Hass hat Hochkonjunktur in Deutschland. Genaueres Hinsehen aber entlarvt: Der Begriff ist ein linkes Passepartout zur Erlangung der Diskurshoheit.

    „Hass macht hässlich“, posaunte der einst aufstrebende, inzwischen abservierte SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs am 12. September 2018 in den Parlamentssaal hinein – Richtung AfD-Fraktion. Kaum ein Wort hat in den letzten Jahren eine so steile Karriere hingelegt wie „Hass“. Es begegnet dem wachsamen Konsumenten von Presseerzeugnissen und Nachrichtensendungen seit einigen Jahren auf Schritt und Tritt vor allem in Gestalt von „Hassrede“ und „Hassverbrechen“. Genau genommen sind beide Wörter Migranten, eingewandert aus dem angelsächsischen Linksextremismus und als klassische Lehnübersetzungen von „hate speech“ und „hate crime“ nun auch bei uns siedlungs- und salonfähig geworden.

    Dabei ist Hass eigentlich ein sehr privates, intimes Gefühl, zumindest wenn es um Hass auf Personen geht (deren Verwicklung man wohl bei den so genannten Hassverbrechen unterstellen darf) und nicht um Hass, wie ihn Jugendliche im Alltag äußern, wenn sie bekunden: „Ich hasse Hausaufgaben!“, oder wir alle, wenn wir bekennen: „Ich hasse das Corona-Virus.“

    Johannes Kahrs im Bundestag. | Foto: Screenshot Youtube

    Das wirft die Frage auf, ob da nicht ein Hauch von Vermessenheit im Spiel sein muss, wenn Menschen, die erwiesenermaßen weder Hellseher sind noch über telepathische Kräfte verfügen, anderen Menschen diagnostisch exakt ins Herz blicken zu können meinen. Soll ein Angeklagter vor Gericht wegen Mordes verurteilt werden, müssen die niederen Motive, die das im Verhältnis zum Totschlag höhere Strafmaß rechtfertigen, akribisch nachgewiesen werden. Bekanntlich sind Politiker und Medienschaffende aber keine Richter; sie können schon auf den bloßen Verdacht hin urteilen, verurteilen und vorverurteilen. „Von Rechtsradikalen brauche ich keine“, schmetterte Kahrs in seiner legendären Bundestagsrede die Bitte um eine Zwischenfrage von Thomas Ehrhorn (AfD) ab.

    Incels, MGTOW und NoFap

    Anschauungsunterricht gibt es ganz aktuell auch vom renommierten Spiegel, der sich Mitte Februar in einem umfangreichen Titelthema der Frauenfeindlichkeit im Internet annahm. 2020 hatte zum selben Thema bereits das linkslastige 3Sat-Magazin Kulturzeit einen Beitrag im Programm. Beide Beiträge hatten eine verräterisch gleiche Tendenz: Im Kern ging es darum, Zusammenhänge zwischen dem vermeintlichen Hass auf Frauen und rechtsextremen Netzwerken einschließlich Verbindungen zur AfD zu enthüllen und vor einer neuen Terrorgefahr von rechts zu warnen. Die Überschrift des Spiegel-Artikels, „Erst Hass, dann Mord“, ist zugleich die kürzestmögliche Textzusammenfassung.

    Unter die Lupe genommen wurde eine Reihe von feminismuskritischen Gruppen in sozialen Netzwerken, die unter der Bezeichnung „Manosphere“ subsumiert wurden: sogenannte Incels (unfreiwillig ledige Männer), die Gruppe MGTOW (Männer, die ohne Frauen durchs Leben gehen möchten) und die Asketen von NoFap. Als Garanten für die „tödlichen Konsequenzen“ der neuen Spielart von Hass dienen zum einen Anders Breivik, Brenton Tarrant (der Attentäter, der 2019 in Neuseeland Anschläge auf zwei Moscheen verübte) sowie der Attentäter von Halle, und zum anderen die rechtsextreme Gruppe Feuerkrieg Division, die wegen der Planung von terroristischen Anschlägen aufflog. Von deren etwa siebzig Mitgliedern gehörten nämlich einige zu den Incels und NoFaps.

    Halle, 9. Oktober: Halle-Attentäter Stephan Balliet attackiert um 12:01 Uhr die Synagoge und tötet willkürlich eine Passantin. | Foto: Screenshot

    Bei den großen Drei, den Attentätern von Utøya, Christchurch und Halle, funktioniert die Spiegel-Beweiskette ähnlich lückenhaft: Jeder von ihnen sei ein „erklärter Frauenhasser“ gewesen. Begründet wird die Ferndiagnose damit, dass der Halle-Attentäter in einem Livestream vor der Tat bekannt hatte: „Feminismus ist die Ursache für den Rückgang der Geburtenrate im Westen.“ Das BKA machte in diesem Punkt Parallelen zwischen den drei Tätern aus und hielt in einem Ermittlungsvermerk fest, dass „ein in den gesamtgesellschaftlichen Kontext eingebetteter Antifeminismus“ eine augenfällige „ideologische Gemeinsamkeit“ der drei Attentäter sei.

    Es ist bemerkenswert, wie schnell bei Spiegel-Autorin Ann-Katrin Müller aus dem Ei legitimer Feminismus-Kritik plötzlich das hässliche Entlein eines sehr privaten Frauenhasses schlüpfen konnte. Mit der gleichen Logik hätte man Hans-Magnus Enzensberger sowie die Nobelpreisträger Grass und Böll wegen ihrer radikalen Kritik an Werten und Weltbild der Adenauer-Ära zu gefährlichen „Hassern“ erklären können. (Böll ergriff in Katharina Blum sogar Partei für Terroristen.)

    Da nimmt es nicht wunder, dass Müller und ihre Co-Autoren ihre Spiegel-Titelgeschichte zum Thema Frauenhass kulminieren lassen in einer Warnung vor einem „Rechtsruck“, der auch einen „Rückschritt in der Gleichberechtigung“ bedeuten würde, mustergültig erkennbar in „reaktionären und erzkonservativen“ Positionen in der „Abtreibungsdebatte“. Wenn die Klage über Frauenhass zum Argument für die Lebensvernichtung in Abtreibungskliniken wird, das nennt man dann wohl das Kind mit dem Bade ausschütten.

    „Rückschritt in der Gleichberechtigung“

    Der Republikaner Kim Holmes, der während der Präsidentschaft von George W. Bush zum Stab von Außenminister Colin Powell gehörte, hat sich in seinem Buch The Closing of the Liberal Mind (2017) mit Gruppendenken und Intoleranz als wesentlichem Charakteristikum der Linken befasst. „Das Konzept der Hassrede“, schreibt er, „ist unfähig, eine Unterscheidung vorzunehmen zwischen legitimem politischen Inhalt, der durch die Verfassung geschützt ist, und expliziten Absichten, Gewalt auszuüben, wofür dieser Schutz nicht gilt“.

    Weiter: „Bestimmte Ideen und Meinungen sind nun definiert durch ihren politischen Inhalt, der als einer Gewalthandlung oder einer physischen Schädigung gleichwertig betrachtet wird.“ Dabei steht, was liberalen Grundsätzen widerspricht, den Opfern ein unverhältnismäßiges Urteilsrecht darüber zu, ob ein Delikt vorliegt. Aber: „Jemanden zu hassen und seine Argumente oder Standpunkte zu kritisieren sind zwei verschiedene Paar Schuhe.“


    Holmes betrachtet den Aufstieg der Hass-Terminologie als Begleitmusik des großen Sprungs nach vorn, den die Multikulti-Bewegung unter der Präsidentschaft Bill Clintons schaffte, und nennt als wichtige Wegmarkierungen das Erscheinen des vom US-Kongress angeordneten Behördenreports „The Role of Telecommunications in Hate Crime“ (1993) und den Bombenanschlag von Oklahoma City 1995, den Clinton als Ausdruck von „lauten und bösen Stimmen des Hasses“ bezeichnete.

    Die Wurzeln reichten jedoch bis in die 1970er Jahre zurück. Als Brutstätten sieht Holmes, der heute zum Vorstand der konservativen Heritage Foundation gehört, die Universitäten („college campuses“). Und natürlich gehört auch, als eine der üblichen Verdächtigen, die Radikalfeministin Judith Butler mit ihrem Buch Hass spricht (Suhrkamp, 2006) zu den Wegbereitern des Hasses als politischer Kampfkategorie.

    Typisch ist dabei das Denken in Kollektiven. Nicht mehr einzelne Personen, sondern ganze Klassen von Menschen stehen im Blickpunkt. Im Deutschen taucht daher im Zusammenhang mit den inkriminierten Verhaltensweisen auch oft der Begriff „gruppenspezifisch“ auf, etwa in „gruppenspezifische Menschenfeindlichkeit“, einer Konstruktion, die erkennbar bei der am 3. März bekannt gewordenen Entscheidung des Verfassungsschutzes, die AfD auf Bundesebene zum Rechtsextremismus-Verdachtsfall zu erklären, zur Anwendung kam.

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    Mit dem fingierten Delikt lässt sich die grundgesetzlich verankerte Menschenwürde gegen unliebsame Positionen in Stellung bringen. Der SPD-kompatible Thomas Haldenwang hat sich offenbar linke Denkfiguren zu eigen gemacht. Für die Vorstellung, dass Gefühle wie Gedanken frei sein könnten, ist darin kein Platz. Wie in allen vom Marxismus beeinflussten Theorien gilt das Individuum nichts und ist das gesellschaftliche Kollektiv, in dem alle Individuen gleich sind und sich am besten auch gleich verhalten, alles.

    Angeblich kein Hass

    Fast wie ein Unfall mutet es an, dass die Frauenhass-Rechercheure vom Spiegel bei ihren Netz-Ermittlungen auch auf das MGTOW-Mitglied Mustafa Korkmaz stießen, einen offenbar radikalen Mohammedaner, der gern Videos mit Imam-Predigten teilt. Dass die Geringschätzung von Frauen unter Moslems ein wiederkehrendes Muster ist, fällt in „Erst Hass, dann Mord“ unter den Tisch. Aber auch deswegen „werden häufig Frauen und Mädchen angegriffen, die ein Kopftuch tragen“, nicht nur, wie das Nachrichtenmagazin uns weismachen will, infolge von „rechts geprägter“ Frauenverachtung.

    Antifa-Gewalttäter: Ihre Taten werden nicht als „Hassverbrechen“ gewertet.

    Da fehlte wohl das letzte Quäntchen Mut zur Wahrheit. Dabei ist das Internet voll von Berichten wie dem über einen 36-jährigen Syrer (dem Autor dieser Zeilen persönlich bekannt), der im Oktober 2016 in einem Integrationskurs saß, reichlich verstört wirkte und kurz darauf nicht mehr zum Unterricht erschien. Wie seine Dozenten erst später erfuhren, saß er in Haft, weil er in Bremerhaven seine Frau erstochen hatte. Sie hatte sich von ihm getrennt. Kein „Hassverbrechen“ natürlich, sondern einfach das Resultat einer moralischen und seelischen Ausnahmesituation.

    Auch die reihenweise in Brand geratenen Kraftfahrzeuge von AfD-Abgeordneten und beschmierten AfD-Geschäftsstellen passen nicht ins Raster typischer Hasskriminalität. Das war kein Hass; da sollten nur mal ein paar Rechte ordentlich auf den Pott gesetzt werden.

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