Führende deutsche Bischöfe offenbarten in ihren Osterbotschaften eine bis ins Mark verlotterte Kirche. Braucht Deutschland eine Bekennende Kirche 2.0? Lesen Sie dazu auch unser Dossier „Christen im Widerstand“ in COMPACT 4/2021. Hier bestellen.

    Jeder zutiefst gläubige Katholik konnte sich zum diesjährigen Osterfest wieder einmal nur schämen für die Erbärmlichkeit der von den obersten Repräsentanten verkündeten, das biblische Fundament verhöhnenden Botschaften. Die ruchlose und – man muss es schon so drastisch formulieren – widerwärtige Art und Weise, wie führende Vertreter der katholischen Kirche das höchste Fest der Christenheit als Propagandavehikel für eine nach biblischem Befund schlechte Sache missbrauchten, gehört zweifellos zu den größten Skandalen dieses Frühjahrs.

    Angriff auf die Tradition

    So sprach der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, in seiner Osterpredigt im Limburger Dom vom „Leiden“ an seiner Kirche, wenn sie, so der Bischof wörtlich, „durch erstarrte Strukturen und mangelnde Veränderungsbereitschaft vielen den Zugang zum Glauben blockiert“.

    Nach dem Verbot der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare durch die Kurie hatte bereits vor Ostern der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck eine „wertschätzende Neubewertung der Homosexualität“ verlangt. Die kirchliche Lehre erfordere „dringend eine erweiterte Sichtweise auf die menschliche Sexualität“.

    Homo-Ehe: Bald kein Tabu mehr für die katholische Kirche? Foto: Syda Productions, Shutterstock.com

    Bätzing und Overbeck offenbaren sich damit als Anhänger des emanzipatorischen „Synodalen Wegs“, dessen Hauptanliegen die Verwässerung der biblischen Ethik zugunsten der von Feministen, Neomarxisten und anderen de facto atheistischen Gruppen neu gesetzten moralischen Normen ist. Die von Bätzing beanstandeten „erstarrten Strukturen“ und die von Overbeck geforderte „wertschätzende Neubewertung“ sind also zu dechiffrieren als Infragestellung der schriftbasierten Ethik.

    Der Freiburger Theologe Magnus Striet, ein scharfer Kritiker Benedikts XVI., ist einer der prominentesten Verfechter der buchstäblich gottlosen Theologie, die für diesen Angriff auf die Tradition das ideologische Fundament bildet. Striet plädiert für eine von Gott abgelöste Moral, da ihm der Glaube an einen souveränen Weltenschöpfer fehlt. Das Ergebnis solcher Überlegungen ist eine Ethik, die mühelos an das andocken kann, was alle neomarxistischen Gruppen in der Gesellschaft schon seit 50 Jahren fordern – und so ihren Beitrag zum Untergang des christlichen Abendlandes leistet.

    Weltgeist und Gottes Geist

    In Theologie und Philosophie wird der Weltgeist (griechisch „nous“) vom Geist Gottes („pneuma“) unterschieden. „Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes“, schreibt der Apostel Paulus im 1. Korintherbrief und bringt damit zum Ausdruck, was er von menschlichen Selbstoptimierungskräften erwartet: nichts. Was Bätzing, Overbeck und Striet vertreten, ist das Gegenteil von dem, was Paulus wollte: eine Theologie, die das „pneuma“ durch den „nous“ ersetzt. Als Relativismus hatte das auch Benedikt XVI. in seinem Beitrag für die Streitschrift „Zurück zu Gott!“ kritisiert.

    Schon Bätzings Grundannahme, dass den Menschen durch die Anpassung des kirchlichen Lehrinhalts an das, was sie nach eigenem Erkenntnisvermögen, also dem „nous“, für richtig halten, ein „Zugang zum Glauben“ geebnet werden müsse, ist grundfalsch. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Menschen müssen durch eine Haltung demütiger Zugewandtheit dem allmächtigen Gott einen Zugang offerieren, über den der Gnadenakt der Befreiung von Schuld empfangen werden kann.

    Der auferstandene Jesus Christus mit dem Apostel Thomas. Gemälde von Sebastiano Santi. Foto: Adam Jan Figel, Shutterstock.com

    Wenn hingegen der sterbliche Mensch der unsterblichen Gottheit über ihr Bodenpersonal ausrichten lässt, dass er vor der huldvollen Gewährung von Glauben erst mal in Verhandlungen über die göttliche Gesetzgebung treten möchte, ist das Verhältnis Gott – Mensch auf den Kopf gestellt. Von Frömmigkeit im herkömmlichen Sinn kann nicht mehr die Rede sein, wenn an die Stelle gläubiger Demut dieselbe selbstherrliche Anmaßung (lateinisch: Arroganz) getreten ist, die die Schlange im Paradies Adam und Eva als Haltung Gott gegenüber einredet. Denn das Anerkennen der absoluten Autorität Gottes ist für jede monotheistische Religion eine Condicio sine qua non.

    Wir reden ja hier – das nur zur Erinnerung – von Menschen, die nominell eben keine Atheisten sind – für die hat sich jedes Nachdenken über Gott erledigt –, sondern als Christen für sich entschieden haben: Es gibt da eine Macht jenseits meines eigenen Horizonts, über deren Charakter heilige Schriften Auskunft geben, die selbst auf geheimnisvolle Weise der Sphäre des Göttlichen entstammen. Als zentrales Fundament des Bekenntnisses ist die Heilige Schrift Gegenstand des Glaubens wie Gott selbst. Es kann von der Glaubenslehre niemals abgetrennt werden, ohne diese zu diskreditieren.

    Den Inhalt dieses Glaubensfundaments den Menschen immer wieder in Erinnerung zu bringen ist die Aufgabe der kirchlichen Verkündigung. Nur eine Kirche im Zustand tiefgreifender Verwahrlosung kann einen so gottlosen Unfug fordern wie die Segnung Homosexueller, solange ausgerechnet der Cheftheologe der Christenheit, der Apostel Paulus, gelebte Homosexualität an zentraler Stelle – im Römerbrief – eindeutig als Verfehlung bezeichnet.

    Abfall vom Glauben

    Die Kirche ist bei der Erfüllung ihres Auftrags freilich schon früher gescheitert: Als die sogenannten Deutschen Christen in der Nazi-Ära biblische Lehre und NS-Ideologie in Einklang zu bringen suchten, war auch das ein Kotau vor dem Weltgeist, dem damaligen, und ein unerhörter Verrat an der bekanntlich im Land der Juden entstandenen Religion. Er führte zu etwas so Widerlichem wie der „entjudeten Bibel“ – sichtbarer Ausdruck der von dem Nazi-Theologen Walter Grundmann geforderten „Entjudung des religiösen Lebens als Aufgabe deutscher Theologie und Kirche“.

    Anbiederung an das NS-Regime: Reichsbischof Ludwig Müller und die sogenannten Deutschen Christen. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-H25547, CC-BY-SA 3.0, Wikimedia Commons

    Spätestens seit es zu Grundmanns Eingriffen in den Text der Heiligen Schrift mit der „Bibel in gerechter Sprache“ ein erschreckendes Pendant gibt, sollten bei Deutschlands Christen die Alarmglocken schrillen. Denn wieder wird das Fundament der christlichen Religion durch den ekelhaften Dreck einer durch und durch kranken Ideologie gewälzt. Es wiederholt sich die Respektlosigkeit verblendeter Opportunisten gegenüber der christlichen Überlieferung, es wiederholt sich auch die Intoleranz und totalitäre Gesinnung der Chefideologen, die diesen Unfug wider jeden gesunden Menschenverstand in der Gesellschaft durchboxen.

    Was getan werden muss

    Von solchem Verrat müssen sich beide Kirchen so schnell wie möglich abwenden. Das Segnungsverbot für gleichgeschlechtliche Paare ist dabei nur ein erster Schritt. Weitere müssen folgen.

    1. Mit der Bibel einen Kontrapunkt zum Weltgeist setzen

    Die katholische Kirche sollte klarstellen, dass sie gesellschaftliche Entwicklungen, die in Opposition zum biblischen Ethos stehen, unter keinen Umständen bejahen kann. Im Schulterschluss mit Evangelikalen könnte auf die Erklärung der Evangelischen Allianz rekurriert werden, die schon 2017 in einem Positionspapier festgestellt hat:

    Homosexuelle Partnerschaften können der Ehe nicht gleichgestellt werden und dürfen von Kirchen nicht gesegnet werden.

    Der Allianzvorsitzende Ekkehart Vetter erklärte dazu gegenüber der Nachrichtenagentur Idea:

    „Der gesamte Kontext von Römer 1 bis 3 macht doch klar: Alle Menschen sind Sünder. (…) Und dann nennt Paulus in Römer 1 zahlreiche Ausdrucksformen dieses von Gott gelösten Lebenswandels, eine davon ist homosexuelle Sexualität.“

    2. Lehrautorität des Katechismus wiederherstellen

    Im Katechismus der katholischen Kirche ist der Umgang mit Homosexualität klar geregelt: Zwar sollte dem homosexuell empfindenden Gläubigen mit Liebe und Respekt begegnet werden; die homosexuelle Praxis jedoch ist als Ausdruck der Unordnung einer gefallenen Schöpfung „in keinem Fall zu billigen“. Ein so solide ausgearbeitetes Lehrwerk verdient mehr Autorität und Beachtung.

    3. Den Synodalen Weg als Irrweg entlarven

    Der sogenannte Synodale Weg ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems. Die Kurie sollte die von seinen Anhängern vertretenen Widersprüche zur Heiligen Schrift klar benennen und von ihrem Recht Gebrauch machen, den Befürwortern dieses Irrwegs die Lehrerlaubnis zu entziehen. Der Synodale Weg kann dank der grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit trotzdem fortgeführt werden – als Ketzerei einer christlichen Splittergruppe außerhalb der katholischen Kirche.

    4. Mehr Transparenz und mehr Mut bei der Aufklärung homosexueller Straftaten

    Zwei Drittel der im Missbrauchsbericht der katholischen Kirche genannten Übergriffe sind gleichgeschlechtlicher Art. Das zeigt: Homosexualität ist der bedeutendste sexuellen Missbrauch begünstigende Faktor. Das sollte mutig beim Namen genannt und nicht länger durch irreführende Differenzierungen unter den Teppich gekehrt werden. Bei der Offen- und Trockenlegung homosexueller Netzwerke innerhalb der katholischen Kirche sollte ohne Schonung vorgegangen und die Einhaltung des Keuschheitsgebots kompromissloser als bisher eingefordert werden. Alle Amtsträger, die Missbrauch gedeckt oder geduldet haben, müssen in den Ruhestand versetzt und der Strafjustiz ausgeliefert werden.

    5. Homosexualität nicht als Normalität, sondern als Problem auffassen

    Zur Ehrlichkeit beim Umgang mit sexuellem Missbrauch gehört auch: Ethischer Relativismus und eine vom Weltgeist beeinflusste Sexualmoral haben diesen begünstigt. Kontrollinstanzen bei der Zulassung homosexueller und damit per se problematischer Personen für geistliche Ämter haben versagt. Hier sind viel höhere Hürden und ein neuer ethischer Rigorismus erforderlich.


    In unserem Dossier «Christen im Widerstand» in COMPACT 04/2021 mit dem Titelthema «Great Reset: Die teuflischen Pläne der globalen Eliten» lesen Sie verschiedene Beiträge zum heutigen Widerstand gegen Totalitarismus, Corona-Diktatur und Transhumanismus. Hier bestellen.

    Sollte innerhalb der beiden großen Kirchen, also auch der protestantischen, erkennbar werden, dass die Kräfte des pneuma gegenüber denen des nous dauerhaft in der Minderheit bleiben, wird es darauf ankommen, wie in der dunklen NS-Zeit, die Kräfte der Beharrung in einer Bekennenden Kirche 2.0 zu sammeln.

    Das wird mit derselben Zwangsläufigkeit wie damals Anfeindungen, Hass und Repressalien seitens einer fehlgeleiteten Mehrheitsgesellschaft nach sich ziehen. Doch weder die Urgemeinde, deren Gläubigen das Schicksal des Nazareners blühte, noch Luther, dem der Scheiterhaufen drohte, noch Bonhoeffer, der am Nazi-Galgen endete, haben sich davon beirren lassen. Sie wussten, dass ihr Glaube der Sieg ist, der die Welt überwindet.

    Kommentare sind deaktiviert.