Wer hätte das gedacht: Eva Braun führte Tagebuch und verriet darin intime Details über Nackttänze und flotte Dreier auf dem Obersalzberg. Doch stimmt das wirklich? In unserer Sonderausgabe Geschichtslügen gegen Deutschland überprüfen wir den Wahrheitsgehalt von historischen Legenden. Hier mehr erfahren.  

    Nur wenige gefälschte Dokumente zur Zeitgeschichte verschwanden so rasch wieder in der Versenkung, wie es bei den vermeintlichen Hitler-Tagebüchern, die der Stern 1983 als Weltsensation feierte, der Fall war. Damals war es dem gerissenen Konrad Kujau gelungen, Reporter Gerd Heidemann die angeblichen Aufzeichnungen des „Führers“ unterzujubeln. Allerdings war er nicht der Einzige, der auf Kujau hereinfiel.

    Über den Tisch gezogen: Der Historiker Eberhard Jäckel (2009). Foto: Dirk Baranek, CC BY 2.0, Wikimedia Commons

    „Pädagogisch begrüßenswert“

    Kein Geringerer als der Historiker Eberhard Jäckel (1929–2017), einer der bekanntesten Bewältigungs-Päpste der Bundesrepublik, ließ sich für sein Werk Hitler: Sämtliche Aufzeichnungen 1905–1924 zahlreiche Fake-Dokumente von dem aus Sachsen stammenden Kunstfälscher andrehen. Sogar die vermeintliche Handschrift Hitlers auf dem Schutzumschlag des Buches stammte von Kujau.

    Immerhin zweifelte Jäckel später die Authentizität der vermeintlichen Hitler-Tagebücher an. Dafür war in seinem zuvor genannten Buch auch ein angeblich 1916 von Hitler verfasstes Gedicht namens „Der Kamerad“ abgeduckt, das vom Stern unter der Überschrift „Gereimtes vom Gefreiten H.“ veröffentlicht wurde. Später erkannte ein Historiker darin allerdings ein Werk des NS-Dichters Herybert Menzel, das erst 1936, also 20 Jahre später, veröffentlicht worden war.

    Wie gewaltig der von der Linksschickeria gefeierte BRD-Hofhistoriker konnte, zeigt folgende Notiz aus der Frankfurter Rundschau vom 31. Oktober 1984:

    „Jäckel hatte bei Stiefel unter anderem den Tagebuchfälscher Konrad Kujau und dessen erstes Tagebuch, sozusagen der Prototyp der vielen Bände, die später der Stern für neun Millionen Markt kaufte, kennengelernt. Nach kurzem Durchsehen war der Historiker zu dem Ergebnis gekommen, das Buch könne tatsächlich aus Hitlers Feder stammen und müsse der Öffentlichkeit zugeführt werden.“

    Jäckel bezeichnete übrigens geschichtliche Unwahrheiten über die jüngere deutsche Vergangenheit als „pädagogisch begrüßenswert“; auch die „Überdrehung geschichtlicher Proportionen“ könne, so Jäckel, „moralisch gerechtfertigt“ sein (FAZ, 26. Januar 1980). Ein Schelm, wer dabei Böses denkt…

    Der Fetisch des „Führers“

    Auch Eva Braun soll Tagebuch geführt haben. So zumindest kolportierte es die Illustrierte Wochenend, die ab dem 3. September 1948 eine Fortsetzungsreihe mit Auszügen aus den Aufzeichnungen der Lebensgefährtin und späteren Gattin Hitlers veröffentlichte. Und die hatten es in sich!

    So erfuhr der Leser, dass Hitler seine heimliche Geliebte auf seiner Berghof-Residenz bei Berchtesgaden dazu genötigt habe, rehlederne Dessous zu tragen. Anfangs von dem Fetisch des „Führers“ wenig begeistert, genoss sie den ungewöhnlichen Stoff dann doch. „Wie Samt auf der Haut“ fühle er sich an, heißt es in einem Eintrag vom Januar 1938.

    Sex sells, Hitler sells: Im Jahr 2016 tauchten angebliche Nacktaufnahmen von Eva Braun auf. Historiker zweifeln auch hier die Authentizität an. Foto: Screenshot Bild, Twitter

    Doch damit nicht genug. Auf dem Obersalzberg soll es noch wilder zugegangen sein – vor allem, wenn Leni Riefenstahl, die Starregisseurin des Dritten Reiches, vorbeischaute. Hitlers Geliebte deutete eine Art Dreiecksbeziehung zwischen ihr, der Filmemacherin und Hitler an. Und sie war rasend vor Eifersucht. „Ob sie jetzt unten die Nackttänze aufführt, von denen immer wieder die Rede ist?“, notierte Eva Braun im Winter 1937. Hitler habe sie nach oben ins Schlafzimmer verbannt, als Riefenstahl zu Besuch kam.

    Brauner Bergfex

    Die Familie von Eva Braun ging juristisch gegen die Veröffentlichung der Texte vor – und tatsächlich erklärte das Landgericht München 1948 nach eingehender Prüfung, dass es sich bei dem angeblichen „Tagebuch der Eva Braun“ um eine Fälschung handelt und untersagte die weitere Verbreitung in Wochenend.

    Aufgebracht hatte die Schummelei der Schauspieler und Bergsteiger Luis Trenker – vor 1945 Ufa-Filmstar, nach dem Krieg auf einmal Widerstandskämpfer. Er hatte angegeben, das 96-seitige, maschinengeschriebene Diarium im Jahr 1944 von Eva Braun im Grand-Hotel in Kitzbühel erhalten zu haben. Ihre Eltern konnten vor Gericht allerdings nachweisen, dass sich die „Führer“-Geliebte in besagtem Haus zuletzt 1942 aufgehalten hatte.

    Ob Trenker das Tagebuch selbst gefälscht hatte oder es von jemandem überreicht bekam, wurde nie geklärt. Er habe „eigentlich nur einen Jux mitgemacht“, erklärte der vormalige Bergfex einmal gegenüber dem  Historiker und Hitler-Biografen Werner Maser vor Zeugen.

    Weitere Falschdarstellungen rücken wir in unserer Sonderausgabe Geschichtslügen gegen Deutschland gerade. In dem Standardwerk klopfen wir die hartnäckigsten Legenden auf ihren Wahrheitsgehalt ab: von den angeblich rückständigen Germanen über das „säbelrasselnde“ Preußen, die beiden Weltkriege, den England-Flug von Rudolf Heß und das Massaker von Katyn bis zu Reemtsmas Lügen-Ausstellung über die Wehrmacht. Unverzichtbar, wenn man mitreden will. Hier bestellen oder auf das Banner unten klicken.

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