Der bekannte Verleger und rechte Vordenker  Götz Kubitschek empfiehlt ein Buch aus dem gegnerischen Lager, weil es trotz alledem die gegenwärtigen Frontverläufe auf dem Globus schlaglichtartig erhellt und für Patrioten wertvolle Hinweise zu Strategie und Taktik gibt: Ivan Krastev / Stephen Holmes, „Das Licht, das erlosch“ (Hier bestellen).

    Der Angriff ist ins Stocken geraten, die blaue Welle abgeebt: In Österreich hat die FPÖ, in Italien die Lega am vergangenen Wochenende herbe Niederlagen einstecken müssen. Schon 2019 lief für beide Parteien suboptimal. Dazu kommen die Wahlniederlage der dänischen Rechten letztes Jahr, die Stagnation des Front national (mittlerweile unter dem sanfteren Namen Rassemblement national firmierend) und das weitgehende Verschwinden der AfD nach ihren schönen Wahlerfolgen im Herbst. Die außerparlamentarischen Proteste in Deutschland sind auf einem Tiefpunkt angelangt, nur Pegida hält noch die Stellung – aber auch die Dresdner sind geschwächt. Selbst Orban in Ungarn schwächelt, die Hauptstadt Budapest ging an die linke Opposition verloren. – Hoffnung kommt nur von jenseits des Meeres: Großbritannien schafft den Brexit, Trump triumphiert über den Tiefen Staat.

    In dieser schwierigen Lage lautet der Imperativ für alle Patrioten: Neuformation der Kräfte. Dafür braucht es einen vitalisierten strategischen Ansatz. COMPACT diskutierte in der Januarausgabe die Herausforderungen und Aufgaben des kommenden Jahrzehnts („Die neuen 20er. Chaos oder neue Ordnung“). Auch bei unseren Freunden von Antaios/Sezession ist die Notwendigkeit  einer Neuorientierung erkannt worden. Vordenker Götz Kubitschek, 2019 noch relativ nah an der Führungsspitze der AfD – selbst seine frühere Kritikerin Alice Weidel konnte er für einen Auftritt in Schnellroda gewinnen  –, hat den jüngsten Verrat der Bundestagsfraktion in ungewöhnlicher Schärfe kritisiert: „Die peinlichen Musterschüler“ (so Kubitschek über die AfD) hatten zusammen mit den Altparteien für den Verbleib der US-Truppen in Deutschland gestimmt und so ihr eigenes Programm verraten, die nationale Souveränität für das Linsengericht des Transatlantismus verkauft.

    Theoretisch fundiert hat Kubitschek die neue Strategiedebatte in einer Rezension (auf sezession.de) einer wichtigen Neuerscheinung, die wir im Folgenden weitgehend ungekürzt wiedergeben. Das Buch sei zur Lektüre empfohlen und kann hier bestellt werden.

    Auszug aus Kubitscheks Text:

    „Zum anderen fiel mir ein Buch in die Hände, das ich nach den ersten Seiten nicht mehr weglegen konnte, um Rechenschaftsberichte zu tippen. Ich las es über die ruhigen Tage langsam und mit gespitztem Stift, und es ist nun voller Eselsohren und Anstreichungen und muß, wirklich: muß von uns weitergedacht, das heißt: übertragen werden auf unsere deutsche Lage.

    Das Buch heißt Das Licht, das erlosch, verfaßt haben es der Bulgare Ivan Krastev und der US-Amerikaner Stephen Holmes (…). Krastev und Holmes gehören nicht zu „uns“, und ich beneide sie um den Kerngedanken und ihr Buch. Manchmal wiederholen sie sich, holen Anlauf auf Abschnitten, die der Leser nun schon gründlich kennt, und insofern ist es ein angelsächsisches Buch: nicht sehr dicht, sondern lockerer Boden, den man gerne umgräbt.

    Der Untertitel lautet „Eine Abrechnung“. Überraschend ist gleich, womit Krastev und Holmes abrechnen: mit der Arroganz der liberalen, westlichen Demokratie. Sie sind beide Anhänger dieser liberalen Demokratie und machen keinen Hehl aus ihrer Abneigung gegen die illiberalen Entwürfe, die in Ungarn, in Polen, in Rußland und in China umgesetzt werden. Aber ihre Verstehensbemühung für diese Entwicklung ist immens und ihre These ist schlagend, zumal sie aufgefächert wird.

    In knappen Worten: Die friedlichen und weniger friedlichen Revolutionen von 1989 hätten eine dreißigjährige Epoche der Nachahmung eingeleitet. Das westliche System sei in zivilisatorischer, ökonomischer und moralischer Hinsicht als das überlegene Konzept zur Nachahmung empfohlen worden und habe auch aufgrund der Debatten um ein „Ende der Geschichte“ als alternativlose Mündung aller politischer Bewegungen gegolten:

    Die hier zur Debatte stehende Form der groß angelegten institutionellen Nachahmung umfasst erstens eine anerkannte moralische Überlegenheit des Nachgeahmten gegenüber seinen Nachahmern, zweitens ein politisches Modell, das behauptet, alle existenzfähigen Alternativen beseitigt zu haben, drittens eine Erwartung, dass die Nachahmung bedingungslos und nicht an lokale Traditionen angepasst sein wird, und viertens den anmaßenden Anspruch der Vertreter der zu imitierenden Länder, den Fortschritt der nachahmenden Länder dauerhaft beobachten, überwachen und bewerten zu dürfen.

    So sei etwa in den mittel- und osteuropäischen, kleineren Staaten der (aufgezwungene) alternativlose Sowjetkommunismus durch den (erwünschten) alternativlosen westlichen Liberalismus ersetzt worden. Daß sich die Völker des Ostblocks diese Freiheit wünschten, änderte nichts an der Tatsache, daß Europa weiterhin geteilt geblieben sei:

    Die nervenaufreibende Asymmetrie zwischen jenen, die moralisch fortgeschritten waren, und jenen, die moralisch hinterherhinkten, wurde nach 1989 zu einem ebenso prägenden wie neuralgischen Kennzeichen der Ost-West-Beziehungen.

    Die psychologischen Folgen in den nachahmenden Ländern lägen auf der Hand, und so münden Krastevs und Holmes‘ einleitende Gedanken in die These, daß es sich bei den sehr unterschiedlichen Ansätzen in Rußland, in China und in den mittel-ost-europäischen Staaten um Gegenentwürfe zum Nachahmungsimperativ durch den Westen handle, um einen nachvollziehbaren Widerstand dagegen, moralisch, rechtsstaatlich und zivilgesellschaftlich stets der Lehrling zu bleiben und den Gesellenbrief aus der Hand der Gönner vermutlich nie zu erhalten.

    Nach Jahren der blinden, der angestrengten und der verzweifelten Nachahmung seien dann zwischen 2005 und 2010 drei unterschiedliche Strategien der Emanzipation entwickelt worden. Und zuletzt habe auch Trump den Spieß umgedreht: Sein Wahlerfolg gründe unter anderem auf seiner Botschaft, der eigentliche Verlierer der Nachahmungsepoche seien die USA selbst, die weltweit dafür haftbar gemacht würden, daß die Aufholjagd der Nachahmer, der verspäteten Nationen, nicht gelänge.

    Soweit ein paar erste Sätze zu Das Licht, das erlosch. Krastev und Holmes walzen in drei Großkapiteln die voneinander sehr verschiedenen Strategien Rußlands, Chinas und Polens sowie Ungarns aus. Darüber wird zu schreiben sein, das müssen wir auf unsere deutsche Lage übertragen, ich sagte das bereits. (…)

    Der systemische (und das bedeute immer: der moralische) Überlegenheitsanspruch gerade der USA, die sich in ihrer Übergriffigkeit kaum an Regeln halte, sondern weltinnenpolizeilich handle, sei bestehen geblieben. Man tötet auf fremdem Hoheitsgebiet, weil man kann. Man setzt damit ein Zeichen – nach außen, nach innen, und man weiß, daß die islamische Welt, namentlich der Iran, wenn überhaupt, dann nur mit Gebrüll und mit asymmetrischen Mitteln wird reagieren können. Man steckt Machtbereiche ab.

    Das alles ist weniger klar als vor 35, aber auch als noch vor 15 Jahren. Es ist psychologischer, weniger rational. Es war möglich, und es ist weiterhin arrogant: Die Androhung Trumps, kulturelle Stätten im Iran zerstören zu lassen, ist der wie immer hemdsärmelige Beleg dafür, daß man von Kulturen zweiter, dritter Klasse ausgeht und sie in ihrer Eigenart nicht schätzt.

    Und, das ist nun meine steile These: Es kann uns nicht egal sein, aber wir spielen nicht in derselben Liga. Das machen Rußland, China, die USA unter sich aus. Daß wir die verzweifelten Massen aus den zerrütteten Regionen aufnehmen sollen, ist eine Konsequenz, die uns beschäftigen muß.

    Unser fruchtbarer Abgleich muß mit Polen und Ungarn erfolgen, lernend, nachahmend. Wir sind da in mancher Hinsicht die Schüler. Vorschlag: Denken wir entlang des Buches von Krastev und Holmes weiter.“ (Ende des Zitats von Kubitschek)

    Bei der Skizzierung der Initiative „Ein Prozent“ auf derr COMPACT-Freiheitskonferenz 2015 (v.l.n.r.): Schachtschneider, Poggenburg (AfD), Elsässer, Initiator Kubitschek, Sellner; Foto: M. Jeinsein

    Kubitschek geht offensichtlich davon aus, dass der westliche Liberalismus eine Gefahr für die patriotische Bewegung ist. Bei der AfD ist das Gegenteil zu beobachten: Die Anhänger des westlichen Liberalismus werden immer stärker, und dessen einstige Kritiker vom Höcke-Flügel nehmen die Entwicklung klaglos hin. Mir ist jedenfalls keine Kritik aus der Partei an dem skandalösen Abstimmungsverhalten der AfD-Bundestagsfraktion zum Verbleib der US-Truppen bekannt geworden. Oder sollte ich einen Standhaften übersehen haben? Falls ja: Hier bei COMPACT kann er seine Position veröffentlichen.

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