Tübingens Oberbürgermeister bringt die grüne Kanzlerkandidatin mit dem «Negerschwanz» auf die Palme. In der Partei gilt er als schlimmer Wiederholungstäter. Jetzt will man ihn rausschmeißen. Doch der Schuss könnte nach hinten losgehen. Ein Auszug aus COMPACT 6/2021 mit dem Titelthema «Kein Bock auf Baerbock». Hier bestellen.

    Wenn Boris Palmer für Aufregung sorgt, dann geschieht das meistens über Facebook. Die Plattform ist für den Tübinger Oberbürgermeister das, was für Donald Trump Twitter war: Ein Meinungsverstärker, der mediale Aufmerksamkeit garantiert. Die Empörung seiner grünen Parteifreunde folgt stets auf dem Fuße.

    Das war auch am 8. Mai so. An diesem Tag tippte er einen Kommentar unter seinen eigenen Post, der schon Minuten später vom Mainstream skandalisiert wurde: «Der Aogo ist ein schlimmer Rassist. Hat Frauen seinen Negerschwanz angeboten.» Hatte der Schwabe etwa einen Schoppen zu viel intus? Wohl kaum. Palmer trinkt nämlich keinen Alkohol. «Mir schmeckt’s nicht», sagte er mal den Stuttgarter Nachrichten. Doch warum haute er dann einen solchen Spruch raus?

    Dennis Aogo. Foto: Steindy (talk), CC BY-SA 3.0, Wikimedia Commons

    Dazu muss man die Vorgeschichte kennen. Die beginnt bei der Affäre um Jens Lehmann und Dennis Aogo (siehe „Eine wilde Treterei“). Palmer griff den Fall auf und schrieb dazu auf Facebook: «Lehmann weg. Aogo weg. Ist die Welt jetzt besser? Eine private Nachricht und eine unbedachte Formulierung, schon verschwinden zwei Sportler von der Bildfläche. (…) Cancel Culture macht uns zu hörigen Sprechautomaten, mit jedem Wort am Abgrund. Ich will nicht in einem solchen Sprachjakobinat leben.»

    Nur kurze Zeit später folgte in den Kommentaren der Vorwurf eines Nutzers, Palmer relativiere Rassismus, nämlich den von Lehmann gegenüber Aogo. In seiner gewohnt direkten Art antwortete der Grünen-Politiker daraufhin mit den beiden eingangs zitierten Sätzen.

    Dazu muss man wissen: Palmers Bemerkung bezog sich auf einen Screenshot, der Aogo bezichtigt, vor einigen Jahren einer Frau auf Mallorca angeboten zu haben, sie könne sich gern seinen «dicken Negerschwanz gönnen». Für diese angebliche Aussage des Deutsch-Nigerianers gibt es allerdings keine verlässliche Quelle.

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    Wie dem auch sei: Palmer hatte jedenfalls nicht die Absicht, den Ex-Fußballer zu beleidigen, sondern wollte Doppelmoral anprangern. «Mit dem Stilmittel der Ironie, einen Schwarzen zum Rassisten zu erklären», sei er einer «abstrusen Provokation» entgegengetreten. Der Rest des Satzes sei ein Zitat, so Palmer.

    Das half alles nichts. Grünen-Chefin Annalena Baerbock reagierte prompt – und erwartungsgemäß – auf Twitter: «Das Ganze reiht sich ein in immer neue Provokationen, die Menschen ausgrenzen und verletzen. Boris Palmer hat deshalb unsere politische Unterstützung verloren. Nach dem erneuten Vorfall beraten unsere Landes- und Bundesgremien über die entsprechenden Konsequenzen, inklusive Ausschlussverfahren.»

    Herr der Sprüche

    Tatsächlich hat Palmer mit seinen Äußerungen schon oft unter Beweis gestellt, dass er vom ideologischen Kosmos des durchschnittlichen Grünen ungefähr so weit entfernt ist wie Claudia Roth vom Miss-Germany-Titel.

    • Im Oktober 2015, als täglich rund 10.000 Migranten über die deutschen Grenzen strömten, störte er via Facebook die allgemeine Willkommensbesoffenheit: «Es tut mir leid, das schaffen wir nicht. Die Politik muss handeln, sonst implodieren unser Aufnahmesystem und der soziale Frieden im Land.» Simone Peter, damals Grünen-Chefin, warf ihm im Spiegel vor, «rechten Hetzern in die Hände» zu spielen.
    • 2017 legte Palmer mit seinem Buch Wir können nicht allen helfen nach. Merkel bescheinigte er darin eine «moralische Aufladung der Flüchtlingspolitik», zu ihren Gästen schrieb er, deren «Anspruchshaltung, verbunden mit der Bereitschaft, selbst ziemlich schnell Probleme mit Alkohol, Gewalt und mangelnder Hygiene zu schaffen», seien ihm «unerklärlich». Die Hamburger Grüne Dorothea Suh ätzte: Für die «Ergüsse» in seinem «braunen Bestseller» habe sie bloß «eine Klorolle übrig».
    • 2018 regte sich Palmer auf Facebook über einen dunkelhäutigen Radfahrer auf, der ihn beinahe angefahren hätte: «Ich wette, dass es ein Asylbewerber war. So benimmt sich niemand, der hier aufgewachsen ist mit schwarzer Hautfarbe. Das wäre völlig missglückte Integration.» Die Tübinger Grünen distanzierten sich umgehend von ihrem OB.
    • Im April 2019 postete Palmer auf Facebook einen Screenshot mit Auszügen von einem Werbevideo der Deutschen Bahn, in dem vier Migranten und ein Weißer auftauchen. Dazu stellte er die Frage: «Welche Gesellschaft soll das abbilden?» Schon im Eingangssatz äußerte er die Vermutung: «Der Shitstorm wird nicht vermeidbar sein.» Der kam auch prompt – und Claudia Roth sagte der Augsburger Allgemeinen, der Post sei eindeutig rassistisch, und niemand werde Palmer davon abhalten, sich eine neue politische Heimat zu suchen.
    • Im April 2020 forderte er im Frühstücksfernsehen von Sat1 eine Lockerung der Corona-Auflagen und äußerte: «Ich sag‘s Ihnen mal ganz brutal: Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären – aufgrund ihres Alters und ihrer Vorerkrankungen.» Wenig später forderte ihn der Landesvorstand der Grünen in Baden-Württemberg zum Parteiaustritt auf.

    Ein Verfahren zum Rausschmiss Palmers haben die baden-württembergischen Grünen (…) Ende des Textauszugs.

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