Der Weltkrieg gegen Russland war nicht erst ein Projekt des 20. Jahrhunderts. Großbritannien war oft der Motor dieser Aggressionspolitik, Deutschland oft ihr Schlachtfeld. In dem COMPACT-Spezial-Klassiker: „Krieg gegen Russland“ haben Top-Journalsiten wie Peter Scholl-Latour oder Staatsmänner wie Valentin Falin die wachsende Russlandfeindlichkeit der NATO bereits vor Jahren analysiert. Fast alle Prognosen haben sich bewahrheitet. Hier mehr erfahren
Der folgende Text stammt von Valentin Michajlowitsch Falin (1926-2018), dem Berater des sowjetischen Präsidenten Nikita Chrutschow sowie des Außenministers Andre] Gromyko. Von 1971 bis 1978 war er Botschafter der UdSSR in Bonn, leitete anschließend die Nachrichtenagentur Nowosti und war zweimal Direktor des Internationalen Ausschusses des Zentralkomitees der KPdSU, bis zu deren Auflösung 1991. Der folgende Text ist die leicht redigierte und gekürzte Fassung des Vortrages, den Falin auf der «Souveränitätskonferenz» von COMPACT-Magazin Ende November 2012 in Berlin hielt.
_ von Valentin Falin
Der Siebenjährige Krieg (1756-1763) zwischen Russland und Preußen fand nicht nur zwischen den genannten Staaten statt, sondern war ein Weltkrieg. An Preußens Seite waren Großbritannien und einige italienische Fürsten, an Russlands Seite war Frankreich. Und dieser Krieg war nicht entstanden, weil die Zarin Elisabeth Friedrich II. nicht mochte, sondern sie hatte Österreich gebeten, Russland gegen Preußen zu verteidigen, weil Preußen Schlesien von Österreich erobert hatte. Frankreich hat diesen Krieg und alle seine Besitzungen in Indien verloren, und was schrieb Louis XV. danach?
Ich zitiere aus einem vertraulichen Papier: «Einziges Ziel meiner Politik gegenüber Russland sei es, Russland so weit wie möglich von europäischen Angelegenheiten fernzuhalten. Alles, was Russland im Haus und im Dunkeln treibt, ist mir nützlich.»
«Irgendwann werden die Vereinigten Staaten ökonomisch und militärisch so mächtig sein, dass sie die Alte und die Neue Welt beherrschen und regieren werden» Federalist Papers
So organisierte er eine Abmachung mit Schweden, Polen und dem osmanischen Imperium, und dieses Projekt hieß: «Errichtung einer Ostbarriere», also eines «cordon sanitaire» oder eines «Eisernen Vorhang», und das war in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Man sieht den Eisernen Vorhang im Westen immer als «Initiative Sowjet-Moskaus».
Dabei hat der französische Premier Georges Clemenceau 1919 vorgeschlagen, «einen Eisernen Vorhang rund um den Bolschewismus aufzuziehen, damit die Bolschewisten das zivilisierte Europa nicht stören».
Zu dieser Zeit hat auch ein bekannter Demokrat, Winston Churchill, gefordert: «Sowjetrussland muss von einem Ring wütender stürmischer Nachbarn umzingelt werden.» Ich könnte eine dicke Mappe solcher Äußerungen bringen, aber das spare ich mir.
Als Dank für unsere russische Hilfe im Siebenjährigen Krieg haben neben Österreich auch andere, vor allem die Türkei, versucht, die Interessen Russlands nicht nur zu beeinträchtigten, sondern gegen uns aggressiv vorzugehen. Aber alle Rekorde hat Großbritannien gebrochen. Die Jakobiner waren noch nicht an der Macht, da versuchten die Briten schon, Polen, Schweden, die Türkei und Österreich zu bewe
gen, gegen Russland eine aggressive Position einzunehmen. Und in eben jener Zeit, 1787, waren in den gerade gegründeten Vereinigten Staaten auch schon die Federalist Papers in Kraft. Was hatten sie zum Inhalt? Ihre Autoren haben Folgendes geschrieben: «Irgendwann werden die Vereinigten Staaten ökonomisch und militärisch so mächtig sein, dass sie die Alte und die Neue Welt beherrschen und regieren werden». Interessant, nicht wahr?
«Russland in seine Grenzen zurückzutreiben für die Ehre, Gerechtigkeit und Zukunft Europas»
Zum Thema Napoleon und zu seinem Russland-Feldzug 1812 ge-statten Sie mir ein paar Bemerkungen: In den napoleonischen Armeen bildeten Franzosen nur die Hälfte aller Streitkräfte, die andere bestand aus Österreichern, Preußen und Soldaten aus verschiedenen deutschen Teilstaaten. Das war also nicht nur eine französische, sondern eine europäische Invasion.
Ich möchte nicht die Geschehnisse im Einzelnen erwähnen. Entscheidend ist der Beitrag Russlands für die Niederlage Napoleons, das wird heute kaum erwähnt, obwohl es von den Historikern mit Recht nicht in Frage gestellt wird. Und wie war die weitere Entwicklung? Am 22. Dezember 1814 unterzeichnen Frankreich, Großbritannien und Österreich einen Vertrag über ihre Allianz mit dem Ziel, «Russland in seine Grenzen zurückzutreiben für die Ehre, Gerechtigkeit und Zukunft Europas».
Wer hat den Krieg Japan gegen Russland 1904/05 entfesselt? Großbritannien! Und es hat alle Schiffe für die japanische Kriegsmarine gebaut, diese Schiffe wurden von amerikani-schen Banken finanziert. Im Rahmen dieses Krieges hat England versucht, Tibet unter seine Kontrolle zu bringen.
Es geschah auch etwas in Bhutan und Nepal, diese zwei Staaten gerieten ebenfalls unter britische Vorherrschaft. Im Kontext dieses Krieges haben die USA und Japan einige ihrer Angelegenheiten geregelt. So bekam Japan Korea unter Verletzung amerikanischer Garantien für Korea, und die USA bekam die Philippinen. Die «Demokratisierung» dieser Inselgruppe brachte den Tod für ein Drittel der gesamten Bevölkerung. Deshalb ist die antiamerikanische Stimmung der Philippinos bis heute so stark.
In der Globalisierung wird die Souveränität immer mehr unter Druck gesetzt, aber es bleibt das Recht auf freies Denken!
Einige Bemerkungen, die Ihnen nicht bekannt sein dürften, zur russischen Revolution. Die erste Revolution 1905 bis 1907 wurde von Japanern finanziert, sie hatte auch Unterstüt-zung von Briten und Franzosen. Vor dem Sturz von Zar Nikolaus 1917 bekommt der britische Botschafter in Petersburg die Instruktion, dass die oppositionelle Gruppe gegen den Zaren zu unterstützen und zu finanzieren sei. Das Ergebnis war die Abdankung von Zar Nikolaus.
Eines der Ziele des Ersten Weltkriegs war erreicht: Russland sollte nie wieder so erstehen, dass es für das britische Königreich eine Gefahr werden kann. Wer waren die Ausführenden dieser Entscheidung? Wer hat den Schuss auf den Zaren-Berater Rasputin abgegeben? Ein Agent des amerikanischen Geheimdienstes!
Wir registrieren meist, dies oder das hat Russland oder die Sowjetunion nicht getan. Man versteht kaum Stalins Politik vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Dazu eine Tatsache, die Ihnen unbekannt ist: Vor dem Verlassen der Münchner Konferenz hat der briti-sche Premier Neville Chamberlain am 30. September 1938 noch ein Treffen mit Hitler gehabt und zu ihm gesagt:
«Sie haben genug Bomber, um Russland anzugreifen, besonders jetzt nach dem Münchner Abkommen, weil sowjetische Flugzeuge nicht auf tschechoslowakischen Flugplätzen platziert werden können.» Unsere Aufklärung hat all diese Dokumente an Stalin weitergeleitet…
«Warum sollen wir warten, bis Russland stark wird, wir sollten sofort handeln.» Wilhelm II.
Stalin hat nach unserem unglücklichen Krieg mit Finnland 1939/40 angefangen, die sowjetische Armee durchgreifend zu reformieren, und seine Pläne sollten in groben Zügen bis Herbst 1942 vollendet werden. Die Reaktion Hitlers war dieselbe wie die Reaktion von Wilhelm II. vor dem Ersten Weltkrieg. Zar Nikolaus plante 1913 eine Reform seiner Armee, die 1914 beginnen und 1917 beendet werden sollte. Die Reaktion von Wilhelm II. war:
«Warum sollen wir warten, bis Russland stark wird, wir sollten sofort handeln.» Genauso war es mit dem Angriff Hitlers auf Russland. All die Legenden des Buchautors Viktor Suworow lassen Sie beiseite, aber Folgendes ist wichtig: Als die Wehrmacht vor den Toren Moskaus steht, sagt Stalin in seiner Rede am 6. November 1941: «Die Hitlers kommen und gehen, Deutschland und das deutsche Volk bleiben bestehen.»
Das war in einer für die Sowjetunion schlimmen Situation, denn wenn Moskau gefallen wäre, hätte ihr sofort Japan den Krieg erklärt, die Türkei hätte sie mit ihren 27 Divisionen attackiert und Schweden hätte sich der Hitler-Allianz angegliedert.
Nun zur Konferenz von Teheran, 1943: Roosevelt und Churchill entwickeln Ideen, in wie viele Staaten Deutschland gespalten werden sollte. Reaktion von Stalin: «Ich werde mir darüber Gedanken machen.» Dann in Jalta wieder die Frage nach Deutschlands Spaltung. Stalin sagt: «Im Prinzip nicht ausgeschlossen.» Zwei Wochen später erhält unser Botschafter in Großbritannien die Instruktion: »Keine Gespräche über Spaltung oder Zerstückelung Deutschlands!» — Das war eine Warnung an die Deutschen gewesen:
Wenn Sie die Kapitulationsbedingungen nicht akzeptieren, nur dann kommt das in Frage. Auf der Potsdamer Konferenz 1945 hatte der Westen wieder verschiedene Model-le zur Spaltung Deutschlands in sei-ner Mappe. Reaktion Stalins: «Keine Spaltung, keine wirtschaftliche und politische Spaltung, Deutschland soll ein einheitlicher Staat bleiben».
Ich könnte Ihnen noch zwei oder drei Stunden vieles aus dem Gedächtnis erzählen. Wir haben nach dem Krieg vorgeschlagen: gesamtdeutsche Gewerkschaften, Parteien und freie Medien, die Kirche darf ungestört in ganz Deutschland aktiv bleiben.
Alles wurde total abgelehnt. Warum sprechen Sie von verpassten Chancen bezüglich der Stalin-Note von 1952? Warum erwähnen sie nicht die Angebote Stalins 1950 an Bundeskanzler Konrad Adenauer, die Rückkehr der Kriegsgefangenen über das Rote Kreuz zu beraten? Die Reaktion Adenauers gegenüber dem Deutschen Roten Kreuz war ein totales Verbot von Kontakten. Das ist in einer zynischen Resolution Adenauers im Archiv nachzulesen. Schon 1946 wurde während der Vier-Mächte-Verhandlungen von uns angeboten: freie demokratische Wahlen,
Regierungsbildung, Friedensvertrag, nach zwei Jahren Abzug aller Besatzungstruppen. 1947, Antwort der USA: Wir haben keinen Grund, dem demokratischen Willen der Deutschen zu glauben. Wir werden den Deutschen den Friedensvertrag dann aufzwingen, wenn es für die amerikanischen Interessen richtig ist.
Wir sprechen über Souveränität. In der Globalisierung wird sie immer mehr unter Druck gesetzt, aber eins bleibt immer: Das Recht auf freies Denken! Das ist das Einzige, was jedem Staat, jedem Bürger, bleibt, so lange er es wünscht. Wenn Staat und Bürger es wünschen, die Magnitski-Liste zu übernehmen und Pussy Riot nachzuahmen, so entspricht das nicht Deutschland als einer großen Nation.
Ich würde sagen, in jeder Schule sollte vor jedem Schüler, wenn er den Eingang betritt, der Spruch von Goethe stehen: «Man kann nicht immer ein Held sein, aber man kann immer ein Mann sein.» Dasselbe sollte in jeder Kaserne stehen, und auf dem Tisch jedes Beamten sollte er es lesen können, bevor er etwas für seine Landsleute oder für seinen Staat unterschreibt.
_ Valentin Michajlowitsch Falin (1926) war Berater des sowjetischen Präsidenten Nikita Chrutschow sowie des Außenministers Andre] Gromyko. Von 1971 bis 1978 Botschafter der UdSSR in Bonn, leitete er anschließend die Nachrichtenagentur Nowosti und war zweimal Direktor des Internationalen Ausschusses des Zentralkomitees der KPdSU, bis zu deren Auflösung 1991. Er ist bis heute gefragter Kommentator in russischen Medien. — Der obige Text ist die leicht redigierte und gekürzte Fassung des Vortrages, den Falin auf der «Souveränitätskonferenz» von COMPACT-Magazin Ende November 2012 in Berlin hielt. Die komplette Rede im Original ist auf dem DVD-Sampler der Konferenz (im COMPACT-Shop) zu hören. Dank für die Transkription an Herrn Rudolf B.
Dieser Artikel erschien in dem COMPACT-Spezial-Klassiker: „Krieg gegen Russland“. Darin hatten Top-Journalisten wie Peter Scholl-Latour oder Staatsmänner wie Valentin Falin die wachsende Russlandfeindlichkeit der NATO bereits vor Jahren analysiert. Fast alle Prognosen haben sich bewahrheitet. Sichern Sie sich noch ein Exemplar. Hier bestellen
10 Kommentare
Was ist das denn für eine merkwürdige Ausssage, Friedrich der Große hätte Schlesien erobert und die Zarin hätte Österreich gebeten Russalnd gegen Preußen zu verteidigen? Wenn er das wirklich so gesagt haben sollte, habe ich Zweifel ob er noch bei Sinnen gewesen ist.
Zeitgeschichtliche Interpretationen aus dem Kreml.
Falin war Berater Chrustschows ? Ich dachte immer , Nikita wäre ein Esel ,aber vielleicht steckte Falin dahinter .
Ja doch ,alle wollten und wollen Mütterchen Russland auslöschen. Na und ? Ist mir nur Recht, ich bin Deutscher und kann Russland leicht entbehren. Ist viel zu groß und (Atom-) mächtig , um ein bequemer Nachbar zu sein , Dänemark und die Schweiz sind da viel angenehmer. Polen und die Balten sind kein ausreichend zuverlässiger Schutz gegen russische Gelüste nach einem Imperium bis nach Portugal.
(..) ich bin Deutscher (..)
du bist ein BRD´ler, ein extrem Unterbelichteter noch dazu
@Salzbrtezel
Dann versorgen wir uns doch mit Energie aus Dänemark, Schweiz oder Schweden. Auch die wichtigen seltenen Erden, Mineralien, Metalle , Edelmetalle, Übergangsmetalle und alles andere, was man so für zukunftsfähige Technologien braucht.
65,4 Billionen Euro (Stand heute, die Wertsteigerung wird rasant sein, in den nächsten 20 Jahren) sind die russischen Rohstoffe Wert. Damit liegt Russland ganz klar auf Platz 1 der rohstoffreichen Länder.
Schon allein bedingt durch seine schiere Größe führt Russland diese Liste mit weitem Abstand an. Hier schlummern die größten Reserven an den wichtigen Seltenen Erden, die größten Erdgasreserven der Welt, die zweitgrößten Braunkohlereserven, die zweitgrößten Eisenerz-Reserven, die viertgrößten Steinkohlereserven und die sechstgrößten Ölreserven.
An Russland und China führt in Zukunft kein Weg vorbei. Das ist Fakt.
https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/wertvoller-als-alles-gold-der-erde-diese-zehn-staaten-besitzen-die-wertvollsten-bodenschaetze-der-welt_H694537435_444373/
Na sowas . Sagte ich schon immer , daß Deutschlands Zeit als Industrie-Lokomotive vorbei ist , gut so. Vielleicht gelingt es dann irgendwann, wieder zum Leben zu erwecken, was die Industrie zerstört hat. Dann kommen Oberschlaue wie du , die dem Russki möglichst schnell in den Axxxx kriechen wollen, damit D als Werkbank Iwans weiter existiert und deutsche Industriesklaven für die Russen all die schönen Dinge herstellen , für die Iwan selbst weder Zeit noch Lust hat. War schon immer so : Die Knechte schuften, die Herren machen Krieg.
"Das Recht auf freies Denken."
Das war ganz gewiss Stalins oberste Prämisse ;-)
Ansonsten sei wieder, und immer wieder auf die Rede von George Friedman vor dem The Chicago Council erinnert.
Der Versuch, Europa in einen Krieg mit militärischem Gemetzel gegen Russland zu treiben, ist anscheinend in die Hose gegangen. Die Rakete russischer Bauart, die in Polen einschlug, wurde nicht von russischem Gebiet aus abgefeuert. Die Flugbahn der Rakete offenbart, dass die Rakete nicht in Russland abgefeuert worden ist. Im Gegenteil, die S300 ist auch Bestandteil der ukrainischen Flugabwehr.
Es ist eben nicht so einfach, die Europäer hinter die Lampe zu führen. Selbst Biden hat überraschend eilig zugegeben, dass dies kein russischer Terrorakt war. Das wäre auch nicht im Sinne der amerikanischen Öffentlichkeit, sich auf direkte militärische Verwicklung mit Russland einzulassen. Das könnte ihm die Präsidentschaft kosten, wenn er jetzt einen auf Kurzschluss macht.
Etwas beunruhigend ,daß offenbar nicht so schnell festzustellen ist, wo eine Rakete herkommt. Allerdings sagt schon die Ratio , daß Putler nicht auch noch die Nato mit Raketen angreifen wird , wenn er schon in der Ukraine im Sumpf feststeckt.