Ein Gespenst geht um in Deutschland – ein Gespenst namens QAnon oder einfach Q. Die Linksfraktion im Bundestag ist dem Mysterium per Anfrage auf die Spur gegangen – und hat sich dabei auch nach möglichen Bezügen zu COMPACT erkundigt. Nun liegt die Antwort der Bundesregierung vor. Die darin erwähnten Q-Buttons gibt es – jetzt mit Jubiläumsrabatt – HIER.
Querdenker und QAnon – beides beginnt mit dem Buchstaben Q. Und tatsächlich überschneiden sich die Spektren zumindest teilweise. Insbesondere bei den großen Freiheitsdemonstrationen am 1. und 29. August 2020 in Berlin sah man öfter mal den 17. Buchstaben des Alphabets auf Fahnen, Shirts und Schildern – und auf den Querdenker-Buttons von COMPACT.
Das hat die Bundestagsfraktion der Partei Die Linke auf den Plan gerufen. Statt sich um die Folgen des Corona-Lockdowns für Arbeitnehmer und Kleinunternehmer zu kümmern, haben die Sozialisten eine parlamentarische Anfrage an die Bundesregierung gestellt, in der sie der „Verbreitung der QAnon-Verschwörungsideologie“ in Deutschland nachspüren. Darin hat sich die Linksfraktion nicht nur danach erkundigt, welche Rolle „der QAnon-Verschwörungsmythos (…) bei den Protesten gegen die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie“ spielt, sondern auch, ob sich die Zeitschrift COMPACT die Thesen der QAnon-Bewegung zu eigen macht oder diese weiterverbreitet.
Kurze Erklärung: Bei Q soll es sich laut der Erzählung seiner Anhänger um einen vermeintlichen Insider aus dem Umfeld von US-Präsident Donald Trump handeln, möglicherweise einen Whistleblower aus dem Geheimdienstbereich, der über verschiedene Internetkanäle zumeist verrätselte Botschaften aussendet, die von den QAnons interpretiert und realen Begebenheiten oder angeblichen verdeckten Operationen zugeordnet werden. Weitere Informationen über das mysteriöse Orakel finden Sie HIER, HIER und ganz ausführlich HIER.
Zur Anfrage der Linksfraktion bezüglich Q / QAnon liegt nun die Antwort der Bundesregierung (Drucksache 19/24084) vor. Darin heißt es über Verbindungen zu Querdenkern:
„Im Zuge der Corona-Proteste und insbesondere im Rahmen des Demonstrationsgeschehens am 29. August 2020 in Berlin waren in dem heterogenen Versammlungsgeschehen auch Anhänger des QAnon-Verschwörungsmythos vertreten, wie insbesondere anhand von mitgeführten Transparenten und Symbolen zu erkennen war. Die Anhänger des QAnon-Verschwörungsmythos sind je-doch kein Beobachtungsobjekt des BfV .“
Deutlich länger fällt die Antwort der Regierung auf die Frage nach Bezügen zu COMPACT aus. Hierzu heißt es in Drucksache 19/24084 zunächst, dass COMPACT „im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie Positionen der sogenannten QAnon-Verschwörungstheorie aufgegriffen“ habe. So weit, so korrekt.
Ebenfalls vollkommen richtig schreibt die Bundesregierung dann weiter:
In dem Beitrag der COMPACT-Magazin GmbH vom 21. September 2020 wird einerseits deutlich, dass sie sich die Positionen der Bewegung nicht vollumfänglich und undifferenziert zu eigen macht. So werden manche Behauptungen als ‚tatsächlich fragwürdig‘ bzw. als ‚krasse Falschmeldung‘ bezeichnet, etwa Aspekte der Auffassung, wonach eine Elite planmäßige und rituelle Kindermorde begehe, um einen auf Kinderblut basierenden Kosmetikstoff zu gewinnen.
Allerdings, so die Bundesregierung, sei „eine positive Einstellung der COMPACT-Magazin GmbH gegenüber ‚Q‘ und seiner Anhängerschaft feststellbar. ‚Q‘ wird als ‚Internet-Orakel‘ oder ‚moderner Nostradamus‘ bezeichnet, Anhängerinnen und Anhänger der QAnon-Verschwörungstheorie als ‚digitale Wahrheitskrieger‘ anerkennend gewürdigt“.
Anmerkung unsererseits: Die beiden erstgenannten Begriffe werden in dem betreffenden Artikel nicht affirmativ, sondern deskriptiv verwendet. Aber ja, wir erkennen durchaus an, dass sich die QAnons um die Suche nach der Wahrheit auf verschiedenen Feldern bemühen. Ob die dann aber auch immer gefunden wird, steht auf einem anderen Blatt. Unsere Zweifel an gewissen Theorien, die in diesem Spektrum kursieren, haben wir ja, wie auch die Bundesregierung einräumen muss, zum Ausdruck gebracht.
Der Rest der Antwort fällt dann leider grob verfälschend aus und arbeitet mit Unterstellungen. Die Bundesregierung behauptet nämlich:
Die COMPACT-Magazin GmbH relativiert die antisemitischen Anteile der QAnon-Ideologie (Zitat aus einem Online-Beitrag vom 21. September: „In Wirklichkeit sind nur die wenigsten QAnons eingefleischte Antisemiten.“). Festzustellen sind überdies nennenswerte inhaltliche Überschneidungen von Thematisierungen der COMPACT-Magazin GmbH und der QAnon-Verschwörungstheorie. Beispielsweise befasste sich die COMPACT-Magazin GmbH in Spezialausgaben des COMPACT-Magazins mit den angeblichen Machenschaften eines geheimen Netzwerks aus Geheimdiensten, Politik und Wirtschaft (Nr. 24/2020, Titel: „Tiefer Staat. Geheimdienste und Verfassungsschutz gegen die Demokratie“) oder mit angeblichen Netzwerken von Pädophilen, welche maßgeblich von einer global agierenden Elite gesteuert würden (Nr. 27/2020, Titel: „Geheimakte Kinderschänder. Die Netzwerke des Bösen“). Auffällig ist darüber hinaus, dass sich die COMPACT-Magazin GmbH bemüht, das der QAnon-Verschwörungstheorie als Erkennungszeichen dienende Emblem ‚Q‘ zum Symbol der ‚Querdenken‘-Bewegung umzufunktionieren. Dementsprechend prangte ‚Q‘ bereits auf dem Cover einer Ausgabe des COMPACT-Magazins (Nr. 09/2020), in der über die „Querdenken“-Bewegung und die von ihr initiierten und zu großen Teilen geprägten Demonstrationen gegen die Corona-Eindämmungsmaßnahmen berichtet wurde. Über ihren Webshop bietet die COMPACT-Magazin GmbH zudem entsprechende ‚Q‘-Buttons an.“
Dieser Teil der Antwort der Bundesregierung ist schon deshalb besonders abstrus, weil sich die erwähnte COMPACT-Spezialausgabe „Tiefer Staat“ gar nicht mit angeblichen Verschwörungstheorien, die in der Q-Community kursieren, befasst, sondern vielmehr den Einfluss von in- und ausländischen Geheimdiensten auf das politische Geschehen unter die Lupe nimmt.
In COMPACT-Spezial „Geheimakte Kinderschänder“ wird das Thema QAnon nur am Rande behandelt – und wenn, dann genauso differenziert und mit der notwendigen journalistischen Distanz, die uns die Bundesregierung ja zuvor selbst attestiert hat.
COMPACT-Spezial „Geheimakte Kinderschänder“ beleuchtet reale Fälle wie Dutroux, Sachsensumpf, Epstein, Odenwaldschule, Natascha Kampusch, Kentler / Berlin oder Lügde und Münster und hält sich dabei an Fakten – und die sprechen in der Tat oft für die Verstrickung höchster Kreise in kriminelle pädophile Netzwerke. Genau dies decken wir auf – und nennen Ross und Reiter. Haltlose Räuberpistolen findet man in dieser Ausgabe nicht. Und schon gar nicht „verharmlosen“ wir angebliche „antisemitische Anteile der QAnon-Ideologie“.
Vielmehr stellt COMPACT-Chefredakteur Jürgen Elsässer in seinem Editorial zu COMPACT-Spezial „Geheimakte Kinderschänder“ klar:
„Als der morsche Feudalismus in Schüben zusammenkrachte, trieben skrupellose Geschäftemacher die Minderjährigen im ganzen Reich zusammen, die Rattenfänger in Hameln und anderswo spielten die Melodie dazu und hetzten sie in den berüchtigten Kinderkreuzzug. Als die Pestwellen Europa überfluteten, sahen das die Gläubigen als Strafe Gottes für die Verderbtheit des Vatikans. Die Deutschen erhoben sich unter Führung von Martin Luther gegen die römische Fremdherrschaft, aber findige Agenten lenkten den Volkszorn gegen die Juden als Sündenbock. Das infame Gerücht: Ritualmorde an Babys, deren Blut die Rabbis trinken.
Auch in der aktuellen Epoche sind geschändete Kinder zum Sinnbild des Bösen geworden: Wo der Kapitalismus zum Kannibalismus wird, sind sie die Ersten, die gefressen werden. (…) Das Orakel Q konnte zum Stichwortgeber einer subkutanen Massenbewegung werden, weil es diesen Zusammenhang offen ausspricht und fordert, dass das Ehepaar Clinton wegen pädokrimineller Verwicklungen hinter Gittern landet.
Dass die Hinweise auf Pizzagate und Adrenochrom keine Tatsachenberichte sind, sondern Q vielmehr Allegorien mit allerdings wahrem Kern erzählt, macht ihn zu einem postmodernen Wiedergänger der mittelalterlichen Endzeitprediger. Wie diese entzündet er die Fantasie – und den Zorn – des Volkes, kommt aber gottlob ohne den Antisemitismus aus, der sich oft unter deren Prophezeiungen mischte. Sein Feind ist der Tiefe Staat, der die letzten Fundamente der amerikanischen Demokratie schleifen und in deren Ruinen die dekadenten Orgien eines neuen Despotismus feiern will. (…)“
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