Was viele nicht wissen: Die bekannteste deutsche Kriegsberichter-Einheit des Zweiten Weltkriegs führte auch erfolgreiche Überläufer-Unternehmen durch. Ab 1943 trug sie den Namen des Dichtersoldaten Kurt Eggers, dessen wichtigste Werke in dem Band „Der Ruf des Nordens“ zusammengefasst sind. Hier mehr erfahren.

    Ein guter Feldzug gehört propagandistisch in Szene gesetzt. Das stärkt nicht nur den Kampfgeist der Soldaten, sondern sorgt auch für Zufriedenheit an der Heimatfront. Zu allen Zeiten wurde das Geschehen auf dem Schlachtfeld von Chronisten festgehalten und jenen vermittelt, die fernab der Front um ihre Liebsten bangten. Im Zweiten Weltkrieg war das nicht anders – auf allen Seiten. Besonders bekannt für ihre Berichterstattung und Propaganda-Arbeit war auf deutscher Seite eine Einheit der Waffen-SS, die den Namen eines Schriftstellers trug: Kurt Eggers.

    Ursprünglich als SS-Kriegsberichter-Kompanie aufgestellt, entstand die Einheit im Januar 1940 in Berlin-Zehlendorf. Ihre Züge, häufig bestehend aus Journalisten und Schriftstellern, waren den kämpfenden Einheiten der Waffen-SS zugeteilt. Aufgabe der Truppe war es, der Waffen-SS größere Präsenz in Presse, „Wochenschau“ und Funk zu verschaffen.

    Der Namensgeber

    Die Einheit zählte zunächst etwa einhundert Kriegsberichter und trat erstmals während des Frankreich-Feldzugs 1940 neben Propaganda-Kompanien der Wehrmacht in Erscheinung. Im August 1941 wurde aus der Kompanie die SS-Kriegsberichter-Abteilung – und aus dieser ging nach dem Soldatentod des Schriftstellers Kurt Eggers am 12. August 1943 die Standarte „Kurt Eggers“ hervor.

    Priwolnoje im Sommer 1943. Eggers im Austausch mit einem Dorfpopen. Foto: Privat

    Wer war Kurt Eggers? Unser Redakteur Sven Eggers, Enkel des Schriftstellers, hat ihn in einem COMPACT-Porträt vorgestellt. Wie er fiel, haben mehrere Augenzeugen der Familie nach dem Krieg geschildert, darunter auch SS-Oberscharführer Karl Schulzki.

    Dessen Aufzeichnung, nachfolgend in Auszügen und der Lesbarkeit wegen sprachlich angepasst, wurden Traute Eggers, der hinterbliebenen Ehefrau, aus Rücksichtnahme bis zu ihrem Tod im Jahr 1984 nie vorgelegt:

    „Am 12. August erfolgte unser Angriff auf Klenowoje, südwestlich von Charkow. Die Ortschaft wurde von Kurt und mir genommen. Wir wollten dann die 1. und 3. Kompanie entlasten. Sehr starkes Pak-Feuer sollte uns daran hindern. Wir drehten ab, und ich stand zwei Meter neben Kurts Panzer, als das feindliche Geschoss ihn tödlich traf. Der Panzer brannte gleich lichterloh. Ich habe sofort Ulmer verbunden, nachdem ich sah, dass Kurt tot war und verbrannte. Das rechte Bein von Kurt hing noch leicht am Oberschenkel, Gesäß ganz aufgerissen, rechter Arm weggerissen, linker Arm und Schädel ganz schwarz. Einfach furchtbar! Ich musste weinen, als Kurt so vor mir lag.“

    Eggers hinterließ Gattin und drei Söhne, ein vierter Sohn war 1939 als Dreijähriger an einer Hirnhautentzündung verstorben. Der Obersturmführer wurde auf dem Soldatenfriedhof in Petropawlowka beigesetzt. Ein Regimentskommandeur rief ihm nach: „Wir vergessen ihn nie. Sein Leben wird ein Symbol unserer Zeit bleiben.“

    Unternehmen „Wintermärchen“

    Zum Kommandeur der Standarte „Kurt Eggers“ wurde 1943 Gunter d’Alquen, Schriftleiter (Chefredakteur) der SS-Zeitung „Das Schwarze Korps“, ernannt. Die Einheitsstärke betrug damals 141 Mann. Freiwillige aus zahlreichen europäischen Ländern, darunter auch Arild Hamsun – der Sohn des großen norwegischen Dichters Knut Hamsun – gehörten der Standarte ebenso an wie Briten und Amerikaner, die mit den politischen Gegebenheiten in ihrer jeweiligen Heimat gebrochen hatten. 1944 zählte die Truppe rund 1.800 Kriegsberichter, die bis zu diesem Zeitpunkt etwa 80.000 Frontberichte geschrieben und an die zwei Millionen Fotos geschossen hatten.

    Josef „Sepp“ Dietrich (links), Generaloberst der Waffen-SS und erster Kommandeur der Leibstandarte, im Januar 1945. Foto: Bundesarchiv, Bild 183-J28625 / CC-BY-SA 3.0

    Als sich die Situation an der Ostfront immer kritischer gestaltete, schlug D’Alquen vor, mit seinen Leuten in vorderster Linie der Front eine kombinierte Propaganda-Aktion zur Zersetzung der Roten Armee in Angriff zu nehmen. Diese Operation ist als Unternehmen „Wintermärchen“ in die Geschichte eingegangen: Gefangene Sowjetsoldaten, die sich vom Kommunismus abgewandt hatten, forderten Kameraden auf, die Seiten zu wechseln. Und das mit großem Erfolg!

    Die Methode der Beeinflussung des Gegners wurde später an anderen Kriegsschauplätzen wiederholt: mit dem Unternehmen „Südstern“ an der Italienfront, mit „Skorpion-Ost“ in der Ukraine und mit „Skorpion-West“ an der Invasionsfront in der Normandie. Stets handelte es sich um speziell auf eine Zielgruppe abgestimmte Überläuferaktionen. Die dabei verwendeten Flugblätter wurden von Militärhistorikern später als die grafisch am besten gestalteten des Zweiten Weltkrieges bewertet.

    Gunter d’Alquen, hier als SS-Sturmbannführer im Jahr 1941. Foto: Bundesarchiv, Bild 101III-Theil-008-01 / Theil / CC-BY-SA 3.0

    Der Kommandeur

    Während des Krieges wurde Kommandeur D’Alquen unter anderem mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse, dem Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern, dem Allgemeinen Sturmabzeichen sowie dem SS-Ehrenring und dem SS-Ehrendegen ausgezeichnet. Der Journalist und Soldat war allerdings kein Abnicker.

    Wiederholt wies er Heinrich Himmler auf die grundlegend falsche Behandlung der sogenannten Ostvölker durch die deutsche Besatzung hin. Leidenschaftlich befürwortete er auch die Aufstellung einer russischen Freiwilligen-Armee unter General Wlassow, die dann vollzogen wurde.

    D’Alquen wurde im April 1945 zum Chef der Propagandatruppen der Deutschen Wehrmacht ernannt, und ihm wurden alle entsprechenden Einheiten aus Heer, Kriegsmarine, Luftwaffe und Waffen-SS unterstellt.

    Zu dieser Zeit waren der Stab und die 3. Kompanie der Ersatz-Abteilung als Kampfgruppe an der Oder im Einsatz. Der Rest des Stabes kapitulierte am 15. Mai 1945 in den Alpen gegenüber britischen Truppen.

    Berühmte Namen

    Der SS-Standarte „Kurt Eggers“ gehörten mehrere Männer an, die später große Bekanntheit erlangen sollten. In der Untereinheit „Südstern“, die bis 1945 in Italien tätig war, tat beispielsweise der spätere Gründer und Chefredakteur des Magazins Stern, Henri Nannen, seinen Dienst.

    Später verlegte Nannen, auch im eigenen Buchverlag, Titel seines Waffen-SS-Kameraden Paul Carell, darunter „Die Wüstenfüchse. Mit Rommel in Afrika“ (1964). Auch Willem Sassen, der in Argentinien Tonaufnahmen von Adolf Eichmann anfertigte und die Transkripte unter anderem dem Stern verkaufte, gehörte der Truppe an.

    Ebenfalls als Kriegsberichterstatter dabei waren der Journalist Hermann Pirich, der Schriftsteller Joachim Fernau sowie der Maler Wilhelm Petersen. Und schließlich gehörte auch Reichsfilmdramaturg Carl-Dieter von Reichmeister der SS-Standarte „Kurt Eggers“.

    Eggers selbst hinterließ ein reichhaltiges Œuvre. Fünf seiner wichtigsten Werke sind inzwischen in dem Sammelband „Der Ruf des Nordens“ neu aufgelegt worden, darunter der Aufsatz „Die Geburt des Jahrtausends“, der gleichsam philosophische Ausführungen und prägnante Aphorismen, etwa zum Begriff des Abendlandes, beinhaltet.

    Ein Schlüsseltext ist darüber hinaus „Die kriegerische Revolution“ mit vielseitigen Gedanken darüber, wer sich eigentlich „deutsch“ fühlen dürfe, nämlich letztlich, wer den Mut habe, seinen Erkenntnissen auch Taten folgen zu lassen. „Der Krieg des Kriegers – Gedanken im Felde“, ein weiterer Text in „Der Ruf des Nordens“, setzt auf verschiedene kurze Aufsätze, Anekdoten und Gedichte, geschrieben an der Ostfront.

    Eine echte Rarität: Der Sammelband „Der Ruf des Nordens“ vereint fünf der wichtigsten, lange Zeit kaum erhältlichen Schriften von Kurt Eggers. Ein wahrer Schatz für Freunde des geschriebenen historischen Wortes. Hier bestellen.

     

    15 Kommentare

    1. Duis Libero am

      "Ein Schlüsseltext ist darüber hinaus „Die kriegerische Revolution“ mit vielseitigen Gedanken darüber, wer sich eigentlich „deutsch“ fühlen dürfe, nämlich letztlich, wer den Mut habe, seinen Erkenntnissen auch Taten folgen zu lassen." (Eggers)

      Ist was dran. Bloss dann hatten er und andere in der Zeit wohl die falschen Erkenntnisse. Denn er und andere hätten erkennen können, dass sie in Wahrheit nicht Deutschland und dem deutschen Volke dienen, sondern einer – letzlich anti-deutschen (!) Diktatur.Adolf Hitlers. Dieser Erkenntnis entsprechende Taten waren nicht die Teilhabe am militärischen Angriff gegen die Sowjetunion, sondern hätten auf die Beseitung das Nazi-Regimes gerichtet sein müssen – wie dies einige, wenige (leider erfolglos) versuchten.

      Liebes COMPACT-Team, es gibt nichts Gutes im Bösen. Ähnlich wie bei Euren Beiträgen zur Kolonialgeschichte fehlt mir hier eine kritische Einordnung. Erinnern und Gedenken ja, aber nicht in romantischer Ausblendung des Kontext. Das hat mir Schuldkult nicht zu tun.

    2. Schmeckts ? Mehr als zweifelhaft, Massenküche. Ein interessantes Zeitdokument , der Bericht des Feldwebels Schulzki: Die Anrede "Herr" war in der SS offiziell abgeschafft, während in der Wehrmacht die Mannschaftsdienstgrade die Offiziere mit Herr + Dienstgrad anzureden hatten. Diese Äußerlichkeiten waren so ziemlich das einzige Stückchen "Sozialismus" welches im Hitler-Staat verwirklicht wurde. Wohl deshalb benutzt Schulzki den Vornamen und berichtete, als wäre der Offizier Eggers Seinesgleichen.

    3. Gibt zu viele Bücher auf der Welt. Immerhin könnten Compactisten aus dem Werk etwas lernen. K.E . warb nämlich für ständige Wehrbereitschaft. Lebte er heute, würde er die faule Ausrede, nicht für ein verfaultes Regime kämpfen zu wollen, schwerlich gelten lassen. Er starb einen guten Soldatentod, keine Sekunde Zeit, Angst oder Schmerzen zu fühlen.

      • Bei RT.de gab es vor kurzem einen Artikel bezgl. Leningrad. Titel:
        „Russland fordert von Deutschland die Anerkennung der Leningrader Blockade als Völkermord“
        Webseite: https://de.rt.com/europa/199816-russland-fordert-von-deutschland-anerkennung/
        Im letzten Absatz ist zu lesen, Zitat:
        „Zur Frage des Genozids an den Völkern der Sowjetunion hatte sich Ende Februar auch Maria Sacharowa geäußert. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums erinnerte daran, dass allgemeinen Schätzungen zufolge rund 80 Millionen Sowjetbürger von der Tragödie der deutschen Besatzung betroffen waren. Knapp 13,7 Millionen von ihnen kamen ums Leben, wurden in die Sklaverei entführt oder mussten eines Hungertodes sterben. Die Leningrader Blockade allein forderte 1.093.000 Menschenleben.” Zitat Ende.

      • Kleine Anmerkung Das Bild mit Sepp Dietrich zeigt Michael
        Wittmann rechts stehend.
        Bild muss von der Ostfront sein vor 1944

    4. Peter vom Berge am

      Eilmeldung: Medwedew lädt die französische Standarte "Macroni" in die Ukraine ein.

      PLAYING WITH FROGS:

      https://i.imgur.com/U6cvHjI.gif

      • jeder hasst die Antifa am

        Macrone wird der zweite Napoleon,er wird sein Borodino in Russland erleben.

        • Pahns Peter am

          Diese Typen werden niemals eine Schlacht anführen und darin sterben, wie der tapfere Napoleon, soviel ist sicher. Die führen nur ihr Volk zur Schlachtbank und selber verpissen sie sich und setzen sich ab, wo sie sicher bis ans Lebensende ihre vom Volk geklauten Milliarden verprassen können, und da steht unsere ReGIERung auf Platz 1.

        • Furth im Wald am

          @PahnsPeter
          LOL. Und Ihr grosses Vorbild Putler steht immer an vordester Front und käme nie auf den Gedanken sich anderer Leute als Kanonenfutter zu bedienen. Er käme auch nie auf die Idee seinem Volk Milliarden zu klauen. Er ist genügsam und zufrieden mit seinen 10 Mio. Rubel Jahresgehalt und wohnt bescheiden in seiner 1 1/2 Zimmer Whg.
          Kann es sein, dass sie über ein sehr schlichtes Gemüt verfügen?
          Macht nichts. Kenn ein paar davon. Allesamt trotzdem glücklich.

        • Ja. Putin gibt die Anweisungen an Medwedew und die Propagandisten.
          Putin lässt andere die Drecksarbeit machen, während er den lieben christlich-konservativen Onkel spielt.

    5. Die Konsensdemokraten sind sich der Macht der Worte sehr wohl bewußt, weswegen sie auch die Feinde ihrer Herrschaft mit Hilfe ihrer Gesetze "sprachlos" machen wollen.