auch die Mittel dieser Leute. Ganz bewusst halte ich den Leuten den Spiegel vor, was sie ja selber gerne machen oder gemacht haben. Und gerade die Parlamentspräsidentin ist ja notorisch bekannt durch ihre Aktivitäten bei Stuttgart-21-Demonstrationen, wo sie wild schreiend und an einem Zaun rüttelnd aufgetreten ist. Nun meint sie, die ihr jetzt durch ihre Position zugestandenen Machtmittel gegen einen missliebigen Parlamentarier einsetzen zu können. Das hat schon einen stark ironischen Charakter. (…)
Elsässer: Sie waren von Anfang an bei den Corona-Demos in Stuttgart dabei. Das Völkchen auf dem
Cannstatter Wasen ist eine Mischung aus Hippies, Esoterikern, eher links gestrickten Impfkritikern, auch gut situierten Leuten, die jetzt die wirtschaftlichen Folgen sehen. Da gibt es eigentlich sehr wenig von dem, was man als rechtes Publikum bezeichnen könnte. Wie entsteht so eine Mischung?
Fiechtner: Ich glaube, dass aufgrund der letztlich nicht mehr rational nachvollziehbaren Einschränkungen unter der Überschrift einer mutmaßlichen Virus-Bedrohung jetzt punktuell Bürger merken, dass das, was unseren Staat ausgemacht hat – die Freiheitsrechte – mehr und mehr weggeknabbert wird und das mit waghalsigen Behauptungen. Die Bürger werden mittels hoher Bußgelder zu völlig sinnbefreiten Handlungen genötigt. Da habe ich den Eindruck, dass auch manche Menschen aus dem linken Spektrum jetzt hellhörig werden. Inwieweit das erhalten bleibt, das wird die Zukunft zeigen.
Müller-Mertens: Sie sind Arzt. Was ist eigentlich Ihre zentrale Kritik? Ist es die medizinische Kritik am
Umgang mit Corona? Oder ist es die politische Einschränkung der Freiheit?
Fiechtner: Was mich am meisten an der gegenwärtigen Situation stört, sind die unverhältnismäßigen Einschränkungen der Freiheitsrechte. Es könnte medizinische Lagen geben, die dann auch eine
tatsächliche Restriktion erforderlich machten. Aber wenn, dann wäre dies bei einer Bekämpfung eines
sich rasch ausbreitenden und tödlichen Virus am Anfang nötig gewesen. Die in den verantwortlichen Positionen Sitzenden hätten das wissen können, denn es gibt ja eine Studie, ein Papier aus dem
Bundestag von Ende 2012, wo ein solches Szenario schon vorgezeichnet wurde.
Da wurde ziemlich genau beschrieben – sogar mit China als Ausgangspunkt –, dass sich dieses Virus dann in relativ rascher Folge über den gesamten Globus verteilt. Und hier hat die Politik versäumt, Vorsorge zu treffen. Man hatte sieben Jahre lang Zeit und hat nichts getan. Man hätte bei den ersten Mitteilungen die
Grenzen schließen müssen. Andere Länder haben das getan – Singapur zum Beispiel. Man hätte auch den Reiseverkehr einstellen müssen. Hätte, hätte, hätte… Man hat es nicht getan. (…) Ende der Auszüge.
Streitbarer Mediziner
Dr. Heinrich Fiechtner wurde 1960 in Stuttgart-Bad Cannstatt geboren und absolvierte nach dem Abitur ein Studium der Humanmedizin, das er 1987 mit Staatsexamen und Approbationabschloss. Später promovierte er, spezialisierte sich auf Onkologie (Krebsheilkunde) und erwarb 2005 als einer der ersten Ärzte in Deutschland die Anerkennung als Palliativmediziner. Heute arbeitet er in einer onkologischen Fachpraxis in Stuttgart.
Nach Mitgliedschaften in CDU und FDP war Fiechtner 2013 Gründungsmitglied der AfD in Baden-Württemberg, zog für die Partei 2016 in den dortigen Landtag ein, erklärte jedoch im folgenden Jahr nach einem innerparteilichen Streit seinen Austritt. Der gläubige evangelische Christ ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit Frühjahr 2020 beteiligt er sich aktiv an den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen in vielen Städten.
Das COMPACT-Spezial 28: „Die Querdenker – Liebe und Revolution“ erweist allen Querdenkern die Ehre. Ob sie im Geiste von Jesus, von Gandhi oder von Q agieren: Corona war nur der Anlass, dass sie sich in Bewegung gesetzt haben. In ihren Herzen brennen die uralten Sehnsüchte nach Freiheit, Frieden und Gottes Gerechtigkeit – und das beantwortet auch die Frage, warum gerade in Deutschland Millionen auf die Straße gehen.
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