Bereits Goethe erkannte den verbrecherischen Charakter des deutschen Volkes. Das behauptete der britische Chefankläger beim Nürnberger Tribunal. Doch stammten die Zitate, die er vorlas, wirklich von unserem Dichterfürsten? In unserer Sonderausgabe Geschichtslügen gegen Deutschland treten wir antideutschen Legenden entgegen. Hier mehr erfahren

    Am 27. Juli 1946 holte der britische Chefankläger beim Nürnberger Prozess, Sir Harteley Shawcross, einen besonderen Kronzeugen hervor, um die Schändlichkeit der Deutschen schon weit vor der NS-Herrschaft zu verdeutlichen.

    Der Generalstaatsanwalt für England und Wales zitierte nämlich, wie er behauptete, den deutschen Dichterfürsten Goethe, der sich über seine eigene Nation, wie folgt ausgelassen habe:

    Das Schicksal wird sie schlagen. (…) Dass sie den Reiz der Wahrheit nicht kennen,
    ist zu beklagen, dass ihnen Dunst und Rausch und all berserkerisches Unmaß so teuer, ist widerwärtig, dass sie sich jedem verzückten Schurken gläubig hingeben, der ihr Niedrigstes aufruft, sie in ihren Lastern bestärkt und sie lehrt, Nationalität als Isolierung und Rohheit zu begreifen, ist miserabel.

    Karl May (1907). Foto: Erwin Raupp, CC0, Wikimedia Commons

    Ferner, so Shawcross, habe Goethe den Deutschen gewünscht, dass sie der Teufel holen möge. Die von dem Briten angeführten Zitate des Weimarer Klassikers gingen damals um die Welt – und werden auch heute teilweise noch als Anklage gegen die Deutschen ins Feld geführt.

    Doch hat Goethe diese Zeilen tatsächlich verfasst? Von wegen! Der Belastungszeuge war ein ganz anderer – nämlich Thomas Mann. Als Emigrant hatte er von Amerika aus Brandreden gegen die Deutschen gehalten und die Bombardierung deutscher Städte, unter anderem jene seiner Heimatstadt Lübeck, durch die Westalliierten begrüßt. Später versuchte er, sich dafür in seinen Nachkriegsromanen zu rechtfertigen. Die von Shawcross zitierten Zeilen hatte Mann Goethe allerdings in seinem 1939 erschienenen Roman Lotte in Weimar in den Mund gelegt.

    Der verstümmelte May

    Auch Karl May wurde übel mitgespielt. 1984 erschien in der DDR eine dreibändige Winnetou-Edition – „endlich unverfälscht“, wie der Ost-Berliner Rundfunk lobte. Tatsächlich hatten die SED-Rothäute den Radebeuler Schriftsteller ohne Skrupel zensiert und verfälscht.

    Ein Beispiel: „Wir Deutschen“, sagt Old Shatterhand zu den aus Deutschland stammenden „weißen Indianer“ Klekih-petra in der Ursprungsfassung: „sind eigentümliche Menschen“. Und weiter:

    Unsere Herzen erkennen einander als verwandt, noch ehe wir es uns sagen, dass wir Angehörige eines Volkes sind – wenn es doch nun endlich einmal ein einiges Volk werden wollte!

    In der „endlich unverfälschten“ Ost-Berliner Ausgabe, die auch im bundesdeutschen Handel angeboten wurde, wurde der letzte Halbsatz einfach herausgestrichen.

    Bertolt Brecht. | Foto: Bundesarchiv, Bild 183-W0409-300 / Kolbe, Jörg / CC-BY-SA 3.0

    Der falsche Friedensapostel

    Das Weglassen von Halbsätzen oder ganzen Sätzen ist ein beliebtes Mittel, um Aussagen zu verfälschen. Manchmal ist es aber noch komplizierter. Jeder Linke kann diesen angeblichen Satz von Bertolt Brecht aufsagen: „Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin.“ Klingt nach einer pazifistischen Phrase – doch es sieht anders aus, wenn man den nächsten Satz liest: „Dann kommt der Krieg zu Dir.“

    Beides stammt aber gar nicht von Brecht. Der erste Satz ist die deutsche Übersetzung einer Zeile aus dem Gedicht „The pepole, Yes“ des US-Schriftstellers und Pulitzer-Preisträgers Carl Sandburg. Im Original: „Sometime they’ll give a war and nobody will come.“ Der zweite Satz stammt nicht von Sandburg, sondern wurde von einem unbekannten Autor in einer Schweizer Militärzeitschrift dazugedichtet.

    Beide Zeilen wurden später, sogar in einer Suhrkamp-Edition, dem Ende unvollendeten „Koloman Wallisch Kantate“ von Brecht vorangestellt. Dort heißt es:

    Wer zu Hause bleibt, wenn der Kampf beginnt
    Und läßt andere kämpfen für seine Sache
    Der muß sich vorsehen: denn
    Wer den Kampf nicht geteilt hat
    Der wird teilen die Niederlage.
    Nicht einmal den Kampf vermeidet
    Wer den Kampf vermeiden will: denn
    Es wird kämpfen für die Sache des Feinds
    Wer für seine eigene Sache nicht gekämpft hat.

    Wer in Brecht einen Friedenspostel sieht, verkennt seine unrühmliche Rolle im Zuge des 17. Juni 1953. Noch am Tag des Volksaufstandes in der DDR bekundete er seine „Verbundenheit mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands“, wenngleich er im selben Schreiben eine „Aussprache mit den Massen über das Tempo des sozialistischen Aufbaus anregte“.

    Protest am 17. Juni 1953 vor dem Brandenburger Tor. Foto: Eigenes Werk, nachkoloriert, S. Koch | COMPACT

    Weitere Solidaritätsadresse schickte Brecht, ebenfalls am 17. Juni 1953, an Otto Grotewohl und den russischen Botschafter Wladimir Semjonow, dem er seine „unverbrüchliche Freundschaft zur Sowjetunion“ bekundete. In einem Typoskript, das erst später veröffentlicht wurde, log er sich die damalige Situation wie folgt zusammen:

    „Die Demonstrationen des 17. Juni zeigten die Unzufriedenheit eines beträchtlichen Teils der Berliner Arbeiterschaft mit einer Reihe verfehlter wirtschaftlicher Maßnahmen. Organisierte faschistische Elemente versuchten, diese Unzufriedenheit für ihre blutigen Zwecke zu missbrauchen.

    Mehrere Stunden lang stand Berlin am Rande eines Dritten Weltkrieges. Nur dem schnellen und sicheren Eingreifen sowjetischer Truppen ist es zu verdanken, dass diese Versuche vereitelt wurden. Es war offensichtlich, dass das Eingreifen der sowjetischen Truppen sich keineswegs gegen die Demonstrationen der Arbeiter richtete. Es richtete sich augenscheinlich ausschließlich gegen die Versuche, einen neuen Weltbrand zu entfachen.“

    Der österreichische Literaturpapst Hans Weigel (nicht verwandt mit Brechts zweiter Ehefrau Helene Weigel), der wegen seiner jüdischen Herkunft von 1938 bis 1945 im Schweizer Exil verbringen musste, setzte unter anderem wegen dieser Haltung einen jahrelangen Boykott von Brecht auf den Bühnen seines Heimatlandes durch.

    Als Brecht 1956 in Ost-Berlin starb, schrieb Weigel in einem Nachruf auf den Literaten „B.“:

    B. hat nicht nur sein Volk, nicht nur sein Werk, er hat sich selbst verraten. B., literarischer Anwalt der Armen und Entrechteten, hat im Wohlstand höchst angenehm gelebt. B., Kämpfer für den Frieden, hat vor der Gewalt kapituliert und den Mördern seiner Brüder gehuldigt.

    Wir kämpfen für die Wahrheit: Seit mehr als 75 Jahren wird den Deutschen mit teils haarsträubenden Falschdarstellungen eine Kollektivschuld eingeredet, die einer Überprüfung der historischen Tatsachen nicht standhält. In unserer Sonderausgabe Geschichtslügen gegen Deutschland gehen wir der Sache auf den Grund und korrigieren das einseitige Bild: von den angeblich rückständigen Germanen über das säbelrasselnde Preußen, den Ersten und den Zweiten Weltkrieg bis hin zu Reemstmas Wehrmachtsausstellung. Hier bestellen.

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