Die Bundestagswahl 2021 endet mit einer regelrechten Kernschmelze der CDU-Wählerschaft, während Sachsen und Thüringen zu fast durchgängig blauen Ländern werden. Lesen Sie in der Oktober-Ausgabe von COMPACT mit dem Titelthema Die Horror-Wahl mehr über den tiefrot-grünen politischen Flächenbrand in Deutschland. Hier zu bestellen.

    Das vorläufige amtliche Endergebnis der Bundestagswahl steht fest: Demnach wird die SPD mit 25,7 Prozent (206 Sitze) stärkste Kraft, gefolgt von der CDU/CSU mit 24,1 Prozent (196 Sitze), den Grünen mit 14,8 Prozent (118 Sitze), der FDP mit 11,5 Prozent (92 Sitze), der AfD mit 10,3 Prozent (83 Sitze) und der Linken mit 4,9 Prozent (39 Sitze). Unter den sonstigen Parteien schnitten die Freien Wähler mit 2,4 Prozent, die Tierschutzpartei mit 1,5 Prozent und die Basis mit 1,4 Prozent am besten ab.

    Debakel für die Union

    Insbesondere das Ergebnis der CDU ist ein Debakel sondergleichen. Die Partei rutschte zum ersten Mal seit 1949 unter die Zahl von zehn Millionen Wählern, und das mit einer Deutlichkeit, die keine Ausreden mehr zulässt: Nur noch etwa knapp 8,8 Millionen Bürger machten ihr Kreuz bei der CDU, der mittlerweile selbst die älteren Wähler, die bislang als sichere Bank galten, weglaufen. Dennoch erhob CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet, der keinerlei Bindungskräfte selbst in der eigenen Stammwählerschaft zu entfalten vermochte, noch am Wahlabend Anspruch auf das Kanzleramt.

    In den nächsten Tagen wird Laschet allerdings erst einmal um das eigene politische Überleben kämpfen müssen. Viele Bundestagsabgeordnete haben unter ihm ihr Mandat verloren, es soll erste Überlegungen in der CDU geben, statt Laschet den schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther als Verhandlungsführer nach Berlin zu holen.

    Wird der CDU-Linksausleger Daniel Günther in den nächsten Wochen zum neuen starken Mann der Union? Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0

    FDP stärkste Kraft bei Erstwählern

    Olaf Scholz wurde als Spitzenkandidat der SPD zwar Wahlsieger, noch ist allerdings nicht ausgemacht, ob er sich die Kanzlerschaft sichern kann. Das liegt zum einen daran, dass es entgegen aller Umfragen vor der Wahl nicht für eine rot-grün-rote Mehrheit aus SPD, Grünen und Linken gereicht hat. Das liegt zum anderen daran, dass die beiden designierten Königsmacher Robert Habeck (Grüne) und Christian Lindner (FDP) Sympathien für eine Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen haben.

    Das Ergebnis von 14,8 Prozent für die Grünen ist gemessen an den Erwartungen vor der Wahl eine herbe Niederlage für die selbsternannte Ökopartei, die vor drei Monaten in den Umfragen noch führte und dort teilweise bis zu 26 Prozent erreichte. Angesichts des tatsächlichen Wahlergebnisses der Grünen erscheint es jedenfalls wie ein Hohn, dass Annalena Baerbock an den Debatten der Kanzlerkandidaten im Fernsehen teilnehmen durfte.

    Die FDP liegt mit 11,5 Prozent im Rahmen ihres erwarteten Ergebnisses. Aufhorchen lässt die Nachricht, dass die FDP bei den Erstwählern mit 23 Prozent laut einer Nachwahlumfrage von Infratest Dimap zur stärksten Partei geworden ist.

    AfD-Beben in Sachsen und Thüringen

    Die AfD musste mit 10,3 Prozent zwar Verluste im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 hinnehmen, dieser Wermutstropfen wird aber durch die teilweise unglaublich guten Ergebnisse in den neuen Bundesländern und hier insbesondere in Sachsen und Thüringen kompensiert. In Sachsen holte die AfD 24,6 Prozent der Zweitstimmen und liegt damit klar vor der SPD mit 19,3 Prozent und der CDU mit 17,2 Prozent. Außerdem gewann die AfD 10 von 16 Wahlkreisen direkt. Im Wahlkreis Chemnitzer Umland – Erzgebirgskreis II holte AfD-Kandidat Mike Moncsek 28,9 Prozent der Erststimmen und düpierte damit den CDU-Ostbeauftragten Marco Wanderwitz, der nur 23,7 Prozent der Stimmen erhielt. Wanderwitz hatte sich in den letzten Wochen damit hervorgetan, die Ostdeutschen immer und immer wieder aufs Neue als „diktatursozialisierte“ Demokratiefeinde zu beschimpfen.

    Vielleicht noch spektakulärer ist das Ergebnis in Thüringen. Hier holte die AfD 24 Prozent der Zweitstimmen und wurde zur stärksten Partei im Land, außerdem ist Thüringen das einzige Bundesland, in dem die AfD zulegen konnte. Noch deutlicher wird der AfD-Sieg beim Blick auf die Direktmandate – die Blauen konnten in Thüringen fünf von acht Wahlkreisen gewinnen. Auch in Sachsen-Anhalt gewann die AfD zwei Direktmandate (Kay-Uwe Ziegler im Wahlkreis Anhalt, Robert Farle im Wahlkreis Mansfeld), in Mecklenburg-Vorpommern gewann sie einen Wahlkreis (Enrico Schult in Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald I).

    Björn Höcke ist der große AfD-interne Sieger der gestrigen Wahlnacht. | Foto: Screenshot MDR

    Maaßen verpasst Mandat

    Mit diesen Ergebnissen dürfte der innerparteiliche Richtungsstreit zugunsten des Flügels um den Thüringer Landesvorsitzenden Björn Höcke und den Bundessprecher Tino Chrupalla klar entschieden sein, zumal in den von Anhängern des zweiten Bundessprechers Jörg Meuthen dominierten Landesverbänden teilweise deutliche Verluste eingefahren wurden.

    Aufschlussreich ist auch der Blick in den Thüringer Wahlkreis Suhl – Schmalkalden-Meiningen – Hildburghausen – Sonneberg. Hier konnte der in rechtsbürgerlichen Kreisen hoch gehandelte Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen im Rennen um ein Direktmandat bloß den zweiten Platz hinter dem SPD-Kandidaten Frank Ullrich und ganz knapp vor dem AfD-Mann Jürgen Treutler belegen. Das Ergebnis zeigt ganz deutlich, dass jeder konservative Aufbruch innerhalb der Union zum Scheitern verurteilt ist, der meint, sich von der AfD abgrenzen zu müssen.

    Freie Wähler werden zur Bayernpartei

    Die Linke fällt mit 4,9 Prozent unter die Fünf-Prozent-Hürde, wird aber dennoch im neuen Bundestag vertreten sein, da sie in Berlin zwei und in Leipzig einen Wahlkreis direkt gewann. Somit erhält sie mit mindestens drei gewonnenen Wahlkreis bundesweit Listensitze gemäß ihres Zweitstimmenanteils.

    Mit Blick auf das Ergebnis der Bundestagswahl ist noch erwähnenswert, dass die Freien Wähler in Bayern 7,5 Prozent der Zweitstimmen gewinnen konnten und sich hier auch bei Bundestagswahlen zu einer immer stärkeren Konkurrenz für die CSU auswachsen. Insgesamt verpassten die Freien Wähler aber den Sprung in den Bundestag.

    Deutschland gefangen in ewiger politischer Stagnation, nach der Bundestagswahl ist noch nicht einmal ausgeschlossen, dass der Wahlverlierer Laschet neuer Kanzler wird. Lesen Sie in der Oktober-Ausgabe von COMPACT mit dem Titelthema Die Horror-Wahl mehr über die Krise der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Die Ausgabe können Sie hier bestellen.

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