Über zwei Millionen deutsche Frauen und Mädchen fielen beim Einmarsch der Roten Armee sexuellen Übergriffen von Sowjetsoldaten zum Opfer – mehr als 200.000 verloren dadurch ihr Leben. Besonders schlimm wütete die Soldateska in Ostpreußen und Berlin. Ein Auszug aus COMPACT-Geschichte Nr. 8 „Verbrechen an Deutschen. Vertreibung, Bombenterror. Massenvergewaltigungen“.

    _ von Gero Bernhardt

    In einem Hirtenbrief des Freiburger Erzbischofs Conrad Gröber, bezeichnenderweise vom 8. Mai 1945, hieß es: „Die Klagen über Angriffe auf die Frauenehre häufen sich zu Bergen, und die Tränen der Geschändeten ergießen sich in Strömen.“ Auch der sogenannte Löwe von Münster, Bischof Clemens August Graf von Galen, ein wortgewaltiger Ankläger nationalsozialistischen Unrechts, geißelte am 1. Juli 1945 in seiner Predigt von Telgte in Westfalen, die sich gegen die Willkürherrschaft der Alliierten Militärbehörde im besetzten Deutschland richtete, „dass der Rest unserer Habe aus den durch Bomben zerstörten Wohnungen weggeschleppt, Häuser und Höfe von bewaffneten Räuberbanden geplündert, wehrlose Männer ermordet, Frauen und Mädchen von vertierten Wüstlingen vergewaltigt werden“. Der Schriftsteller Bertolt Brecht notierte mit Blick auf die von Rotarmisten begangenen Sexualverbrechen: „Die Begegnung der Deutschen mit den Befreiern wurde zum Überfall, der die Siebzigjährigen und die Zwölfjährigen nicht schonte und in aller Öffentlichkeit vor sich ging.“

    Martyrium in Ostpreußen

    Das nach dem Krieg lange Zeit tabubehaftete Thema rückte 2011 schlagartig ins Licht der Öffentlichkeit, als Heribert Schwan das Buch Die Frau an seiner Seite – Leben und Leiden der Hannelore Kohl veröffentlichte und darin die tragische Lebensgeschichte der Kanzlergattin, die sich zehn Jahre zuvor das Leben genommen hatte, nachzeichnete. Schwan gehörte Ende der 1990er Jahre zu einem Autorenteam, das von Helmut Kohl engagiert worden war, um ihn beim Verfassen seiner Memoiren zu unterstützen. Dabei führte Schwan im Laufe der Zeit auch ausgiebige Gespräche mit Hannelore Kohl, die ihm anvertraute, dass sie im Alter von zwölf Jahren von sowjetischen Soldaten mehrfach vergewaltigt worden war, die sie dann «wie einen Zementsack aus dem Fenster geworfen» hätten. Dabei zog sich die gebürtige Berlinerin eine Wirbelverletzung zu, an der sie zeitlebens leiden sollte.
    Hannelore Kohl war nur eine von unzähligen Frauen, die beim Einmarsch der Roten Armee 1945 sexuellen Übergriffen zum Opfer fielen. Der Kulturhistoriker Hans Peter Duerr schreibt in seinem Buch Obszönität und Gewalt: Der Mythos vom Zivilisationsprozess (1993) von den „vielleicht schlimmsten Massenvergewaltigungen, die jemals von der weiblichen Bevölkerung eines besiegten Landes erduldet werden mussten». Der russische Dramatiker Sachar Agranenko notierte im Januar 1945 in seinem Tage- buch, das er als sowjetischer Marineoffizier in Ost- preußen führte: «Neun, zehn, zwölf Mann zur gleichen Zeit – vergewaltigt wird im Kollektiv.“

    „Verbrechen an Deutschen“ – in dieser Ausgabe erschien der Text „Komm, Frau“ in vollständiger Fassung.

    Das große Tabu des 20. Jahrhunderts – der Leidensweg unseres Volkes. Vertreibung, Bombenterror, Massenvergewaltigungen – in COMPACT-Geschichte „Verbrechen an Deutschen“ wird dokumentiert, was Politik und Medien uns vergessen lassen wollen. Die Artikel sind sorgfältig recherchiert, die Augenzeugenberichte herzzerreißend. Alle Angaben sind mit amtlichen Quellen belegt. Ein unverzichtbares Nachschlagewerk, zur Erinnerung für die Alten, zur Einführung für die Jungen.

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    Der Historiker Manfred Zeidler, von 1994 bis 1998 Mitarbeiter des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, merkt in seinem Buch Kriegsende im Osten an: „Der in seinen Heimatortschaften zurückgebliebene oder auf dem Treck unterwegs von sowjetischen Truppen eingeholte Teil der deutschen Bevölkerung östlich von Oder und Neiße erlebte in den Wochen und Monaten nach dem Januar 1945 eine Zeit blutigster Ausschreitungen und schlimmster Drangsalierungen. Plünderungen, Brandschatzungen und Vergewaltigungen waren unterschiedslos im gesamten Gebiet zwischen der Ostseeküste und dem schlesischen Bergland an der Tagesordnung.“ Die Vergewaltigungen mit Opfern «von der achtzigjährigen Greisin bis zum zehnjährigen Kind, oftmals mit Todesfolge» bildeten «ein allgegenwärtiges Trauma in nahezu allen Zeugenschilderungen über die Geschehnisse». Zeidler weiter: „Viele der Erlebnisberichte überleben- der, häufig Dutzende Male hintereinander auf das Brutalste vergewaltigter Frauen sind erschütternd und in ihren schlimmsten Details kaum wiederzugeben. (…) Diese ständige Angst und Aufregung, in der sich damals ein jedes weibliche Wesen monatelang befand, stellte für das durch den tödlichen Hunger ohnehin geschwächte Nervensystem eine unbeschreibliche Belastung dar.“

    Solschenizyn und Kopelew

    Augenzeuge solcher Untaten wurde auch der russische Schriftsteller und spätere Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn, der als Offizier der Roten Armee am Krieg gegen Hitler-Deutschland teilnahm. 1950, nun in Gulag-Haft, verarbeitete er seine Eindrücke in dem erschütternden Gedicht „Ostpreußische Nächte“, das 1976 in einer zweisprachigen Edition in Deutschland herauskam. Darin heißt es: „Neidenburg. Zweiundzwanzig Höringstraße,/ Noch kein Brand, doch wüst, geplündert./ Durch die Wand gedämpft – ein Stöhnen:/ Lebend finde ich noch die Mutter./ Waren’s viel auf der Matratze?/ Kompanie? Ein Zug? Was macht es!/ Tochter – Kind noch – gleich getötet.» Und weiter: „Wer noch Jungfrau, wird zum Weibe,/ und die Weiber – Leichen bald./ Schon vernebelt, Augen blutig,/ bittet: Töte mich, Soldat!“
    Als Major der Roten Armee musste auch der Germanist und Schriftsteller Lew Kopelew 1945 der- artige Exzesse miterleben. Er wagte Widerspruch gegen Unrecht an der Zivilbevölkerung und musste dafür viele Jahre in Stalins Lagern büßen. 1976, inzwischen einer der international bekanntesten Dissidenten der Sowjetunion, veröffentlichte Kopelew auf Deutsch seine Memoiren Aufbewahren für alle Zeit!. Aus seinen darin enthaltenen Schilderungen von Ereignissen in den ostpreußischen Städten Neidenburg und Allenstein 1945 stammen folgende Zitate: «Das kurze Mäntelchen des Mädchens ist schmutzig, die hellen Strümpfe an ihren langen Fohlenbeinchen sind blutig. Vom Bürgersteig her rufen Soldaten sie an, lachen. Die beiden gehen schnell, sehen sich aber immer wieder um, bleiben stehen. Die Frau möchte offenbar umkehren, aber das Mädchen zieht sie vorwärts, in die andere Richtung. Ich gehe zu ihnen herüber, frage. Die Frau bestürmt mich, fleht: ,O, Herr Offizier, Herr Kommissar! Ich bitte Sie, um Gottes willen! Mein Junge ist noch zu Hause, er ist doch noch klein, erst elf Jahre. Die Soldaten haben uns fortgejagt, haben uns geschlagen, vergewaltigt. Auch die Tochter, sie ist erst 13 – so ein Unglück – zweimal. Mich haben viele. Sie haben uns geschlagen, auch den Jungen. Um Gottes willen, helfen Sie! Uns hat man fortgejagt, er liegt noch dort im Haus. Er lebt doch noch. Sie will nicht nach dem Bruder sehen.‘ Das Mädchen schluchzend: ,Mama, aber er ist doch schon tot.‘ Ich frage die Frau nach ihrer Adresse, verspreche ihr, hinzugehen und mich um den Sohn zu kümmern, sage ihr, sie sollen zur Sammelstelle gehen. Mehrmals wiederholt sie Straße und Hausnummer, Wohnung. Der Junge heißt Wolfgang, hat einen blauen Anzug an.
    Sie wiederholt ständig: „Wolfgang, hellblond, blauer Anzug, Straße, Hausnummer. Die Sonne war herausgekommen. Vor uns eine lange, leere Straße.“

    Der Militärhistoriker Joachim Hoffmann zitiert in seinem Werk Stalins Vernichtungskrieg 1941– 1945 ein einschlägiges Dokument – die Bekanntmachung eines Divisionskommandeurs der Roten Armee, Oberst Elisejew, von Anfang Oktober 1944: „Wir marschieren nach Ostpreußen. Den Rotarmisten und den Offizieren werden folgende Rechte eingeräumt: 1. Jeden beliebigen Deutschen zu vernichten. 2. Plünderung des Eigentums. 3. Vergewaltigung der Frauen. 4. Brandschatzung. 5. Die Soldaten der ROA werden nicht gefangen genommen. Jede Patrone für sie ist unnütz.“ Der Historiker kommt zum Schluss: „Der durchschnittliche Rotarmist wurde nicht im Zweifel darüber gelassen, dass er in Deutschland freie Hand haben würde und mit der Zivilbevölkerung und ihrem Besitz nach Belieben umspringen könne.“ Zeidler berichtet in Kriegsende im Osten von folgender „Devise in den Reihen der Roten Armee“: „Für die erste Staffel die Uhren, für die zweite die Mädchen und für die dritte die Kleider.“ Außerdem zitiert er Beispiele bezeichnender Feldpostbriefe von Rotarmisten aus dem Januar und Februar 1945. In einem heißt es: „Es ist uns jetzt alles erlaubt zu tun mit den deutschen Schurken.“ Oder: „Soll die deutsche Mutter den Tag ver- fluchen, an dem sie einen Sohn geboren hat! Sollen die deutschen Frauen jetzt die Schrecken des Krieges verspüren!“

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