Walther Rathenau ermöglichte 1922 Deutschland einen Weg aus der Umklammerung durch die Westmächte und schloss überraschend ein Bündnis mit Sowjetrussland. Wie stark die deutsch-russische Freundschaft heute noch ist, zeigt der Verkaufs-Tsunami vom Wochenende: Unsere Druschba-Silbermedaillen sind restlos ausverkauft. Aber keine Sorge! Die zweite Charge ist in Vorbereitung und kommt schon Ende Mai. Hier vorbestellen.

     _ von Rolf Stolz

     Als  am 16. April 1922 im Badeort  Rapallo am Rande der Finanz- und Wirtschaftskonferenz von Genua das Deutsche Reich und die Vertreter der – offiziell erst ein halbes Jahr später gegründeten – Sowjetunion überraschend einen Vertrag schlossen, fanden sich zwei weltpolitisch Geächtete zusammen, die eine Zusammenarbeit vereinbarten und auf  Reparationsforderungen verzichteten.

    Der von den beiden Außenministern Georgi Tschitscherin (1872–1936) und Walther Rathenau (1867–1922) unterzeichnete Vertrag brachte der sowjetischen Regierung erstmals völkerrechtliche Anerkennung und wertete sie international auf.

    Auch das Deutsche Reich wurde in seiner schwierigen Position gegenüber den imperialistischen Westmächten gestärkt, die ihm und seinen Verbündeten im sogenannten „Friedensvertrag“ von Versailles vom Juni 1919 die Alleinschuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs zugeschoben hatten, um Annexionen zu rechtfertigen und räuberische Reparationen zu erpressen.

    Der feige Mord

    Zwei Monate nach dem Überraschungscoup von Rapallo war Walter Rathenau tot. Es bleibt eine vielleicht unlösbare, aber dennoch lohnende Aufgabe, nachzuforschen, ob es nicht bisher unbekannte Drahtzieher seiner Ermordung gab, die ganz andere Interessen hatten als die zur rechtsextremen Organisation Consul gehörenden Attentäter. Natürlich geschehen viele Dinge, ohne dass Geheimdienste ihre Finger im Spiel haben, aber eben nicht alle.

    Die „Fememörder“ – der  Kieler Jurastudent und Ex-Marineoffizier Erwin Kern, am 17. Juli 1922 auf der Burg Saaleck von der Polizei erschossen, und der Chemnitzer Maschinenbauingenieur Hermann Fischer, der nach dem Tod Kerns Selbstmord beging – wollten, wie der an der Mordplanung beteiligte und deshalb zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilte Ernst von Salomon schrieb, eine „nationale Revolution“ auslösen.

    Das Imperiale Palace Hotel, wo der Vertrag von Rapallo unterzeichnet wurde. Foto: picture alliance / Rolf Haid

    Aber auf den Tod des Mitbegründers der Deutschen Demokratischen Partei (DDP), Großindustriellen und einflussreichen Publizisten Rathenau hatten es auch noch andere Kräfte abgesehen, und zwar aus gänzlich differenten Gründen. Bedenken muss man: Die gesamte nationalistische Rechte hatte den Vertrag von Rapallo ausdrücklich begrüßt.

    Zumindest ihre denkfähigen Vertreter wussten durchaus, dass Rathenau sich im Herbst 1918 gegen den Waffenstillstand gestellt und für eine Kriegsfortführung plädiert hatte, um stark genug zu sein, bessere Friedensbedingungen für die Mittelmächte zu erreichen. Während der bestialisch-dumme deutsche Chauvinisten-Pöbel noch über das „Verrecken“ der „Judensau“ jubelte, rieben sich in den Chefetagen der Westmächte die maßgeblichen Leute die Hände, hatte doch mit dem Tod Rathenaus die ihnen gefährlich werdende deutsch-sowjetische Zusammenarbeit einen schweren Schlag erlitten.

    Rathenaus Nachfolger

    Aber anders als man in London, Paris, Washington und Warschau gehofft hatte, setzte Ulrich Graf von Brockdorff-Rantzau  (1869-1929), der „letzte Bismarckianer“ und 1918/19 der erste demokratische Außenminister Deutschlands, das Werk Rathenaus fort. Im November 1922 wurde er Botschafter in Moskau und versuchte, ein gutes Verhältnis zur  Sowjetunion aufzubauen, zugleich aber eine zu enge Anlehnung Deutschlands zu vermeiden, die unweigerlich den westlichen Druck auf die Weimarer Republik verstärkt hätte.

    Die heimliche militärische Zusammenarbeit mit der Roten Armee lehnte er deshalb  im Gegensatz zur Reichswehrführung ab. Er, der im Juni 1919 wegen des Versailler Vertrags, den er als  „Verbrechen an Deutschland“ bezeichnete, mit dem gesamten Kabinett Scheidemann zurückgetreten war, hatte stets versucht, mittels einer multilateralen Kooperations- und Bündnispolitik Auswege  aus Deutschlands schwieriger Mittellage und seiner Ausplünderung durch die Westmächte zu finden. Der Abschluss des Berliner Vertrags zwischen dem Deutschen Reich und der UdSSR am  24. April 1926 war im wesentlichen sein Verdienst.

    Druck auf die Westmächte stieg an

    Der Vertrag enthielt die Zusicherung Deutschlands,  im Falle eines Krieges der Sowjetunion gegen einen Drittstaat neutral zu bleiben, was eine Intervention Frankreichs an der Seite Polens erheblich erschwert bzw. unwahrscheinlicher gemacht hätte. Der Berliner Vertrag setzte die Rapallo-Politik fort und bewies, dass Deutschland nach den sieben mit den westlichen Mächten  und Italien geschlossenen Locarno-Verträgen vom Oktober 1925 weiter freundschaftlich mit der UdSSR zusammenarbeiten wollte. Diese Verträge waren überhaupt nur zustande gekommen, weil die deutsch-sowjetische Verständigung Druck auf die Westmächte ausübte, ihr Verhältnis zu Deutschland zu normalisieren.

    Gustav Stresemann (1878-1929), der deutsche Außenminister und Architekt der Locarno-Verträge, sagte ganz zu Recht, dass er mit ihnen keine einseitige Westorientierung vertreten habe:

    „Ich habe nie mehr an unsern Osten gedacht als in der Zeit, wo ich mit dem Westen eine Verständigung suchte.“

    Sein Ziel war dabei, die Sowjetunion zu „mäßigen“, zwischen den Westmächten und der Sowjetunion ein neutraler und fairer Vermittler zu sein und die Interessen der deutschen Minderheiten in Osteuropa zu wahren.

    Deutschland, das vor 1918 eine eigenständige imperialistische Weltpolitik verfolgt hatte, war mit dem Ende des Ersten Weltkriegs eine unterdrückte, von Annexionen betroffene Nation und ein teils okkupiertes Land. Die französisch-belgische Besetzung Düsseldorfs und Duisburgs am 8. März 1921 war nur der Anfang einer Politik, die das industrielle Herz Deutschlands nach dem Vorbild des von 1920 bis 1935 abgetrennten Saargebietes Frankreich eingliedern wollte.

    Es folgte am 5. Mai 1921 im Londoner Ultimatum die offene Androhung der Ruhrbesetzung, um den Zahlungsplan für 132 Milliarden Goldmark-Reparationen durchzudrücken, und schließlich die erst durch den Dawes-Plan beendete Besetzung des Ruhrgebiets und von Teilen des Rheinlands zwischen Januar 1923 und August 1925 mit 137 Toten.

    Deutsch-russisches Bündnis gegen Napoleon: Der historische Händedruck zwischen den Generälen Yorck und Diebitsch bei Tauroggen, 25. Dezember 1812. Foto: picture alliance / Heritage-Images

    „Abgrund von Feindschaft und Konflikten“

    Walter Rathenau hatte über den von den Mittelmächten am 3. März 1918 dem bolschewistischen Russland diktierten Frieden von Brest-Litowsk  sehr zutreffend geurteilt, durch ihn würde das kaiserliche Deutschland in „einem Abgrund von Feindschaft und Konflikten leben“.

    Genau das bewahrheitete sich – statt durch einen schnellen und gerechten Frieden alle Kräfte auf einen Sieg im Westen zu konzentrieren, verstrickten sich die Mittelmächte in den osteuropäischen Wirren und verschuldeten so das Scheitern ihrer Frühjahrsoffensive im Westen zwischen März und Juli 1918. Man hätte im eigenen Interesse das am 9. Dezember 1917 unterbreitete Angebot der russischen Delegation annehmen sollen, welches den Verzicht auf  Annexionen und Reparationen, eine schnelle Räumung aller besetzten Gebiete und die Respektierung des Selbstbestimmungsrechts der Völker einschloss.

    Auch wenn der Friede von Brest-Litowsk sich bei all seinen Fehlern und Fragwürdigkeiten ganz anders als der Versailler Vertrag im Wesentlichen am Selbstbestimmungsrecht der Völker orientierte  (Unabhängigkeit von Litauen, der Ukraine und Georgien) und in vielem die heutige, von jahrzehntelanger russischer Unterdrückung befreite Gliederung des östlichen Europa vorwegnahm, steht er doch am Anfang einer verhängnisvollen Entwicklung, die schließlich 1941 zum deutschen Krieg gegen die Sowjetunion führte, der in jedem Fall eine verhängnisvolle Idiotie und ein Verbrechen an beiden Ländern war.

    Ganz im Gegensatz dazu stehen die Verträge von Rapallo 1922 und von Berlin 1926 in der großen Tradition deutsch-russischer Verbundenheit, wie sie seit Tauroggen 1812 bestand. Eine wesentliche Voraussetzung für den Vertrag von Rapallo bildete die von Frankreich seit 1919 betriebene Teilung Oberschlesiens, die im Juni 1922 zur Übergabe Ostoberschlesiens an Polen führte. In der Volksabstimmung über die staatliche Zugehörigkeit der Provinz vom 20. März 1921 hatten 59,4 Prozent für Deutschland und nur 40,6 Prozent für Polen gestimmt.

    Auch viele polnische Schlesier hatten sich damals für Deutschland entschieden und sich damit zugleich gegen einen Staat gestellt, der durch seinen extremen Chauvinismus, seine zunächst erfolgreichen Eroberungszüge gen Osten, seine Diskriminierung aller religiösen Minderheiten (besonders der Juden und der polnischen Protestanten) und des nicht polnischen Drittels der Bevölkerung (der Deutschen, Weißrussen, Litauer, Ukrainer) selbst ruinierte, bis schließlich unter dem Außenminister Józef Beck der Versuch, den  Aufstieg Polens zur ostmitteleuropäischen Hegemonialmacht im Rahmen eines „neuen Europa von der Ostsee bis zur Adria“ gewaltsam durchzusetzen, zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beitrug.

    Trotz aktueller Kriegspolitik: Wie stark die deutsch-russische Freundschaft heute noch ist, zeigt der Verkaufs-Tsunami vom Wochenende: Unsere Druschba-Silbermedaillen sind restlos ausverkauft. Aber keine Sorge! Die zweite Charge ist in Vorbereitung und kommt schon Ende Mai. Hier vorbestellen.

    18 Kommentare

    1. Rapallo 1922 : Deutschland und Russland beide gleichermaßen am Boden, Russland durch verlorenen Krieg, Revolution + Bürgerkrieg, Deutschland durch das Novemberverbrechen, Hunger u. Reparationen. Kurz : beide Länder waren auf (sehr niedriger) Augenhöhe.
      Verstehen Sie den Unterschied zu heute, wo ein lächerlich schwaches Deutschland im Handumdrehen Beute eines übermächtigen Russland werden würde? Wahrscheinlich wollen Sie genau das. Um heute mit Russland auf Augenhöhe zu stehen, müßte es ein stehendes Heer von 750.000 Soldaten + 2000 Atomsprengköpfe + Raketen jeder Reichweite haben. Viel zu tun. Die Russnarren wollen das so wenig wie die Atlantiker.

    2. Wenn man die Kommentare der durchschnittlichen Leserinnen und Leser unter diesem Artikel liest, fragt man sich welchen Anspruch die Zeitschrift Compact hat?

    3. Diebitsch, kein Russe. Der Grund , warum die Zaren die höchsten Kommandos in ihrer Armee mehr mit Ausländern , häufig Deutschen, Baltendeutschen usw. besetzten als mit Russen, lag darin, daß Russen es häufig nicht so drauf hatten. Die unverhältnismäßig hohen Verluste der Russen im WK2 waren Folge der grobschlächtigen russischen Kriegskunst, mit Blut und Leben der Soldaten nicht zu sparen, immer rein ins Feuer, bis der Feind keine Munition mehr hat.

    4. Anno 1990 dachte man, die SED wäre tot. Pustekuchen, ihre Propaganda von "Freundschaft mit dem Brudervolk" steht hier wieder auf.

    5. Hm, ich sehe das möglicherweise etwas anders: Der Freifahrtschein für Lenin war ein Fehler, Rapallo auch. Es mag zwar naheliegend erscheinen, sich als Aussätziger mit Aussätzigen zu verbünden. Aber wie wenig das gebracht hat, zeigt sich daran, daß die ach-so-böse Sowjetunion ein paar Jährchen später zu den hofierten Siegermächten zählte – Deutschland aber wieder zu den Aussätzigen!
      Übrigens war es ebensodumm, sich mit Italien zu verbünden. Italien war Erzfeind, nicht weniger als Frankreich, und erst nach dem Abessinien-Feldzug international in die Ecke geschoben. Da war Mussolini schon mehr als zehn Jahre an der Macht, also kann es nicht am Faschismus gelegen haben. Außerdem wurde Italien nach dem Putsch gegen M. gleich wieder als ,,Verbündeter" aufgenommen…

      • Bitte erläutern : Warum war der "Freifahrtschein" für W.I.Uljanow ein "Fehler" ? Ich dachte bisher, es war ein kluger politischer Schachzug, der die militärischen Erfolge gegen Russland abrundete und die Niederlage der Russen vollendete.

        Sich mit Italien zu verbünden war anfangs nicht dumm. Das völlige Versagen der Italiener war nicht vorhersehbar.

    6. Russkidiotische Verdrehung von bekannten Tatsachen. Selbst die russischen Kommunisten, allesamt Gotteshasser und Priestermörder, sind für bornierte russophile Volks-und Landesverräter willkommene Partner. Die Beschimpfung rechter Deutscher als "bestialisch-dummer Cauvinisten-Pöbel" (s.o.) ist sicher gut geeignet, um sich bei Onkel Putin einzuschmeicheln , der gerne "faschistische Bastarde" jagt.

    7. rechtsklick am

      "Wie stark die deutsch-russische Freundschaft heute noch ist, zeigt der Verkaufs-Tsunami vom Wochenende: Unsere Druschba-Silbermedaillen sind restlos ausverkauft."

      Ich möchte kein Spaßverderber sein noch Jürgen Elsässer und der COMPACT-Gruppe den Tag versauen, aber hinter den Käufen kann ganz einfach knallhartes finanzielles Interesse der Käufer stehen, wenn man die Sache realistisch betrachtet. Womöglich nur das und nichts außerdem. Man erkauft keine Freundschaft der Russen, indem man eine dieser schönen Silbermünzen kauft. Es ist überdies nicht notwendig, die Russen und Russland in den Himmel zu loben, unsere Loyalität darf nur dem deutschen Volke gelten, keinem anderen auf der Welt, denn es gibt keine geteilte Loyalität, wie Björn Höcke kürzlich in Bezug auf die doppelte Staatsangehörigkeit treffend bemerkt hat.

      • Umsatz und Profit sind eben wichtiger als alles andere. Da wollen Leute Deutschland dem Bären Iwan auf dem Tablett servieren und Sie
        möchten durchgeknallten Russendienern nicht den Tag versauen?

    8. Wolfgang S. am

      Sachlich und gut überschaubar in den dargelegten Tatsachen, Hintergründe und Zusammenhänge erläuternd im Blickwinkel, für das Handeln in der gegenwärtigen Lage Mut und Kraft gebend wie einst die geschichtlichen Abhandlungen und Schauspiele Friedrich Schillers gegen seinerzeitige Unterdrückung. Danke für diesen großartigen Beitrag!

    9. Etwas OT.
      Aber vielleicht doch interessant.

      Nach diesem Post hat D. Trump am 4. Juli 2020 eine zweite Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet.
      Und so die seit 1871 (Quersumme 17) bestehende Existenz der USA als, von ausländischen Mächten kontrollierte, Corporation beendet.

      https://t.me/QSRdeutsch/10497

    10. Damals gab es wenigstens noch Politiker mit einem voll ausgebildeten Gehirn. Das ist heutzutage bekanntlich nicht der Fall, weshalb die Politik entsprechend katastrophal ist.

      • Das "voll ausgebildete Gehirn" des W. Rathenau, vom Kaiser mit der Organisation der Ernährung der Zivilbevölkerung betraut, bescherte dem Reich eine krasse Hungersnot, obwohl Deutschland große Kornkammern besetzt hielt.

        • Du hast als einziger Haltung und Charakter.
          Der Giftpilz macht sich aber auch.

          weiterverbreiten:

          https://youtu.be/ms0ZmwsmsVk?si=IcUHMt72DkAY8qef

        • Die Entente hat die Häfen blockiert. Daher die Hungersnot.
          Wie hätten die Deutschen erst gehungert, wenn Sie die feindlich und völkerrechtswidrig verknappte Ernährung organisiert hätten?

        • Die Fokussierung auf die Kriegswirtschacht zu Lasten der Versorgung der Zivilbevölkerung, führte zu den Hungerjahren an der "Heimatfront".

          Er führte damit den Befehl seiner Vorgesetzten aus. Der Kaiser und den anderen.

      • Politiker die Schlafwandler waren und die Völker Europas in eine Krieg gestürzt haben. Politiker, die wegen einem Mord an einem Thronfolger in Sarajevo einen idiotischen Krieg anfingen.

        • Der Mord des Serben am Kronprinzen in Sarajewo war nur der letzte Funke, der Krieg stand schon länger an und war für Deutschland/Österreich durch den Advent des Erdöl verbrennenden Motors eine unabweisbare Notwendigkeit.