Die Externsteine im Osten Nordrhein-Westfalens sind eines der merkwürdigsten Naturdenkmale Deutschlands. Oder waren sie gar eine wichtige germanische Kultstätte?  Dass sie wohl genau dies waren, zeigt der Sammelband „Im Kampf um die Externsteine“. Eine spannende, faszinierende und aufklärende Reise in die Zeit unserer Vorfahren. Hier mehr erfahren.

    Alle Hochkultur kommt aus dem Nahen und Mittleren Osten – so wurde es den deutschen Lesern in zahlreichen populärwissenschaftlichen Darstellungen  in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder aufs Neue eingehämmert. Dann kam das Jahr 1999, als zwei Raubgräber in der Nähe der Kleinstadt Nebra in Sachsen-Anhalt auf dem Mittelberg die berühmte Himmelsscheibe fanden, die unsere Vorstellung über die Zivilisation Mitteleuropas während der Bronzezeit revolutionierte.

    Ein Rätsel im Teutoburger Wald

    Gibt es noch mehr Geheimnisse über unsere Frühgeschichte, die bislang noch nicht gelüftet werden konnten? Davon ist auszugehen, und der Blick auf die Bronzezeit wird sich in 50 Jahren sicherlich wieder ganz anders darstellen als heute. Als besonders rätselhaft und spektakulär erscheinen uns die Externsteine. Sie liegen im Teutoburger Wald im östlichsten Zipfel Nordrhein-Westfalens, im Lippischen (also in der Region Deutschlands, in der auch das Hermannsdenkmal liegt) und gelten als nationales Geotop.

    Ein altes germanisches Heiligtum: Die Externsteine im Teutoburger Wald, von Südwesten her gesehen. Foto: Tuxyso , CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons

    Die bizarren Sandsteinformationen sind tatsächlich ein Naturdenkmal ersten Ranges, das in Mitteleuropa seinesgleichen suchen dürfte. In einer ansonsten weitgehend steinfreien Umgebung ragen sie bis zu einer Höhe von fast 48 Metern über den Wiembecketeich auf, der sich zu ihrem Fuß staut.

    Die Suche nach der Irminsul

    Aber sind die Externsteine auch ein kulturgeschichtliches Denkmal ersten Ranges? Auch darüber gibt es zahlreiche Spekulationen. So kam der Privatgelehrte Wilhelm Teudt schon in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts zu der Erkenntnis, dass die germanische Kultstätte Irminsul – also jenes vorchristliche sächsische Baumheiligtum, das der Überlieferung nach Karl der Große 772 im Kampf gegen die Sachsen zerstört hat – an oder in dem Gesteinskomplex der Externsteine zu verorten sei. In der Fachwissenschaft wurden Teudts Thesen größtenteils kritisch gesehen.

    Das sogenannte Kreuzabnahme-Relief an den Externsteinen. Unten rechts sieht man die gebeugte Irminsul. Foto: Tsungam, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons

    Seine Überlegungen stützte Teudt auf ein tatsächlich merkwürdiges Felsenrelief, das so etwas wie eine umgestürzte Palme zeigt, die Teudt als die Irminsul interpretierte. Teudts Anliegen war der Nachweis einer germanischen Hochkultur, als deren Zentrum er die Externsteine ansah.

    Die Andree-Ausgrabungen

    In den ersten Jahren des Dritten Reichs bemühten sich sowohl Alfred Rosenberg mit seinem „Reichsbund für Deutsche Vorgeschichte“ wie auch Heinrich Himmler mit seiner „Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe“ um Teudt. Der Umworbene neigte am Ende dem „Ahnenerbe“ zu, da sich viele seiner Kritiker um Rosenberg gesammelt hatten. Er setzte breitflächige Ausgrabungen durch, deren Funde der Grabungsleiter Julius Andree als germanisch beschrieb. Aus Sicht heutiger Archäologen wird diese Interpretation allerdings als spekulativ eingeschätzt.

    Sicher ist aber, dass die Externsteine schon in der Steinzeit ein Ort waren, der die Menschen offensichtlich magisch anzog. Zahlreiche Funde wie Stielspitzen, Feuersteingeräte, Klingen und Steinschlagplätze zeugen davon. Die Geomantiker hingegen, die nach Energiezentren auf der Erdoberfläche suchen, sehen in den Externsteinen einen einmaligen Kraftort.

    Ein geomantisches Zentrum

    Laut dem Volksschullehrer Walther Machalett aus Hamburg bilden die Externsteine die Spitze der sogenannten Externstein-Pyramide, deren beiden südliche Eckpunkte durch die zu Portugal zählende Inselgruppe der Salvages, die laut Machalett ein Überbleibsel des versunkenen Atlantis sind, sowie die Cheopspyramide gebildet werden.

    So oder so bleiben die Externsteine eine wissenschaftliche Herausforderung – sowohl in geologischer, geomantischer, frühgeschichtlicher wie auch in kulturwissenschaftlicher Hinsicht.

    Schon Anfang des 20. Jahrhunderts standen sich Verfechter und Gegner der Bedeutung der Externsteine als germanische Kultstätte gegenüber. Mit einer Grabung 1934/35 unter der Leitung von Wilhelm Teudt setzten sich Erstgenannte durch. Der einzigartige Sammelband „Im Kampf um die Externsteine“ bietet nicht nur einen Rundgang durch die Gesteinsformation und die wesentlichen Informationen darüber, sondern versammelt auch die wichtigsten Argumente und Aufsätze der Vertreter der „Germanentheorie“: Wilhelm Teudt, Hermann Wirth, Arendt Franssen und andere. Eine faszinierende Reise in die Zeit unserer Vorfahren. Hier bestellen.

    3 Kommentare

    1. Kritischer Rationalist aus Hessen am

      Eine Irminsul, eine mächtige Weltensäule aus Diabas geschaffen ist wieder vorhanden. Dort wo einst Franken und Sachsen gegeneinander kämpften. Nichts ist vergessen,lieber Widukind.

    2. Immer wenn SVEN REUTH nicht über volkswirtschaftliche Themen schreibt, sind seine Artikel einfach toll.
      Seit über 50 Jahren lebt Duis Libero in NRW und ist noch nicht zu den Externsteinen gepilgert. Wird nachgeholt. Spätestens nächsten Sommer. Muttern im Rollstuhl wird mitgeschoben (fast 90, und war auch nicht dort).

      PS: Neulich im Regionalexpress nach Köln = Kontrolleur kontrolliert Tickets. DUIS LIBERO legt Notebook zur Seite, um Fahrausweis rauszukramen. Kontrolleur sieht Homepage von COMPACT Online auf meinem Computerscreen, schaut sich die Seite genau an. "COMPACT – gute Zeitschrift!", sagt er lächelnd. Ich nicke.