Die Geschichte des Rattenfängers von Hameln ist eine der berühmtesten deutschen Erzählungen. Doch Kinder hat der gute Mann nie geraubt. Es folgt ein Auszug aus dem brandneuen COMPACT-Geschichtsheft „Verschwörung und Skandale: Mätressen, Morde, Machteliten“. Hier mehr erfahren.

    Der Begriff „Rattenfänger“ wird von der heutzutage immer mehr verwildernden Medienlandschaft vollkommen gedankenlos verwendet. Zumindest, wenn es um die legitime Werbung sogenannter rechter Parteien um Wählerstimmen geht. Dass damit tatsächliche oder vermeintliche Sympathisanten, also Menschen, in übelster Hetz-Manier mit Ungeziefer gleichgesetzt werden, nimmt man billigend in Kauf.

    Ein wunderlicher Mensch in Hameln

    Die penetrant vom Staat eingeforderte Toleranz entlarvt auch hier ihre höchst verengten Grenzen. Dabei gehörte der Rattenfänger einst zu den äußerst hilfreichen Handwerkern. Ein Weserstädtchen machte mit ihm im Mittelalter eine ganz spezielle Erfahrung.

    In der Sage heißt es:

    „Also ließ sich im Jahre 1284 zu Hameln ein wunderlicher Mann sehen. Er trug ein Obergewand aus vielfarbigem, buntem Tuch und gab sich für einen Rattenfänger aus, indem er versprach, gegen ein gewisses Geld die Stadt von allen Mäusen und Ratten zu befreien.“

    So beginnt die Sage vom Rattenfänger zu Hameln und sie endet mit 130 spurlos verschwundenen Kindern. Wirklich nur eine Sage – oder steckt mehr dahinter?

    Am Rande der Gesellschaft

    Nagetiere waren vor 700 Jahren zwar noch nicht als Überträger der Pest bekannt, galten aber wegen ihres immensen Körnerfraßes als gefährliche Schädlinge. Namentlich Ratten hielten viele für dämonische Kreaturen, die kirchlichen Verfluchungen anheimfielen. Deshalb sah man Rattenfänger als nützliche Zeitgenossen an, die aber – ähnlich wie Latrinenreiniger oder Henker – am Rande der Gesellschaft standen. Manche Fänger besaßen den Ruf, Zauberer oder Schwarze Magier zu sein.

    Die vom Rattenfänger verführten Kinder sollen am Ende in Siebenbürgen gelandet sein. Hier ein Blick auf die siebenbürgische Metropole Hermannstadt. Foto: Calin Stan / Shutterstock.com

    Die Stadtbürger bedienten sich ihrer, wollten jedoch ansonsten nichts mit ihnen zu tun haben. Sie zogen deshalb meist als Wandergesellen ohne bürgerliche Rechte von Ort zu Ort. Das gekonnte Aufstellen von Fallen beziehungsweise das Auslegen von Gift zählten zu den probaten Bekämpfungsmitteln der Tierjäger. In Hameln, das weiland noch Hamelowe hieß, wollte man das pelzige Ungeziefer, das aus allen Ecken, Winkeln und Gassen hervorkroch, diese widerwärtigen Nager, dieselbst am hellen Tag auf Tischen und Bänken herumsprangen, unbedingt loswerden.

    Die Methode des Rattenfängers schien allerdings sehr ungewöhnlich:

    „Er zog seine Flöte oder Schalmei heraus und spielte eine seltsame Melodie. Da kamen alsbald die Ratten und Mäuse aus allen Häusern hervorgekrochen und sammelten sich um ihn herum. Als er nun meinte, es wäre keine zurückgeblieben, ging er aus der Stadt hinaus in die Weser. Der ganze Haufen folgte ihm nach, stürzte ins Wasser und ertrank.“

    Nach getaner Arbeit verlangte der Rattenfänger seinen vereinbarten Lohn. Doch die Bürger verweigerten das, warum auch immer, „so dass er zornig und erbittert wegging“.

    Eine ungewöhnliche Datumsangabe

    Einige Zeit später kehrte er zurück, erstaunlicherweise nennen Überlieferungen ein präzises Datum, was für eine Sage sehr ungewöhnlich ist. „Am Tag von Johanni und Pauli“ 1284. Er kam wieder mit bunten Kleidern „und trug einen wunderlichen roten Hut“.

    Während die Eltern und Großeltern beim Gottesdienst weilten, ließ der Mann wiederum seine Pfeife ertönen:

    „Alsbald kamen nicht nur Ratten und Mäuse, sondern Kinder, Knaben und Mägdlein vom vierten Jahr an, in großer Zahl gelaufen, worunter auch die erwachsene Tochter des Bürgermeisters war. Der ganze Schwarm folgte ihm nach.“

    Geiz und Wortbruch

    Dann soll der Rattenfänger die insgesamt 130 Jugendlichen – wieder fällt die präzise Ortsbeschreibung auf – durch die Bungelosenstraße über die Weserbrücke heraus zum Ostertor geführt haben. In einem Hügel bei Coppenbrügge verschwanden der Pfeifer und die Kleinen dann auf Nimmerwiedersehen. Nur zwei Kinder hatten sich verspätet, und so war der Berg bei ihrer Ankunft schon wieder geschlossen. Dazu heißt es:

    „Von ihnen war aber das eine blind, so dass es den Ort nicht zeigen konnte, das andere stumm, so dass es nicht erzählen konnte.“

    In einem alten Volkslied wird gesungen:

    „Die Kinder spielten in den Gassen, Der Wundermann durchzog die Straßen, Er kam und pfiff zusamm’ geschwind Wohl auf ein hundert schöne Kind. Der Hirt sie sah zur Weser gehen, Und keiner hat sie je gesehen, Verloren sind sie an dem Tag Zu ihrer Eltern Weh und Klag’.“

    Ist das Ganze nur eine Parabel auf Geiz und Wortbruch, die stets Bestrafung nach sich ziehen oder die Geschichte eines Mannes, der sich vom hilfreichen Retter zum dämonischen Rächer wandelt? Ein teuflischer Musikant, der unschuldige Kinder ins Verderben lockt? Einen interessanten Hinweis gibt die Überlieferung, wonach die Entführten am anderen Ende des Hügels in Siebenbürgen (heute zu Rumänien gehörend) wieder zum Vorschein kamen.

    (…)

    Den ganzen Text können Sie dem brandneuen COMPACT-Geschichtsheft „Verschwörung und Skandale: Mätressen, Morde, Machteliten“ lesen. Spannend wie ein Krimi und oftmals reichlich pikant: Unsere neue Sonderausgabe COMPACT-Geschichte „Verschwörung und Skandale – Mätressen, Morde, Machteliten“ wirft einen intimen Blick durch das Schlüsselloch in die Hinterzimmer der Macht – und die Schlafzimmer der Monarchen. Ein solches Kompendium an Skandalen, Intrigen, Kabalen und Liebesaffären aus 1.000 Jahren deutscher Geschichte gab es noch nie. Hier mehr erfahren.

    COMPACT-Geschichte 19 „Verschwörung und Skandale“ ist demnächst am Kiosk erhältlich. Sie können diese Ausgabe aber auch schon jetzt bequem online bestellen. Oder beginnen Sie mit dieser Ausgabe gleich Ihr Geschichts-Abo (inklusive Prämie).

    Das vollständige Inhaltsverzeichnis von COMPACT-Geschichte „Verschwörung und Skandale – Mätressen, Morde, Machteliten“ :

    Die Verschwörung der Fürsten: 1062: Königsraub zu Kaiserswerth
    Ein fröhlicher Locator: 1284: Der Rattenfänger von Hameln
    Habsburger Kabale: 1308: Königsmord im Aargau
    Der falsche Waldemar: 1348: Ein Hochstapler als Markgraf
    König aller Skandale: 1400: Die Absetzung Wenzels
    Tod in der Donau: 1435: Justizmord an Agnes Bernauer
    Aufstieg und Fall eines Genies: 1454: Kreditaffäre um Johannes Gutenberg
    Kidnapping im Hause Wettin: 1455: Altenburger Prinzenraub
    Wutbürger, Kommunismus und Sex: 1534: Die Herrschaft der Wiedertäufer
    Der liebestolle Landgraf: 1540: Bigamie-Skandal um Philipp von Hessen
    Ein Stoß in die Brust: 1634: Wallensteins Tod
    Der Starke und die Schöne: 1704: Skandal um Gräfin Cosel
    Vom Günstling zum Sündenbock: 1738: Joseph Süß Oppenheimer wird hingerichtet
    Pakt mit dem Korsen: 1806: Gründung des Rheinbundes
    Striptease für den König: 1846: Lola Montez und Ludwig I.
    Das Geheimnis des Märchenkönigs: 1886: Entmündigung und Tod Ludwigs II.
    Prinzessin im Liebesrausch: 1902: Ehedrama um Luise von Sachsen
    Ein Fürst in Schwulitäten: 1907: Der Eulenburg-Prozess
    Der mysteriöse Tod des Großherzogs: 1918: Affäre um Fürst Adolf Friedrich VI.
    Chicago an der Spree: 1929: Der Sklarek-Skandal
    Suffkopp und Überläufer: 1954: Otto John setzt sich in die DDR ab
    Das Mädchen Rosemarie: 1957: Der Nitribitt-Skandal

    COMPACT-Geschichte 19 „Verschwörung und Skandale“ können Sie hier bestellen.

    10 Kommentare

    1. Deutschland zuerst am

      Warum erinnert mich der Anblick des Flötenspielers an so Manche Ampelmänner und Frauen????

    2. Eine verniedlichende Version gibt es seit einiger Zeit auf Sky. Leider kenne ich nur die englische Originalversion: "The Amazing Maurice". Maurice ist der Kater des Rattenfängers und erzählt die Geschichte aus seiner Perspektive. Hier geht es nur um Ratten (die aber mit mit dem Rattenfänger und Maurice zusammenarbeiten) und verschwundenes Essen. Ratten und Kater können reden, weil die Ratten mal Abfälle von einem Alchemisten gefuttert haben und der Kater aus Unwissen eine der Ratten. Die wahre Plage ist allerdings ein Rattenkönig, der sich zweier Bewohner als Schergen bedient. Mehr sei hier nicht verraten. Kinder kommen jedenfalls in dieser Version nicht vor, zumindest nicht als Entführungsopfer.

    3. Karin Sinnbacher am

      Heutzutage werden Landesverteidiger, die Bürgerinnen vor fremden Vergewaltigern schützen, politisch, massenmedial und juristisch verfolgt. Damals wie heute: Undank ist der Welt Lohn. Einen Rechtsstaat gab es damals nicht und gibt es heute in wichtigen Angelegenheiten wie etwa Frauenschutz auch nicht mehr. Naturrecht hat dennoch das Recht, sich durchzusetzen, gerade dort, wo der Staat versagt oder sogar von Wüstlingen mit Vorsatz und perfidem Plan bürgerfeindlich aufgestellt wird.

    4. Hihi. Solche Flöten wären für die russischen Einflussagenten in unserem Land sehr nützlich. Die könnten alle Russkidioten nach Sibirien locken , wo sie hin gehören.

      • DER GIFTPILZ am

        Und die sog. Juristen aus der BRiD, die sind Unrat oder Schmarotzerje nach Sicht

    5. Hm, also was soll uns das sagen?
      Ein Mann, der nicht sehr gemocht wird, leistet der Gesellschaft einen wichtigen Dienst. Die vereinbarte Bezahlung wird ihm verweigert, und er nimmt den säumigen Zahlern etwas anderes, Wertvolles.

      Na, da bin ich aber mal gespannt!

    6. Spannende artikel. Und der französischesprachiger raum wird die geschichte von "La flûte de Hamelin" immer assoziiert mit eine geschichte von pedofilie. Immer! Und ich denke dass das auch stimmt. Es gibt sogar das gerucht das die brüder Grimm pedos waren.

    7. Peter vom Berge am

      Ein solcher Mann wäre heute sehr nützlich, um die Stadt von den Grünen zu befreien.

    8. jeder hasst die Antifa am

      Das Märchen vom Rattenfänger der Kinder einfing ist heute Wirklichkeit,die Modernen Ratternfänger kommen mit Genderwahn Frühsexualisierung und anderen Perversitäten um die kleinsten einzufangen,alle Eltern Mutter und Vater sollten sehr Wachsam sein.

    9. Hm…in der Tat merkwürdig.

      Die Tochter des Bürgermeisters im Erwachsenenalter…könnte eine Authorität und Vertrauensperson in den Kinderaugen gewesen sein.
      Vielleicht hät’s der Rattenfänger ohne ihr Mitwirken garnicht geschafft?!
      Und warum ist sie nicht wie die andren Erwachsenen in der Kirche??

      "Auf der andren Seite des Weserberglandes kommt aber noch nicht gleich Rumänien….hinterm Harz auch nicht…"

      Bei Coppenbrügge liegt auf der andren (Osten) Seite des Osterwaldes z.B. das Kloster Wülfinghausen. 1236 gegründet; also rund 50 Jahr vor dieser Geschichte.
      Der Auftakt zur Besiedelung Siebenbürgens durch deutsche Siedler fällt in die Mitte des 12.Jhds. -also nochmal rund hundert Jahre eher.
      Ob das Kloster in irgendeiner Verbindung zur Besiedl. Siebenbürgens steht – keine Ahnung.

      Würde natürlich Sinn machen, Kinder zu nehmen. Die "Vorhut" war ja schon da und dies zwangsläufig mit entsprechenden Handwerkern ausgestattet. Sprachlich und kulturell dürfte es Kindern ungleich leichter fallen, sich dort einzuleben.

      Die präzisen Angaben zu Zeit und Ort des Geschehens könnten auch auf eine öffentliche/offizielle Bekanntheit des Vorgangs (im Vorfelde) hindeuten.

      Ferner waren Anfang des 13.Jhds. die Deutschritter in die Besiedl. Siebenbürgens involviert.