Es ist schrecklich: Das Netzwerk eines Deutsch-Iraners aus Hamburg hat via Internet Jugendliche dazu gebracht, sich selbst zu verletzten oder auch in den Selbstmord getrieben. Gestern wurde ein weiterer Verdächtiger festgenommen. COMPACT hat den Fall umfangreich beleuchtet, und zwar in unserer Ausgabe „Frauen in Angst“. Hier mehr erfahren.

    Die Generalstaatsanwaltschaft teilte am gestrigen Dienstag mit: „Dem Cybercrime-Zentrum Baden-Württemberg und Ermittlern des Polizeipräsidiums Ludwigsburg ist es gelungen, einen 16-jährigen deutschen Staatsangehörigen aus Württemberg zu ermitteln, der im Verdacht steht, einer Splittergruppe des Online-Netzwerkes 764 anzugehören.“

    Ihm wird jetzt die „mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie gefährliche Körperverletzung“ vorgeworfen. Der zuständige Oberstaatsanwalt: „Es besteht der Verdacht, dass diese Gruppierung das Ziel verfolgt, möglichst viele Opfer durch gezielte Manipulation psychisch zu kontrollieren und diese dazu zu bringen, sich selbst zu verletzen.“ Und weiter: „Dem in Untersuchungshaft sitzenden Jugendlichen wird vorgeworfen, in mindestens elf Fällen den Kontakt zu potentiellen Opfern gesucht zu haben (…) wobei es in fünf Fällen zu selbstverletzenden Handlungen der Opfer gekommen sei.“

    Mehr als 120 Straftaten…

    Wir haben es hier mit einem Sumpf aus Sadismus, Terror, und Pädophilie zu tun – mit Verbindungen zu der gefährlichsten satanistischen Organisation unserer Zeit. Am 17. Juni dieses Jahres früh morgens stürmt ein Sondereinsatzkommando der Polizei die Villa eines deutsch-iranischen Unternehmerpaars in Hamburg. Die Razzia richtet sich aber nicht gegen die Eheleute, sondern gegen ihren Sohn.

    Was die Ermittler über den 20-jährigen Shahriar J. zutage gefördert haben, lässt einem das Blut in den Adern gefrieren: Mehr als 120 Straftaten, begangen zwischen 2021 und 2025, werden ihm zur Last gelegt, darunter 39-mal gefährliche Körperverletzung, 20 Fälle des sexuellen Missbrauchs, 42 Straftaten im Zusammenhang mit Kinderpornografie – es geht um über 13.000 Dateien – und sogar ein Mord. „Das Maß an Verrohung ist schwer auszuhalten“, erklärt Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel nach der Festnahme des mutmaßlichen Täters.

    Doch Shahriar J. ist kein brutaler Schläger, hat selbst nie Hand angelegt. Der schmächtige junge Mann studiert an einer privaten Universität Medizin, ist auch künstlerisch begabt. Es galt immer als schüchtern. Sein Vater Gholamreza J., der eine Firma für Medizintechnikhandel leitet, beschreibt seinen Sohn als intelligent. Die Corona-Zeit habe einen Wendepunkt in seinem Leben markiert. „Er hat sich zurückgezogen, war nur noch in seinem Zimmer und im Internet“, so der Vater. Genau dort findet sich auch der Schauplatz seiner Verbrechen.

    In den dunklen Ecken des Netzes…

    Hinter der harmlosen Fassade lauert ein Ungeheuer. Shahriar J. legt sich das Pseudonym „White Tiger“ zu und stößt in den dunklen Ecken des Netzes auf eine global agierende Gruppe, die sich 764 nennt. Die Ziffern verweisen auf den Wohnort des Initiators in Stephenville, Texas. Bradley Chance Cadenhead, so sein Name, hatte die Community 2021 als Teenager gegründet. Er wuchs in einer typischen US-amerikanischen Mittelklassefamilie auf, doch mit zehn Jahren, nach der Trennung seiner Eltern, entwickelte er eine Faszination für Gewalt und Okkultismus.

    Auf Discord war er unter dem Pseudonym „Felix“ unterwegs, lernte dort in einem Forum namens CVLT, wie man Kinderpornografie produziert, bevor er die Schule abbrach. Zwei Jahre später wurde er, gerade einmal 17 Jahre alt, wegen Produktion und Besitzes entsprechender Inhalte zu einer Haftstrafe von 80 Jahren verurteilt.

    Das Logo der Gruppe 764 mit Pentagramm und Leviathan-Kreuz, auch Satanskreuz genannt. Foto: CC0

    Cadenheads internationales Netzwerk hatte da schon längst eine Eigendynamik entwickelt. Wie andere Mitglieder der Gruppe 764 suchte auch Shahriar J. in einschlägigen Internet-Foren gezielt nach psychisch labilen Kindern und Jugendlichen, manipulierte sie und animierte sie zu Selbstverletzungen oder sexuellen Handlungen.

    Der schwerste Vorwurf…

    Die Ermittlungen gegen den Deutsch-Iraner begannen im September 2023 nach einem Hinweis des FBI. Bereits ein Jahr zuvor hatte die Polizei eine Hausdurchsuchung bei ihm durchgeführt, ohne dass seine Familie davon erfuhr. Man richtete eine eigene Sonderkommission ein: die Soko Manticore, benannt nach einem menschenfressenden Wesen aus der persischen Mythologie, oft dargestellt als Löwe mit menschlichem Kopf, Skorpionsschwanz und Flügeln.

    Den schwersten Vorwurf, den die Hamburger Staatsanwaltschaft nun gegen Shahriar J. erhebt, betrifft den Tod eines 13-jährigen Jungen in den USA im Sommer 2023. Laut FBI-Berichten, die den deutschen Behörden im Dezember 2024 übermittelt wurden, zwang „White Tiger“ sein Opfer, sich vor einer laufenden Webcam zu erhängen. „Der Täter hat das Video aufgezeichnet und als Trophäe in der Gruppe geteilt“, so die New York Times.

    Satanische Dimension

    Der amerikanische Teenager, der unter Depressionen litt, war in einem sogenannten Suizid-Forum auf Telegram aktiv, wo er in Kontakt zur Gruppe 764 kam. Laut den Ermittlern bombardierte Shahriar J. sein Opfer über Monate hinweg mit Drohungen und erpresste ihn mit kompromittierenden Bildern, die der Junge zuvor geschickt hatte, bevor er ihn in den Selbstmord trieb.

    Doch es gibt in dem Fall noch eine andere Dimension – eine zutiefst satanische. Bei der Razzia in Hamburg fand die Polizei neben den 13.000 Kinderporno-Dateien auch eine Vielzahl von okkulten Schriften. Das FBI sieht klare Verbindungen der Gruppe 764 zum Order of Nine Angles (O9A), einer hochkonspirativen und extrem gefährlichen satanistischen Organisation, die in den 1960er Jahren von dem Briten David Myatt gegründet wurde.

    Was es damit auf sich hat, schockiert besonders. Sie lesen die Einzelheiten im COMPACT-Heft „Frauen in Angst“. Es lohnt sich. Hier bestellen.

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