Mit der Deutung von Tiersymbolen meinen Esoteriker die Hintergründe politischer Prozesse erklären zu können. Anknüpfungspunkt ist unter anderem eine japanische Erzählung. In COMPACT-Spezial «Satan, Pop und Hollywood» untersuchen wir den Einfluss des Okkultismus auf die Populärkultur. Hier mehr erfahren.

    In Nippon herrschen finstere Zeiten. Immer mehr Shogune – die Anführer des Kriegeradels der Samurai – werden von einem inneren Feind bedroht: Eine mysteriöse Sekte von Schlangenanbetern, an deren Spitze der finstere Zauberer Orochimaru steht, unterwandert die Provinzen und nutzt Verschwörung, Umsturz, Lüge und Krieg, um nach und nach die Kontrolle über das Reich der aufgehenden Sonne zu übernehmen. Die Fürstentümer Tsukikage, Ogata und Matsuura sind schon gefallen – und mit deren Macht im Rücken will der dunkle Magier nun den Kaiserthron erobern.

    Der finstere Zauberer Orochimaru arbeitet mit Verschwörung und Lüge.

    Er ahnt allerdings nicht, dass die Thronfolger der Ogata- und der Matsuura-Familie, Hiroyuki und Tsunade, die einen hinterhältigen Mordversuch des Schlangenmagiers überlebt haben, von dem weisen Eremiten und Diener einer Froschgottheit gefunden und in esoterischen Praktiken ausgebildet wurden. Nun machen sie sich auf, Orochimaru zu stoppen. Doch während des Kampfes wird Hiroyuki, der sich mittlerweile Jiraiya (junger Donner) nennt, von einer Schlange gebissen und vergiftet. Tsunade muss ein großes Opfer bringen, um seinen Gefährten zu retten.

    Die Ninja-Legende

    So erzählt es der Schriftsteller Kanwatei Onitake (1760–1818) in Jiraiya Goketsu Monogatari (Die Geschichte des galanten Jiraiya). Das 1806 verfasste Werk gehört zu den bekanntesten Ninja-Legenden Japans. Ninjas waren besonders ausgebildete Kämpfer, die als Spione oder Attentäter eingesetzt wurden. Im Gegensatz zu den Samurai kämpften die Schattenkrieger im Verborgenen, galten deshalb oft auch als unehrenhaft.

    Onitakes Heldenepos wurde von der Populärkultur vielfach aufgegriffen. Schon 1839 diente es als Vorlage für einen der ersten japanischen Comic-Bände, 1852 wurde es als Theaterstück umgesetzt. 1921 entstand ein Stummfilm auf Basis der Legende, 1966 wurde sie von der Toei Company als Kaiju (Monsterfilm) unter dem Titel The Magic Serpent (Die magische Schlange) auf die Leinwand gebracht, 1988 unter dem Titel Sekai Ninja Sen Jiraiya (Welt-Ninja-Krieg Jiraiya) als Serie fürs TV adaptiert.

    Moderner Ninja: Naruto Uzumaki, der Hauptcharakter aus der Manga-Reihe «Naruto» (1999–2014). Foto: Screenshot Youtube

    In «Ninja Sentai Kakuranger» (Ninja-Geschwader Kakuranger, 1994/95), bei uns als dritte Staffel der Power Rangers bekannt, tritt der galante Jiraiya als Nebenfigur auf. In der Manga-Reihe Naruto (1999–2014) ist der Magier Orochimaru einer der wichtigsten Bösewichte, während Tsunade und Jiraiya als Mentoren des jungen Ninja Naruto auftreten. Das Videospiel-Unternehmen SNK bezeichnet böse Varianten ihrer Heldenfiguren gerne als «Orochi», was auf den düsteren Zauberer anspielt. Und im Pokemon-Universum gibt es einen Ninja-Frosch, der auf der Figur des Jiraiya basiert. Die Legende ist gleichsam Motiv bei vielen Volksfesten, wo die Figuren der Geschichte in Prozessionen durch die Dörfer getragen werden.

    «Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt.» Offenbarung des Johannes

    Dabei ist Jiraiya Goketsu Monogatari noch nicht einmal ein rein japanisches Werk, sondern in seinen Grundzügen mit einer Erzählung aus dem China der Song-Dynastie (circa 960–1270) identisch. Der weise Eremit basiert wiederum auf Liu Haichan, einem chinesischen Philosophen des Taoismus und bekannten Alchemisten, der in Begleitung eines Frosches reiste. Spätere Legenden sahen in diesem Tier die Inkarnation einer Mondgöttin.

    Auf der Seite des Guten: Modernes japanisches Frosch-Meme. Foto: CC0, Wikimedia Commons

    Götter und Dämonen

    Der Frosch wurde in vielen alten Kulturen als magisches Wesen angesehen, da er als Amphibium sowohl an Land als auch im Wasser lebt und damit eine Art Brückengestalt zwischen zwei Elementarwelten darstellt.

    In europäischen Märchen und Sagen ist das Tier häufig Zutat im Hexenkessel oder – wie der Froschkönig – ein verzauberter Mensch. Oft sind Frösche auch Fruchtbarkeits- oder Glückssymbole und Zeichen einer guten Ernte. Da sie nachtaktiv sind, wurden sie schließlich auch zum Symbol der im Verborgenen kämpfenden Ninjas.

    Die Idee der animalischen Geister als deren Verbündete ist dem Schamanismus entlehnt. Hinzu kommt, dass die mystischen Kämpfer sogenannte Ninpo-Techniken nutzten, die dem Verhalten von Fröschen nachempfunden sind, etwa Methoden zur Ablenkung oder Überraschung des Feindes.

    Dies wurde mythologisiert, sodass schließlich die Vorstellung aufkam, dass Ninjas eine spirituelle Bindung zu Tiergottheiten hätten, die Gestalt von Fröschen annehmen oder diese im Kampf herbeirufen könnten. Das macht auch Jiraiya, um Verfolger abzuschütteln.

    Die Schlange wiederum ist schon aus der Bibel als Symbol für das Böse bekannt. So weist die Jiraiya-Legende erstaunliche Parallelen zum Buch Genesis (1. Mose 3) auf, in dem das Kriechtier Eva dazu verführt, den Apfel vom Baum der Erkenntnis zu kosten, was zur Folge hat, dass sie und Adam von Gott aus dem Paradies verbannt werden. Auch ein Motiv aus der Offenbarung des Johannes findet sich in Onitakes Erzählung wieder: Satan, der mit der Schlange – oder auch dem Drachen – gleichgesetzt werden kann, will mithilfe weltlicher Diener wie dem Antichristen die Macht über die Menschheit erringen.

    So heißt es in Kapitel 12 der Offenbarung: «Dann erschien ein großes Zeichen am Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet; der Mond war unter ihren Füßen und ein Kranz von zwölf Sternen auf ihrem Haupt. (…) Ein anderes Zeichen erschien am Himmel: ein Drache, groß und feuerrot, mit sieben Köpfen und zehn Hörnern und mit sieben Diademen auf seinen Köpfen.»

    Und weiter: «Da entbrannte im Himmel ein Kampf; Michael und seine Engel erhoben sich, um mit dem Drachen zu kämpfen. Der Drache und seine Engel kämpften, aber sie konnten sich nicht halten und sie verloren ihren Platz im Himmel. Er wurde gestürzt, der große Drache, die alte Schlange, die Teufel oder Satan heißt und die ganze Welt verführt; der Drache wurde auf die Erde gestürzt und mit ihm wurden seine Engel hinabgeworfen.»

    Diese Deutung findet sich jedoch nicht nur in den monotheistischen Religionen, sondern auch im japanischen Schintoismus. Dort gibt es die Vorstellung einer dämonischen Schlange, Yamata no Orochi genannt, die alle paar Jahrhunderte auftaucht und die Menschheit fast vollständig vernichtet. Dieses Wesen kann als das Pendant zum ägyptischen Schlangengott Apophis und zur sumerischen Gottheit Tiamat angesehen werden. Hier symbolisieren sie die zerstörerische Kraft des Chaos (als Folge des unweigerlichen Verfalls der bestehenden Ordnung). Der römische Gott Saturn wird ebenfalls mit Schlangen in Verbindung gebracht. Er steht für Tod und Vergänglichkeit.

    Jormungand: In der Endzeit Ragnarök wird sie sich im Meer wälzen und mit den Wellen die Küsten überfluten. Foto: CC0, Wikimedia Commons

    Clinton gegen Kekistan

    Traditionalisten wie René Guénon und Charles Upton sahen Schlangenkulte als Ausdruck satanischer Gegeninitiation und betonten, dass es solche im Verborgenen wirkenden Gruppen nicht nur im jüdisch-christlichen Kulturkreis, sondern überall auf der Welt gebe. Der Zen-Buddhist und ehemalige Mönch Haku Zynkyoku, interessanterweise ein Anhänger des NS-Esoterikers Miguel Serrano, sieht Yamata no Orochi als treibende Kraft hinter den politischen Verschwörungen des Westens. Auch der britische Truther David Icke geht von einem Komplott solcher Geheimorden aus und bezieht sich dabei unter anderem auf das Buch The Worship of the Serpent (+) des britischen Schriftstellers John Bathurst Deane aus dem Jahr 1833. Kenneth Grant, ein Schüler des Okkultisten Aleister Crowley, entwickelte Theorien über antike Schlangenkulte und brachte diese mit schwarzer Magie wie der Qlipothischen Kabbala (die den Menschen von Gott entfremden soll), aber auch mit der surrealen Kunst des Malers Austin Osman Spare und H. P. Lovecrafts Horrorgeschichten über Dämonengötter in Verbindung.

    Midgardschlange

    In der germanischen Mythologie umschlingt die Midgardschlange Jormungand die Welt. Von Loki, dem Gott des Feuers und der List, mit der Riesin Angrboda gezeugt, ist sie zusammen mit Hel, der Göttin der Finsternis, und dem Wolf Fenris einer der großen Feinde des Asen-Geschlechts und Menschen. Die große Schlange, die sich selbst in den Schwanz beißt und damit den ewigen Kreislauf symbolisiert, gibt es allerdings nicht nur in der nordischen Mythenwelt. Im alten Indien war sie als Ananden (die Unendliche) bekannt, bei den Ägyptern als Apophis, als Quetzalcoatl bei den Mayas und als Regenbogenschlange bei den australischen Aborigines. In der Bibel gilt Satan auch als große Weltenschlange, die durch das Werk der Erlösung in 1.000-jährige Fesseln geschlagen wird.

    In einschlägigen Foren wurde sogar der US-Wahlkampf 2016 zum Kampf zwischen Schlange und Frosch erhoben. Durch die Veröffentlichung interner E-Mails kam heraus, dass Hillary Clinton über zweifelhafte Kontakte zur Okkult-Künstlerin Marina Abramovic verfügt. Diese führte auch Performances mit Schlangen durch. Hinter Donald Trump wiederum versammelte sich eine digitale Armee, die vor allem mit dem Meme-Frosch Pepe für den Republikaner trommelte.

    Der wiederum wird gerne mit dem altägyptischen Gott Kek identifiziert. Daraus entwickelte sich schließlich die virtuelle Republik Kekistan, deren Anhänger sich in einer permanenten Auseinandersetzung mit sogenannten Normies (Normalos) und SJWs (Social Justice Warriors; deutsch: Soziale-Gerechtigkeits-Krieger) befinden. Mit dem Kampf zwischen der Schlangenanbeterin Clinton und dem Frosch-Führer Trump sei die Geschichte des galanten Jiraiya real geworden. Ausgang offen.

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