Das neue Buch „Aufbruch und Aufstieg“  von Egon Krenz bietet gleichermaßen intime wie spektakuläre Einblicke in das Innenleben des Arbeiter- und Bauernstaates. Hier mehr erfahren.

    Egon Krenz, bekannt geworden als vorletzter Staatsratsvorsitzender in der untergehenden DDR, sehe mittlerweile wie ein Gewinner aus. Das äußerte Marc Hujer, der Schweizer Korrespondent des Spiegel, in einem erst vor wenigen Tagen veröffentlichten Artikel. Das habe im Oktober 1990 noch ganz anders gewirkt.

    Damals hatte Hujer Krenz kurz nach der Einheitsfeier vor dem Reichstag besucht und der frühere SED-Spitzenpolitiker machte damals – nachvollziehbarerweise – noch einen zutiefst gedrückten Eindruck. Mittlerweile ist Krenz aber zu einem gefragten Gesprächspartner und erfolgreichen Buchautor geworden. Auf seinem neuen Buch „Aufbruch und Aufstieg: Erinnerungen“ prangt nun sogar ein großer roter Aufkleber mit dem Hinweis „Spiegel-Bestsellerautor“.

    Ein gesamtdeutsches Leben

    Das ist eine erstaunliche Geschichte rund um den Mann, der einst den Begriff der „Wende“ prägte. Das liegt daran, dass Krenz authentisch wirkt und ein wenig auch daran, dass die Verlierer der Geschichte oft mehr zu sagen haben als die Gewinner, die nie zu Reflexionen über ihr eigenes Handeln gezwungen wurden.

    Deshalb ist auch die vor kurzem erschienene Autobiografie von Krenz – publiziert wurde nun der erste von drei Bänden – auch so aufschlussreich, insbesondere weil sie auch intime Einblicke in den DDR-Machtapparat ermöglicht. Außerdem ist der Lebensweg von Krenz auf eine gewisse Art und Weise geradezu idealtypisch für die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert. Der spätere SED-Spitzenpolitiker wurde am 19. März 1937 im pommerschen Kolberg geboren und spielte als siebenjähriges Kind in einer Massenszene des berühmten UFA-Films von Veit Harlan mit.

    Wie man in „Aufbruch und Aufstieg“ nachlesen kann, verschlägt es seine Mutter und ihn 1945 nach der Vertreibung in die Bernsteinstadt Ribnitz-Damgarten, die am Eingang der Halbinsel Darß liegt – diese Region ist bis heute seine Heimat geblieben. Sein Vater kehrte nicht aus dem Krieg zurück. Der katholisch getaufte Krenz wird später evangelisch konfirmiert. 1946 ist er als Neunjähriger noch als Plakatkleber für die Ost-CDU unterwegs . Der Ortsvorsitzende der Blockpartei beauftragt ihn, die SED-Plakate zu überkleben, doch als Krenz erwischt wird, lässt ihn sein Auftraggeber fallen wie eine heiße Kartoffel und kann sich an nichts mehr erinnern.

    Egon Krenz im DDR-Fernsehen beim Verlesen de Ergebnisse der DDR-Kommunalwahlen 1989. Diese Wahlen markierten den Anfang vom Ende der DDR. Foto: Screenshot eines Youtube-Videos I MDR-Sendung „Fakt“ vom 21. Mai 2019.

    Der Steppke, dem ordentlich die Knie zittern, wird nun beim SED-Ortsvorsteher einbestellt, der sich aber milde zeigt und ihm einen Job als Austräger der Parteizeitung gibt. Ein Jahr später tritt der Junge der FDJ bei, später beginnt er eine Lehre als Schlosser. Im Alter von 16 Jahren tritt er schließlich der SED bei und beginnt ein vierjähriges Lehramtsstudium, obwohl er ursprünglich Journalist werden wollte. Ein Halbwaise aus einer Arbeiterfamilie hatte ideale Aufstiegschancen in der DDR, doch Krenz betont, dass es ihm nie darum gegangen sei, Karriere zu machen – den Begriff habe es im DDR-Wortschatz gar nicht gegeben.

    Der Machtkampf

    Dennoch geht es für den Pommern steil nach oben. Vom FDJ-Chef im Kreis Rügen bringt er es schon 1961 zum „Sekretär des Zentralrates der FDJ“. Ein Studium in Moskau – Krenz wird damals schon zum Führungsnachwuchs gezählt – schließt sich an. Zu Beginn der siebziger Jahre führt er die Pionierorganisation „Ernst Thälmann“. Die West-Medien werden so langsam auf ihn aufmerksam, hier wird er im Spiegel und der Zeit gerne als „Berufsjugendlicher“ bezeichnet. 1974 wurde der Kolberger dann Erster Sekretär der FDJ, da war er schon für einige Zeit Teil der erweiterten Führungsspitze der DDR.

    Zu Besuch beim Klassenfeind: Erich Honecker (r.) mit dem CDU-Politiker Alfred Dregger 1987 in Bonn. Da hatte er den Machtkampf gegen Ulbricht schon lange für sich entschieden. Foto: IMAGO / Sven Simon

    Deswegen kann Krenz auch schon im ersten Teil seiner dreiteiligen Autobiografie intime Einblicke in das SED-Machtzentrum geben, die teilweise spektakulär sind. So schildert der Autor minutiös den Machtkampf zwischen Walter Ulbricht und Erich Honecker, der Ende der 1960er jahre tobte. Ulbricht wollte mit seinem Neuen Ökonomischen System der Planung und Leitung die DDR-Wirtschaft flexibilisieren und produktiver machen, Honecker war in diesen Fragen weit konservativer.

    Auch Krenz bestätigt in seinen Memoiren „Aufbruch und Aufstieg“, dass Honecker bei dem sowjetischen Generalsekretär Leonid Breschnew gegen Ulbricht intrigiert habe. Eine Sensation ist, dass Ulbricht sich im August 1968 in einem Anruf bei Breschnew einer möglichen Teilnahme der Nationalen Volksarmee bei der Niederschlagung des Aufstandes in der Tschechoslowakei verweigerte, so schildert es zumindest Krenz.

    Moskaus langer Arm

    Die Retourkutsche kam wenige Jahre später. Krenz ist nämlich der Auffassung, dass die „Willy, Willy“-Rufe sowie die noch eindeutigeren „Willy Brandt ans Fenster!“-Sprechchöre beim Besuch von Bundeskanzler Willy Brandt in Erfurt im März 1970 vom sowjetischen Geheimdienst KGB organisiert wurden.

    Wer außerdem wissen will, wie Honecker die Krankenakte Walter Ulbrichts für sich einsetzte, um den Machtkampf in der DDR endgültig zu entscheiden, sollte zu der Krenz-Autobiografie „Aufbruch und Aufstieg“ greifen, die einen überraschend neuen Blick auf die deutsche Geschichte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wirft .

    Ein deutsches Leben: Der einstige Staatschef der DDR legt seine Memoiren vor. Egon Krenz berichtet in „Aufbruch und Aufstieg“ über seinen Weg, der ihn vom Heimatvertriebenen aus Pommern zum Nachwuchskader der SED machte. Und, wie alsbald in den Westmedien gemunkelt wurde, zu „Honeckers Kronprinzen“. Als er dessen Nachfolger an der Spitze des Staates wurde, war der Untergang des Landes nicht mehr aufzuhalten. Hier bestellen.

    16 Kommentare

    1. Pfhhht ! "Arbeiter -und Bauerstaat" ; nicht mal das , nur eine russische Kolonie. Die Strafe für die Handlanger der Russkis blieb nur aus , weil die BRD selbst genug Dreck am Stecken hatte.

    2. Wernherr von Holtenstein am

      Jaja … der Egon … hat wie immer einen Plan.

      Der Genosse Krenz war nun nicht unbedingt der Allerbeliebteste beim DDR-Völkchen.
      Und als die SED zur Wende dann Honecker durch Krenz ersetzte, empfand man das als schieren Affront. Das war ein bißchen, als wollte man den Belzebub mit dem Teufel austreiben. Damals eine völlige Fehleinschätzung und -leistung der sicherlich etwas verwirrten, weil aufgescheuchten DDR-Führung.

      Indes: Das Buch könnte interessant werden, so wegen Krenzens Sicht auf die Dinge und vielleicht doch der einen oder anderen Hintergrundinformation. Allein der Umstand, daß durch den Erwerb des Buches der Genosse Krenz frische Lorbeeren und schnöden Mammon ernten wird, stimmt mich etwas nachdenklich. – Ach, was soll’s … Wenn’s der Krenz nicht kriegte, bekäme’s ein anderer. Und im Nachhinein betrachtet, war der Krenz auf keinen Fall schlimmer als … Rot Front!

    3. Eine kleine Ergänzung: Seinen Dienst bei der NVA leistete er in dem großen Gebäudekomplex bei Prora auf Rügen ab, wie auch zwei meiner Kollegen. Bereits damals sei er aber schon zu Höherem erkoren gewesen.

      Einen Aufstand on der Tschechoslowakei – so wie 1953 in der DDR – hatte es in diesem Sinne eher nicht gegeben. Es gab den "Prager Frühling", der von dem Reformpolitiker Alexander Dubcek ausgelöst wurde, der auf den entmachteten korrupten Parteichef Nowotny (nicht unbedingt näher verwandt mit Friedrich N.) folgte. Ein allgemeines Aufbegehren, welches aber keine Chance hatte, gab es erst nach dem Einmarsch der Warschuer-Pakt-Staaten im August 1968.

      1973. Mit Walter Ulbricht geht es zu Ende. Er liegt bereits unter einem Sauerstoffzelt, als das SED-Politbüro zu einem letzten Besuch eintrifft. Er hat schon keine Kraft mehr zum Sprechen. Da fuchtelt er mit dem Händen herum, so. als wenn er etwas zum Schreiben benötigte. Man reicht ihm einen Notizblock und einen Stift. Er hinterlässt einige Worte: "Erich, geh bitte runter vom Schlauch!"

    4. Wer dieses Buch, für bare Münze hält, ist einer, der
      auch glaubt, Corona ist wie die Pest, oder die Sozialschmarotzer
      der ganzen Welt sind alles Fachkräfte, oder die Ukraine ist ein Teil von
      einem Idiotenland, dass sich Deutschland nennt.

    5. Ach, der Egon , gewissermaßen der Ehrenvorsitzende des Rhode-Ossi-Holtenstein-Clubs. Wieder einer, der problemlos in der "DDR" seine Sozialisation empfing , unfähig und unwillens zu fragen , ob es vor der Russenkolonie nicht vielleicht e i n Deutschland gab , welches wieder herzustellen die Pflicht aller Deutschen wäre. In einem gesunden Volk wäre Krenz neben Honecker am Strick gehangen und ihre brave Gefolgschaft hätte den Gulag kennen gelernt. So wie es ist, leben sie alle unbehelligt in dem Staat den sie hassen von Rente, für die sie nie einen Pfennig einzahlten , und hoffen, sich dem Russen demnächst wieder andienen zu können.

    6. "Auferstanden aus Ruinen
      und der Zukunft zu gewandt,
      wollen wir dem Iwan dienen,
      einig deutsches Vaterland.
      Ist immer noch eure Hymne.

    7. Noch_ein_nutzloses_Buch am

      Die alte SED-Perle braucht wohl Geld. Ich kaufe dieses Buch bestimmt nicht.

      • Der war kaum aus dem lächerlichen Komfort-Knast raus , da fuhr er schon im Opel-Omega durch Berlin. Die Bande hat genug Goldbarren versteckt.

    8. jeder hasst die Antifa am

      Krenz wäre in der BRD am besten Wahlleiter geworden,in bescheißen hat er ja Erfahrung..

    9. Wir sind die Fans von Egon Krenz …… Krenz ist kein Wendehals wie Merkel ,die bis zu letzt sich hocharbeiten wollte an der besseren DDR….. ohne CDU Mitglied zu werden …..
      Krenz wurde angefeindet wie jetzt auch Putin …..dagegen geniesst Merkel mit ihrer Lebens Show noch Ansehen ,paralell dazu ihre Chaos Politik ,die bis zu den grünen Saftgurken Auswirkungen hat ….
      Nunja ….mir eine Genugtuung die beste Politik ist jetzt verspätet da angekommen ,wo Honi das Licht durch Stellvertreter ausmachen lies …nichts ging nichts mehr gegen das Angebot ….. Bananen sind das Futter fürs Proletenpack …. Wir sind heute zu Ihnen gekommen ,um ihnen die Bananen zu bringen …lang anhaltender Beifall Sylvesterfeuerwerk und nasse Taschentücher …..
      Honecker prägte mal den Spruch ÜBERHOLEN ,aber nicht EINHOLEN …… alles sehr unerkärbar ….jetzt hat der Bananenwesten den ungelernten Osten tatsächlich eingeholt ……. und alles stagniert in Dummheit ….. Besser ….. Rette sich wer kann …
      Was kann der Westen jetzt noch dem Volk bieten die Peitsche ,Polizei in Höchstbewaffnung . oder grünen Spinat mit ewigen 3 Euro Einmalzahlungen …. Hoch lebe die grüne Kolchose ….. Das Ding zum Ablachen …später …wenn das Panoptikum mit der Arche Merkel davonnengaloppiert ist …. wird es das Fest der Endgrünisierung geben …..

      • Wernherr von Holtenstein am

        @ +60 Ossi

        Ein Wendehals war der Egon sicher nicht. Das muß man ihm lassen.
        Aber er war auch nicht so nibelungentreu wie Margot.

        Man muß die Einstellung des Fräulein Feist aus Halle an der Saale nicht unbedingt teilen … Und doch nötigte ihre sture Betonköpfigkeit, ihr starrköpfiges Hochhalten der Roten Fahne und – ja, auch das Abschirmen ihres Gatten von der Meute zum Schluß und bis zum Schluß -, mir einiges an Respekt ab. Vorwärts immer, rückwärts nimmer!

        Wie hieß es nachdem Krenz den FDJ-Vorsitz abgegeben hatte?
        Schaurig sind die Fänz von Aurich …

        Hochachtungsvoll mit soz. Gruß –
        Ihr Wernherr Holtenstein
        (mal ganz proletarisch ohne "von")

    10. Mit dem Geburtsjahr 1937 das waren noch Leute mit patriotischen und heimatlichen Ansichten, egal ob sie später eher kommunistisch und links waren. Es gab immer den Unterschied Deutscher und Ausländer das war aber in jedem Ostblockstaat normal, erst das eigene Volk und dann alle anderen. Es gab Grenzen und eigene Kultur und Tradition. Anders war es im Westteil unseres Heimatbodens da gab es dank Besatzers Gnaden bezahlbaren Konsumgütermaterialismus in Form von Waren und eine Unterhaltungsindustrie mit antideutscher Hetze und nach den 68er Studentenprotesten einen Schuldkult der Anfang der 80er in Großstädten normal war. Claudia Roth ist bestes Beispiel mit einem "Nie wieder Deutschland" Lappen nach der Scheineinheit. Angekommen im Hier& Jetzt seit dem Coronamärchen gehen am meisten die Leute in Mitteldeutschland auf die Straße und ich hoffe es werden noch mehr. Auch die schweigende Mehrheit im goldenen Westen sollte mal bei sich an den Protesten teilnehmen, denn wenn erst mal im Altbuntland die sozialen Unruhen ausbrechen dank der Versorgungskrise braucht drüben auch niemand Rotz& Wasser heulen. mfg

      • Blödsinn . Kommunisten sind keine Patrioten sondern die Antithese dazu. Den Ostblock schön färben ist antipatriotisch. DU bist antipatriotisch.

        • Bei dir merkt man das du voll vom Schreibtisch aus hier störst um deine Quote zu erfüllen, mein kleines Schnüffelchen.

        • @Streng
          Wohl in Geschichte
          nicht richtig aufgepasst.

          ch c"Mein Volk, dem ich angehöre und das ich liebe, ist das deutsche Volk; und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, ist die deutsche Nation."
          Ernst Thälmann

          Wenn das nicht patriotisch ist.

          Und Krenz ist wenigstens kein typischer
          Wendehals., wie z.B. Gysi.